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Der Mann der nicht zu hängen war

Der Mann der nicht zu hängen war

Titel: Der Mann der nicht zu hängen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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neuesten Wetterbericht in der Hand: »Sehen Sie, Sir, das Wetter wird schlecht. Ein Unwetter, hier, südlich von Formosa. Nichts Ernstes. Aber auch wenn wir versuchen, der Schlechtwetterzone auszuweichen, wir werden trotzdem etwas durchgeschüttelt. Also schnallen Sie sich besser wieder an.«
    Als alter, erfahrener Pilot wirft Primrose ein Auge auf die über Funk empfangenen Angaben. Das sieht wirklich nicht berühmt aus!
    »Wir fliegen dem Tornado ja genau entgegen! Können Sie denn nicht die Route ändern? Nach Westen, über das Chinesische Meer?«
    »Nur im äußersten Fall, Sir. Dazu brauchen wir eine Sondergenehmigung der militärischen Bodenstation. Und wir sind noch nicht in ihrem Empfangsbereich. Außerdem würden wir durch den Umweg kostbare Zeit verlieren, und nichts weist darauf hin, daß man dadurch dem Tornado sicher ausweichen würde. Er bewegt sich ja in südwestlicher Richtung. Und nach Osten können wir nicht fliegen. Das wissen Sie selbst am besten! So ein weiter Umweg mit einer Dakota — völlig unmöglich.«
    »Ja, ist schon klar. Und können wir nicht über dem Tornado fliegen?«
    »Sir, wir befinden uns bereits in einer Höhe von 5500 Fuß. Und wir haben keinen Sauerstoff an Bord.«
    »O. K. Also, was nun?«
    »Ich sagte es Ihnen schon, Sir. Wir werden eben versuchen, am Rande des Unwetters zu fliegen. Und wir werden uns ein wenig festhalten müssen. Aber keine Sorge, ich kenne die Strecke Manila-Shanghai sehr gut. So etwas habe ich schon oft erlebt. Bitte, sagen Sie den anderen Passagieren Bescheid.«
    Der Pilot verschwindet wieder in seiner Kanzel, und die Dakota fliegt kurz darauf eine leichte Kurve Richtung Nord-West. Eine Stunde lang liegt die Maschine relativ ruhig. Doch dann müssen der Pilot und die Passagiere der Tatsache ins Auge sehen: Will man in Shanghai landen, so gibt es jetzt keine andere Wahl mehr, als eben mitten durch das Unwetter zu fliegen, das sich rasch verlagert und verbreitet hat.
    Der Pilot gibt knappe Anweisungen: »Rückenlehne gerade stellen! Fest anschnallen! Nicht rauchen!«
    Und schon taucht das Flugzeug in die Wolken. Es ist die Hölle. Vier Stunden lang irrt die Dakota durch den Tornado. Doch der Pilot schafft es immer wieder, die Maschine auf dem richtigen Kurs zu halten. Von einem Luftloch sackt das Flugzeug ins andere und verliert dabei immer mehr an Höhe. Clark und die junge Ärztin sind so »luftkrank«, daß sie kaum noch etwas von diesem abenteuerlichen Flug mitbekommen. Nur der Colonel hält stand. Vorher noch, vor einer Stunde, da hatte er Angst. Jetzt nicht mehr, denn er weiß, was geschehen wird. Und resigniert schaut er aus dem Fenster. Die Sonne ist gerade aufgegangen. Die Dakota fliegt jetzt über steiniges Land — die Südküste von China. Primrose wartet nur noch darauf, daß die schwarzen Felsen auftauchen und der Schnee — wie Leggins es in seinem präkognitiven Traum gesehen hatte.
    Im Kampf mit dem Sturm hat das Flugzeug so sehr an Höhe verloren, daß es jetzt dicht über dem Boden fliegt. Und alle verzweifelten Versuche, mit der schwerfälligen Dakota wieder Höhe zu gewinnen, schlagen fehl. Im Gegenteil, sie wird vom Sturm immer noch mehr nach unten gedrückt. Und plötzlich, bei Tagesanbruch — also wie vorausgesehen —beginnt es auch noch zu hageln. Die Küste ist jetzt deutlich zu erkennen, die Felsen, die tobende See.
    Der Pilot —jetzt nicht mehr so ruhig wie vorhin — schreit: »Wir haben keinen Treibstoff mehr, wir müssen notlanden! In zwei Minuten! Alle nach hinten!«
    Aber wozu denn, denkt der Colonel, es gibt ja sowieso keine Überlebenden. Trotzdem gehorcht er den Anweisungen des Piloten, öffnet seinen Gurt, steht auf und geht schwankend nach hinten.
    »Was..., was machst du denn da?«
    Im Heck der Maschine, dort, wo normalerweise die Fracht untergebracht ist, sitzt ein junger Inder zusammengekauert hinter einer Plane. Er zittert am ganzen Körper, unfähig, irgend etwas zu sagen. Die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen, sieht er aus wie ein Gespenst. Ein blinder Passagier! Ein Wunder! Vielleicht die Rettung!
    Sir James zieht den jungen Inder an sich. Umarmt ihn, um ihn zu beruhigen. Er hilft ihm, sich in Decken einzuwickeln, um den Stoß beim Aufprall vielleicht ein wenig zu dämpfen. Colonel Primrose lebt wieder. Vielleicht nur noch für eine Minute. Aber er ist überzeugt: Es gibt jetzt eine winzige Chance. Denn es sind nicht nur drei Passagiere an Bord, sondern sie sind zu viert. Also enthielt Leggins

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