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Der Mann der nicht zu hängen war

Der Mann der nicht zu hängen war

Titel: Der Mann der nicht zu hängen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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Erdball rast und wie ein Tennisball in New York aufspringt. Jetzt hat Gordon Aufschlag in diesem Spiel gegen die Zeit. Jede Minute ist lebenswichtig. Gordon sucht die direkte Verbindung nach Paris über die transatlantischen Leitungen — die sogenannten »Overseas«. Er versucht, das zuständige Pariser Polizeirevier direkt zu erreichen, um Zeit zu sparen. Aber, wie es der Teufel will, es ist nichts zu machen. Keine freie Leitung, nicht einmal für die Polizei. Doch Gordon gibt sich nicht so schnell geschlagen. Jetzt versucht er es über die Auslandsauskunft — Blitzgespräche. Nur, bei wem wird er da wohl landen? Bei einer engstirnigen, schlechtgelaunten Telefonistin, die kurz vor Schichtwechsel keine Lust mehr hat? Nein. Gott sei Dank landet er bei einer wahren Spezialistin: Josephine Maclock, die dreißig Jahre treue Dienste bei der amerikanischen Post geleistet hat, und sie erfaßt die Situation blitzschnell. Sie ist eine große, resolute Person, die sofort mit ihren unzähligen Kabeln und bunten Steckern fieberhaft eine freie Leitung im total überlasteten New Yorker
    Telefonnetz sucht. Und sie findet sie. Augenblicklich ist der Kontakt über den Atlantik zu ihrer französischen Kollegin hergestellt:
    »Sprechen Sie!« sagt sie zu Gordon.
    Der Polizist Gordon beginnt zu erklären, worum es geht: Aber die wohl aus dem Halbschlaf aufgeschreckte französische Dame vom Amt versteht kein Wort. Sie kann vielleicht ein paar Brocken Englisch, aber mit diesem amerikanischen Kauderwelsch kommt sie überhaupt nicht zurecht.
    Da greift Josephine Maclock ein: »S.O.S.! New York! Polizei in Paris anrufen!«
    Und seltsamerweise — auf einmal begreift die französische Telefonistin, die bis jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auf der Leitung gestanden hatte. Zwischen Kolleginnen versteht man sich anscheinend besser. Jetzt hat die Telefonistin in Paris den Ball übernommen. Und die retourniert gleich in zwei Richtungen, was, in Anbetracht der französischen Telefonverhältnisse, einem Wunder gleichkommt. Innerhalb von drei Minuten findet sie im Netz eine Kollegin, die fließend englisch spricht und verbindet sie sofort mit ihrer amerikanischen Kollegin, Josephine Maclock, in New York. Gleichzeitig leitet sie das Gespräch direkt zur Pariser Polizeizentrale. Wirklich eine erstaunliche Leistung! Es ist 1 Uhr 40 in Paris, 19 Uhr 40 in New York, und Jeanne spricht immer noch mit Claude — keine Sätze mehr, nur noch einzelne Wörter, kaum zu hören. Und Claude spricht mit Jeanne, erzählt dazwischen Neal Henry, was los ist, Neal spricht mit Gordon, der wiederum mit Josephine Maclock in Verbindung bleibt. Josephine spricht mit der englischsprechenden Telefonistin in Paris, die alles der französischen Dame vom Amt übersetzt, die wiederum alles sofort an die Pariser Polizeizentrale weitergibt.
    Es ist genau 2 Uhr. als der Rettungswagen in Paris losbraust. Um 2 Uhr 07 kommt er an. Im 5. Stock brennt noch Licht. In New York hört Claude durch die Leitung, wie in einer Pariser Wohnung eine Tür aufgebrochen wird, wie eine Sirene in der Nacht aufheult. Und schließlich die klare, anonyme Stimme eines französischen Polizisten:
    »Sie lebt noch. Sie wird durchkommen. Sie können aufhängen.«
    Es waren sieben Menschen, die in jener Nacht an einer »Overseas«-Leitung hingen. Nun konnten sie getrost auflegen. Josephine Maclock sprach voller Freude das Schlußwort zu ihren Kolleginnen: »Die kleine Französin wird durchkommen! Das war ein toller Tag, Kinder!«
     

Oktoberfest
     
    D as Oktoberfest von Karlstein ist selbstverständlich nicht zu vergleichen mit dem weltberühmten Oktoberfest in München! Doch immerhin kommen Jahr für Jahr Anfang Oktober Tausende von Besuchern zu diesem traditionellen Volksfest. Am 3. Oktober 1978 haben die Organisatoren allen Grund zur Freude: Noch nie hat es einen solchen Andrang gegeben, noch nie waren die Bierzelte so voll. Es war auch ein wunderschöner Tag im Altweibersommer.
    In Karlstein gibt es allerdings einen Mann, der sich niemals freut, wenn »ozapft« wird: Kommissar Ludwig Brenner. Im Gegenteil. Diese Festtage sind für ihn die schlimmste Zeit des ganzen Jahres überhaupt. Erstens hat er da am meisten zu tun, und zweitens ist es beileibe keine angenehme Arbeit.
    Am 3. Oktober 1978 also schlängelt sich Kommissar Brenner mit verbissener Miene durch die lautstarke, angeheiterte Menge. Er haßt diese Atmosphäre, die torkelnden Betrunkenen, diese Bierleichen, die nichts mehr hören, nichts

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