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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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uns in Amman bei der neuen Schule für die Flüchtlingskinder. Wirklich reizende Menschen, zwei Ärzte und ein Rechtsanwalt, und sogar ein Architekt ist dabei.«
    Ferris hörte auf zu lächeln und erstarrte innerlich. Sein Herz schlug ihm bis in den Hals. »Wirklich? Ein Architekt? Was hat der denn mit einer Schule für Flüchtlingskinder zu schaffen?«
    »Er berät uns bei den Planungen für ein neues Schulhaus. Und er ist einer der Nettesten. Ein großer Mann, ein bisschen schweigsam vielleicht, aber eine Seele von Mensch. Auf der Stirn hat er so eine wunde Stelle, die vom vielen Beten kommt.«
    Ferris schloss die Augen. »Und weißt du auch, wie er heißt?«, fragte er.
    »Das habe ich vergessen. Obwohl er so nett ist. Oder warte mal, jetzt fällt’s mir wieder ein. Er heißt Sadiki, was auf Arabisch ja auch ‹Freund› bedeutet. Ja, genau, so heißt er. Omar Sadiki. Ein ganz lieber Mann. Aber das sind sie eigentlich alle. Und wir können ihre Hilfe weiß Gott brauchen.«
    Ferris war wie erstarrt und hatte ein Gefühl, als wäre tief in seinem Inneren gerade etwas eingestürzt. Er hatte Alice mit dem Gift seiner Arbeit in Berührung und sie damit in große Gefahr gebracht. Ferris nahm ihre Hand. Er konnte sie noch immer nicht ansehen. Fieberhaft überlegte er, wie er sie bloß schützen konnte, und kam nach kurzem Nachdenken zu dem Schluss, dass er am besten überhaupt nichts tat. Wenn er irgendetwas sagte und sie damit in eine bestimmte Richtung drängte, brachte er sie und Sadiki damit in noch größere Gefahr und seinen Plan womöglich zum Scheitern.
    »He, was ist denn auf einmal mit dir los?«, fragte Alice. »Deine Hand ist ja eiskalt. Wir sollten jetzt wirklich besser heimfahren. Du stehst vermutlich unter Schock.«
    »Ja«, sagte Ferris und öffnete die Augen. »Mir ist tatsächlich ein bisschen kalt. Fahren wir.«
    Er schaltete die Heizung ein und steuerte den Wagen wieder zurück auf die Königsstraße. Die Sonne war schon fast untergegangen, Alice suchte einen Sender im Autoradio, und Ferris wagte kaum, zu ihr hinüberzusehen. Als sie Amman erreichten, war die Sonne schon längst hinter den Bergen im Westen verschwunden.

 
Amman / Washington  
    Am darauffolgenden Wochenende erhielt Ferris eine dringende Nachricht aus der Generalinspektion der CIA, die ihn aufforderte, sich unverzüglich in der Zentrale einzufinden, um eine Sache »von größter Wichtigkeit« zu besprechen. Weitere Erklärungen enthielt die Nachricht nicht. Ferris schickte Hoffman gleich am Montag eine Sofortnachricht und bat ihn um Rückruf, sobald er im Büro war. Als Hoffmans Anruf sieben Stunden später endlich kam, las Ferris ihm die kurze Nachricht vor. »Worum geht es da, Ed?«, fragte er. »Das klingt ja, als würden die gegen mich ermitteln.«
    »Tun sie auch«, antwortete Hoffman. »Ich hab’s selbst eben erst erfahren. Darum rufe ich auch so spät an. Ich musste erst noch ein paar Gespräche führen.«
    »Aber was habe ich denn getan?« Ferris’ erster Gedanke galt seinem Spesenkonto.
    »Keine Ahnung. Genau da liegt das Problem. Ich weiß es nicht, und meine Leute bei der Generalinspektion wollen mir auch nichts sagen. Oder sie dürfen nicht, was aber aufs Gleiche hinausläuft. Vielleicht wissen sie auch nichts, das möchte ich aber bezweifeln.«
    »Können Sie das denn nicht abwenden? Ich habe schließlich hier auch gerade noch ein, zwei Dinge zu tun. Wenn wir die Sache am zweiundzwanzigsten Dezember durchziehen wollen, müssen wir uns ranhalten.«
    »Ich werd’s versuchen. Aber diese Typen aus der Generalinspektion sind nun mal richtige Arschlöcher. Sie müssen sich die so vorstellen wie die Abteilung für Innere Angelegenheiten beim abgehacktesten Polizeirevier der Welt, die den völlig entnervten Cops, denen die Ganoven auf der Nase herumtanzen, auch noch Disziplinarverfahren ans Bein hängt, weil sie sich einen Donut haben schenken lassen. So ist das auch mit unserer Generalinspektion. Die Leute da verdienen sich ihre Brötchen damit, dass sie unsere Agenten mit irgendwelchem hirnrissigen Kleinkram schikanieren. Ich finde das auch total beschissen, aber man kann leider überhaupt nichts dagegen machen.«
    »Aber ich habe mir doch gar nichts zuschulden kommen lassen. Zumindest nicht, dass ich wüsste. Habe ich mir was zuschulden kommen lassen?«
    »Nein – natürlich nicht. Zumindest will ich das schwer hoffen, Sie Schlingel.«
    »Das ist nicht komisch, Ed. Zumindest nicht für mich. Was soll ich denn jetzt

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