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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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und die CIA-Rechtsabteilung hat nichts dagegen, wenn Sie mit ihm sprechen. Ehrlich gesagt, ich glaube, dass es der Rechtsabteilung am liebsten wäre, wenn die Sache rasch ad acta gelegt würde. Die wissen dort, dass das alles nicht ganz koscher ist und nur Ärger bringt. Sheehan will Sie noch heute Nachmittag sehen, um fünf oder um sechs, ich habe vergessen, wann genau. Ich habe ihm erklärt, dass wir Sie ganz dringend brauchen und uns mit dem ganzen juristischen Scheiß nicht aufhalten können. Wir müssen schließlich vorankommen, verdammt noch mal.«
    Ferris dachte eine Weile nach, während Hoffman mit lautem Schlürfen seinen Frappuccino leerte. »Wenn der Informant seine Anschuldigung zurückzieht, dann lässt die Generalinspektion die Untersuchung gegen mich fallen«, sagte er. »Ist es das, was Sie mir sagen wollten?«
    »Ja. Zumindest ist das gut möglich. Fragen Sie Sheehan. Das ist sein Metier. In solchen Sachen ist er echt gut. Ich persönlich bin ja überzeugt davon, dass alles in sich zusammenfällt, wenn sie niemanden mehr haben, der gegen Sie aussagt, und die Jemeniten werden bestimmt nichts sagen, so viel ist sicher, schließlich haben die den armen Burschen ja umgebracht. Das Opfer kann auch nicht mehr reden, weil es nach wie vor tot sein dürfte. Bleibt also nur Ihre Frau, und wenn die ihre Anschuldigung zurückzieht, haben sie nichts mehr in der Hand. Überhaupt nichts. Alles cool in Kabul, würde ich mal sagen. Oder haben Sie noch irgendjemand anderem als Ihrer Frau von der Sache erzählt?«
    »Nein. Ich habe eine Aktennotiz gemacht, dass der Gefangene nach dem Verhör verstorben ist. Die haben sie vermutlich gefunden. Aber ich habe keinerlei Einzelheiten erwähnt, nicht mal Ihnen gegenüber. Zumindest hoffe ich das.«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Hoffman. »Wenn Sie das getan hätten, dann hätte ich es ja melden müssen. Und jetzt schauen Sie mal, dass Sie Land gewinnen. Gehen Sie zu Sheehan. Ein guter Anwalt wie er kann vieles in Ordnung bringen. Ich brauche Sie so bald wie möglich wieder in Amman. Die Zeit läuft uns davon.«
     
    Mark Sheehans Büro befand sich in einem eleganten Gebäude an der Pennsylvania Avenue. Die Sekretärin setzte Ferris in ein Wartezimmer, das eines Königs würdig gewesen wäre, und er kam sich vor wie in einem anderen Universum. Er war eine Stunde zu früh dran: Der Termin war doch um sechs und nicht um fünf, aber das machte ihm nichts aus. Die Sessel in dem Warteraum waren herrlich bequem, und es gab jede Menge Hochglanzmagazine zu lesen. An den Wänden hingen echte Gemälde, keine billigen Drucke wie in den Büros der CIA. Sheehan, der im Lauf der Jahre zu einer Art Schutzengel für CIA- Agenten in Schwierigkeiten geworden war, galt als einer der gefragtesten Strafverteidiger der Stadt. Er war zu einem nicht unbeträchtlichen Vermögen gekommen, indem er korrupte Industrielle vor mehrjährigen Gefängnisstrafen bewahrt hatte, und vertrat nun hin und wieder CIA-Agenten, die zu Unrecht von übereifrigen Kongressausschüssen oder prestigesüchtigen Anwälten vor Gericht gezerrt wurden – zum Nulltarif. Da er selbst bei den Marines gedient hatte, empörte es ihn sehr, wenn gute Agenten Schwierigkeiten bekamen, die sich nichts hatten zuschulden kommen lassen. In der angenehmen Atmosphäre dieser piekfeinen Kanzlei entspannte Ferris sich sofort. Die Sekretärin brachte ihm erst Kaffee in einer hauchdünnen Porzellantasse, danach eine Cola Light und ein paar Plätzchen, und als die Stunde um war, brachte sie ihn zu Mr. Sheehan.
    Ferris erzählte dem Anwalt seine Geschichte in allen Einzelheiten. Er sagte ihm, was Christina für eine Stellung im Justizministerium innehatte, und teilte ihm seine Vermutung mit, dass sie eine wichtige Rolle bei der Aufstellung der allgemeinen Verhörrichtlinien für Geheimdienstmitarbeiter gespielt habe. Danach schilderte er das dreitägige Verhör in Sanaa in all seinen grausigen Einzelheiten: die Drohungen, die Prügel, die Werkzeuge, die dabei zum Einsatz gekommen waren, das Blut, das aus dem Kopf des Gefangenen geflossen war und auf dem Boden der Zelle eine große Pfütze gebildet hatte. Dabei erwähnte er alles, was zu seiner Entlastung dienen konnte: dass er nichts von dem Kricketschläger gewusst und auch nicht erkannt habe, wie ernst die Verletzungen des Mannes gewesen waren. Trotz allem ließ sich aber die grundlegende Tatsache nicht wegleugnen, dass der Mann bei dem Verhör ums Leben gekommen war.
    »Waren noch andere

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