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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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schmerzlich klar wurde, wusste ich, dass ich die Sache selbst in die Hand nehmen muss.«
    Ferris nickte. Es stimmte, was Hani sagte, das konnte auch er nicht abstreiten. »Und was war ich für Sie?«, fragte er. »Ihre Marionette?«
    »Aber keineswegs, mein Bester. Sie waren mein Agent. Mein Maulwurf bei der CIA. Ich hatte Sie von Anfang an im Visier, von dem Tag an, als Sie nach Jordanien gekommen sind. Nur konnte ich Sie ja schlecht rekrutieren, dem hätten Sie niemals zugestimmt. Also wurden Sie eben mein virtueller Maulwurf.«
    Ferris musste lachen. »Genau das hatten Hoffman und ich mit Sadiki vor. Wir dachten, wir könnten uns Süleyman schnappen, indem wir Sadiki als ‹virtuellen Maulwurf) einsetzen. Ich habe genau denselben Ausdruck verwendet.«
    »Aber das war doch absurd, finden Sie nicht auch? Zumindest hier in Jordanien. Ich bin Jordanien. Ich kontrolliere alles und jeden in diesem Land. Und Sadiki setze ich schon seit vielen Jahren selber ein. Hat Ed Hoffman allen Ernstes geglaubt, er kann seine Spielchen in meinem Hinterhof treiben, ohne dass ich etwas davon merke?«
    »Sie haben es vorhin ja selbst gesagt: Wir Amerikaner wissen sehr viel weniger, als wir zu wissen glauben.«
    »Eigentlich könnt ihr wirklich froh sein, dass ihr überhaupt noch Freunde habt. Wobei mir nicht recht klar ist, warum euch noch jemand unterstützt … höchstens vielleicht, weil ihr so reich seid. Aber es stimmt, ich habe herausgefunden, dass Ed Hoffmans Leute Sadiki und seinen Bruder für irgendein abwegiges neues Vorhaben im Auge hatten. Da habe ich beschlossen, das für meine Zwecke zu nutzen. Und in Ihnen, Roger, hatte ich den perfekten Strohmann gefunden. Die Karotte, die ich der al-Qaida vor die Nase hängen konnte: einen Muslim bei der CIA, den ich ohne sein Wissen zum Überläufer machen konnte.«
    »Woher wussten Sie denn, dass ich Muslim bin? Vorausgesetzt, das stimmt überhaupt, und Sie haben denen nicht über Sadiki einen Haufen gefälschtes Material zugespielt.«
    »Ich wusste es, weil ich meine Hausaufgaben gemacht habe. Ihr Amerikaner glaubt immer, außer euch ist niemand in der Lage, sorgfältig zu arbeiten. Aber da täuscht ihr euch ganz gewaltig. Ich hatte so eine Ahnung, also habe ich das eine oder andere recherchiert. So manches sogar, um ehrlich zu sein. Ich habe meine Leute in den USA beauftragt, sich die Volkszählungsunterlagen zu beschaffen und die Passagierlisten der Einwandererschiffe durchzusehen, die vor vielen Jahrzehnten in Ellis Island angelegt haben. Ich habe meine Leute auch nach Bosnien geschickt, zu Verwandten, von denen Sie selbst gar nichts wissen. Einer meiner Männer hat sogar mit Ihrer Mutter gesprochen, um herauszufinden, ob sie irgendwelche Unterlagen hat. Und dann habe ich ein Team hierher nach Tripolis geschickt, um die alten Dokumente aus osmanischer Zeit durchzugehen. Wir brauchten eindeutige Papiere, und wir wussten, dass Süleymans Leute ihre eigenen Nachforschungen anstellen würden. Denn auch die sind keineswegs auf den Kopf gefallen, mein Freund. Um sie zu überzeugen, musste alles echt sein. Und das war es ja auch. Der Geburtsname Ihres Großvaters lautete Mohammed Fares. In Amerika konnte er daraus ein großes Geheimnis machen. Aber dies hier, mein Bester, ist das Land, wo alle Geheimnisse ihren Anfang haben. Wir nennen das taqiyya .«
    »Den Begriff habe ich mir von Ihnen ausgeborgt«, sagte Ferris. »Ich dachte, ich hätte begriffen, was er bedeutet.«
    »Aber mein Lieber, taqiyya ist doch nichts, was Sie einfach so aus Ihrer Trickkiste ziehen können. Für einen Muslim ist das eine Überlebensstrategie. Ihr Großvater wusste, was taqiyya bedeutet. Und nur der taqiyya haben Sie es zu verdanken, dass Sie jetzt hier sitzen. In der Wüste lernt man so was. Überleben ist das Einzige, was zählt. Für etwas anderes setzen wir unsere Schätze doch gar nicht erst aufs Spiel.«
    Ferris dachte an all den Aufwand, den Hoffman und er betrieben hatten: die Treffen in Abu Dhabi, Beirut und Ankara, die Fotos, die Videos, die Tonaufnahmen. Und ihre harte Arbeit hatte ja auch tatsächlich Früchte getragen – nur dass Hani am Ende derjenige gewesen war, der die Ernte einfuhr. Ferris nahm ihm das übel und musste dennoch darüber lächeln, wie vollkommen der Jordanier sie an der Nase herumgeführt hatte.
    »Die Legende, die wir für Sadiki erarbeitet haben, hat Ihnen die Arbeit nur noch erleichtert, was?«
    »Sehr sogar. Wir konnten einfach auf Ihren Zug aufspringen. Ich habe Sadiki

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