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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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im Grunde genommen genauso eingesetzt wie Sie: Ich habe ihn dazu gebracht, mit seinem echten Kontaktmann aus dem Dunstkreis der al-Qaida zu telefonieren … o ja, den hatte er … und durchblicken zu lassen, dass ein unzufriedener CIA-Agent ihm angeboten habe, ihn mit Informationen zu versorgen. Sie haben ihm natürlich nicht gleich geglaubt, aber ihre Neugier war geweckt. Nach seinem ersten Treffen mit Ihnen hat er dem Netzwerk echte Informationen weitergegeben, die natürlich alle von mir stammten und zum Großteil längst veraltet waren: abgelegte Handynummern, Operationen, die zu keinem Ergebnis geführt hatten. Und als ich ihnen schließlich die hübsche Geschichte von der Rekrutierung in Berlin und Ihren Spielchen mit Amary zukommen ließ, fingen sie langsam an zu glauben, dass Sie tatsächlich ein Verräter sind. Jedes Mal, wenn Sie ein weiteres Treffen mit Sadiki vereinbart haben, hielt ich anschließend neues Material bereit, das er der al-Qaida zuspielen konnte. Und Sie, mein Lieber, spulten unterdessen Ihre eigene kleine Nummer ab und stützten damit meine Geschichte nur noch zusätzlich. Es war ausgesprochen komfortabel, Überwachungsfotos von Sadiki aus Abu Dhabi, Beirut und Istanbul zu bekommen. Das war ein Glücksfall für uns.«
    »Sie haben uns zum Narren gehalten.«
    »Aber nicht doch. Ich bin lediglich in Ihrem Windschatten gefahren. Ihr Land ist eben eine Supermacht, und wenn ihr euch bewegt, wirbelt ihr ungeheuer viel Staub auf – selbst wenn ihr denkt, euch ganz leise und unauffällig zu verhalten. Und manchmal, wenn wir Glück haben, können wir uns ein Stück mitziehen lassen.«
    »Und dieser Anruf von Süleyman, den wir abgefangen haben? Die SMS für mich auf seinem Handy? Waren das auch alles Sie?«
    »Ja, ich furchte, das war ich wohl. Wir mussten die Schlinge sehr eng ziehen, um Sie zu diesem letzten Zusammentreffen zu bewegen. Wir mussten Sie glauben machen, dass Ihr absurdes Spielchen funktioniert. Und wir hatten noch eine alte, abgefangene Nachricht von Süleyman in unserer Datenbank. Ich sage das wirklich nur ungern, aber es ist nicht allzu schwierig, Sie zu manipulieren.«
    Ferris deutete ein Händeklatschen an, als wäre gerade der Vorhang nach einer Theatervorführung gefallen.
    »Sehr eindrucksvoll. Nur eins kann ich Ihnen nicht verzeihen: dass Sie Alice manipuliert haben. Sie hatte ein Leben in Jordanien. Sie hat Amman geliebt. Das haben Sie zerstört. Jetzt kann sie nie mehr dorthin zurück. Alle werden glauben, dass sie für Sie arbeitet.«
    »Mein lieber Roger, ganz Jordanien arbeitet für mich. Warum sollte gerade sie eine Ausnahme sein? Falls Sie allerdings glauben, ich hätte Alice in Gefahr gebracht, dann liegen Sie falsch damit. Das haben nur Sie getan. Die al-Qaida hätte sie tatsächlich entfuhren können, wenn wir sie nicht zuvor … nun, sagen wir mal: in ‹Schutzhaft› genommen hätten. Auf mich sollten Sie also nicht zornig sein. Ich wusste immer ganz genau, was ich tat.« Er zog an seiner Zigarre und stieß einen perfekten, kreisrunden Rauchring aus, doch Ferris schaute gar nicht hin.
    »Ich hatte solche Angst um sie, Hani. Ich war bereit zu sterben, um sie zu retten. Das haben Sie ausgenutzt. Sie haben sogar darauf gesetzt. Ohne dieses Detail hätte Ihr Plan niemals funktioniert. Sie haben meine Liebe zu Alice zu Ihrer Waffe gemacht. Wie soll ich Ihnen das jemals vergeben?«
    Hani schwieg. Er schaute aus dem Fenster – sie saßen im Wintergarten des Krankenhauses – hinaus auf das blaue Wasser des Mittelmeers, dann drehte er sich wieder zu Ferris um. Zum ersten Mal dämpfte ein Anflug von Schuldbewusstsein das zufriedene Glitzern in seinen Augen.
    »Das tut mir aufrichtig leid, Roger. Natürlich habe ich auf Ihre noble Gesinnung gesetzt, aber im Grunde hätte doch jeder Mann dasselbe getan wie Sie. Wie sehr Sie Alice lieben, das ist mir erst klar geworden, als ich mit Ihnen in ihrer Wohnung war. Aber ich will Ihnen die Wahrheit sagen: Das hat meinen Entschluss nur noch verstärkt, dafür zu sorgen, dass alles nach Plan läuft. Wir haben Sie keinen Augenblick aus den Augen gelassen. Wir haben Ihre Schuhe mit einem Pulver eingestäubt, dessen Spur wir folgen konnten, und in den Stoff der Jacke, die der Fahrer Ihnen gegeben hat, waren Ortungsmarker eingewebt. Selbst der Unterstützung des syrischen Präsidenten hatten wir uns versichert für den Fall, dass etwas schiefgegangen wäre.«
    Ferris nickte, doch er dachte nur an Alice. Seine Wangen röteten sich wieder

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