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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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den Ordner fest an die Brust, als hätte er ihn soeben in einem Kampf gewonnen.
     
    Auf der Fahrt zurück zur Botschaft sagten Hoffman und Ferris kein Wort, und auch während sie die Korridore entlanggingen, schwiegen sie. Erst als sie wieder in dem abhörgeschützten Konferenzraum waren, fragte Ferris: »Wie haben Sie das bloß geschafft? Am Schluss hat er Sie ja förmlich um das Ding angebettelt.«
    »So etwas ist einfach, wenn man sich aufs Manipulieren versteht. Und damit hatte ich noch nie ein Problem.«
    »Sind diese Abhörprotokolle denn echt?«
    »Mehr oder weniger. Amary und Karami hatten definitiv Kontakt miteinander. Das erste Mal kurz nachdem die Jordanier mit der Beobachtung von Karamis Wohnung in Berlin begonnen haben.«
    »Woher wussten Sie, dass sie ihn im Visier haben?«
    »Ganz auf den Kopf gefallen sind wir nun auch wieder nicht. Oder zumindest ich nicht. Die Deutschen haben es nun mal nicht gern, wenn jemand auf ihrem Territorium sein eigenes Süppchen kocht. Deshalb haben sie uns hinzugezogen, als ihnen etwas aufgefallen ist.«
    »Hani glaubt, die Deutschen hätten nicht die leiseste Ahnung.«
    »Sehen Sie, das ist einer von seinen Irrtümern. Hier in seiner gewohnten Umgebung ist er ein Genie, aber leider macht ihn das auch ein wenig arrogant, wenn er mal außer Landes operiert. Tut mir leid, das sagen zu müssen.«
    Ferris kratzte sich am Kopf. Er versuchte nach wie vor zu begreifen, wie das alles zusammenhing. »Diese Telefonate zwischen Karami und Amary, wer hat sie angefangen?«
    »Amary natürlich.«
    »Warum sagen Sie »natürlich)?«
    Hoffman zog Ferris ganz nahe zu sich heran. Selbst hier, im abhörsichersten Raum der Botschaft, war es nicht hundertprozentig auszuschließen, dass jemand ihre Unterhaltung belauschte. »Weil Amary für uns arbeitet. So wird das Spiel gespielt, verstehen Sie? Amary gehört zu uns. Und die Jordanier, die das nicht wissen, schleusen ihn für uns in die al-Qaida ein, und zwar direkt in Süleymans Netzwerk. Und dann geht’s erst richtig los.«
    »Respekt«, sagte Ferris. »Das ist ein genialer Plan. Nur schade, dass wir dabei die Jordanier hinters Licht führen müssen.«
    »Geht leider nicht anders. Ich wollte vernünftig sein und mit Ihrem Freund Hani zusammenarbeiten, aber das hat er ja abgelehnt. Also spielen wir es anders. Ich habe ihn nicht gezwungen, die Abhörprotokolle zu nehmen, er hat sie mir praktisch aus der Hand gerissen. Sie werden ihm ja auch nicht weiter schaden, denn diese Operation wird die erfolgreichste seiner ganzen Karriere werden. Dasselbe gilt übrigens auch für Sie. Warten Sie nur ab. Sie müssen immer daran denken, dass Ihr Land im Krieg ist – und in Kriegszeiten gelten nun mal andere Spielregeln.«
    »Das sagt meine Frau auch immer.«
    »Und sie hat recht damit. Wir sind im Krieg gegen einen rücksichtslosen Feind, da können wir uns nicht mehr auf milde Gaben von Freunden wie den Jordaniern verlassen. Wir müssen unseren eigenen Kampf kämpfen, und das bedeutet, dass wir unsere eigenen Aktionen gegen die al-Qaida aufziehen müssen. Und zwar jetzt. Uns bleibt keine andere Wahl. Wenn wir warten, müssen noch mehr unschuldige Menschen sterben.«
    »Ich hoffe nur, dass es funktioniert«, sagte Ferris und schloss die Augen.
    »Natürlich funktioniert es. Das ist eine gute Operation, und falls sie doch fehlschlägt, denken wir uns etwas Neues aus. So macht man das in Kriegszeiten. Man improvisiert. Also hören Sie auf, sich Sorgen zu machen, mein Junge, und folgen Sie meinem Plan. Kann ich auf Sie zählen?«
    »Natürlich. Ohne Wenn und Aber. Und ich mache mir keine Sorgen, ich denke bloß nach. Das ist etwas anderes.«
    »Aber denken Sie nicht zu viel nach, so was ist schlecht für die Nerven.« Hoffman legte eine fleischige Hand auf Ferris’ Rücken. »Und jetzt holen Sie uns eine Flasche Whisky und etwas Eis. Ich muss mich unbedingt besaufen, damit ich auf dem Rückflug richtig schlafen kann.«
    »Fliegen Sie denn heute Nacht noch zurück?«
    »Ja. Ich habe Ethel versprochen, dass ich morgen Abend mit ihr in König der Löwen gehe. Ist mir ja ehrlich gesagt ein Rätsel, wie man aus einem Zeichentrickfilm für Kinder eine Show am Broadway machen kann, aber wenn Ethel den Kram sehen will, schnurre ich wie ein Stubentiger.«
    Irgendwie gefiel Ferris die Vorstellung, dass Hoffman unter dem Pantoffel einer Frau namens Ethel stand. Er dachte dabei nicht an seine eigene Frau, sondern an Alice. Wie gern wäre er mit ihr in ein Musical

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