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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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außerhalb seines Büros.
    Als Singh zehn Tage in Amman war, bat er Ferris telefonisch um eine Unterredung. Er hatte ziemlich aufgeregt geklungen, sodass Ferris darauf gespannt war, was er ihm wohl zu sagen hatte. Am späten Nachmittag trafen sie sich in Ferris’ Büro.
    »Ich sehe jetzt die Knotenpunkte«, verkündete Singh mit einem extrabreiten Lächeln. Er trug ein T-Shirt der New Yorker Punkband »Hysterics« und ein gelbes Armband, das sich auffällig von seiner dunklen Haut abhob.
    »Wie schön«, sagte Ferris, der keine Ahnung hatte, wovon der junge Inder überhaupt sprach.
    »Die Knotenpunkte«, wiederholte Singh, den die Möglichkeit, dass Ferris jetzt schon verstand, worauf er hinauswollte, fast zu enttäuschen schien. »Ich habe die Knotenpunkte des Netzwerks gefunden, in das Sie eindringen wollen – oder was Sie sonst so damit vorhaben. Jedenfalls haben wir jetzt einen ziemlich guten Durchblick, das habe ich auch schon Sami Azhar gesagt. Ihr netter Architekt da, Mr. Sadiki, treibt sich auf Massen von extremistischen Websites rum. Bei der Hälfte davon habe ich die Server geknackt, wir wissen jetzt also, wer sich da sonst noch so tummelt. Wir können sogar sagen, wer bloß mal zufällig vorbeigeschaut hat und wer zum harten Kern gehört. Und damit haben wir schon mal ein ziemlich gutes Bild von Sadikis Community. Seiner virtuellen Community, meine ich natürlich. Cool, was?«
    »Ausgesprochen cool. Aber ich möchte, dass Sie sich auch auf seine Bruderschaft in der Moschee konzentrieren, diese Ikhwan Ihsan. Da müssen wir vorwiegend ansetzen, denn die sind in gewissen Kreisen über jeden Zweifel erhaben. Außerdem kennt er sie persönlich, das macht die Sache erst so richtig glaubwürdig.«
    »Absolut. Ich habe die Mitglieder dieser Gruppe – und außerdem noch ihre Brüder und Cousins – mit meinen Listen von Besuchern der islamistischen Websites abgeglichen, auf denen operative Nachrichten der al-Qaida weitergegeben werden. Und zu Hause in den Staaten lasse ich gerade die Daten sämtlicher Kreditkartenbetreiber auf ihre Namen hin überprüfen. Wenn also einer von denen irgendwann mal über seine Kreditkarte in Karatschi ein Souvenir gekauft oder von einer Telefonzelle neben einer Salafistenmoschee aus telefoniert hat, kriegen wir das damit raus. Jetzt, wo wir wissen, dass es dieses Netzwerk gibt, müssen wir nur noch möglichst viel darüber in Erfahrung bringen.«
    »Cool«, sagte Ferris mit aufrichtiger Bewunderung. »Aber vergessen Sie nicht: Wir müssen Sadiki als Dschihadisten glaubwürdig machen. Es muss so aussehen, als würde er nicht nur extremistische Websites besuchen, sondern auch bei der Planung und Ausführung von Operationen seine Finger mit ihm Spiel haben.«
    »Ja, klar doch.« Singh klang fast ein wenig ungehalten. »Als Nächstes werde ich in Sadikis Namen Mails an ein paar Leute aus dem Netzwerk schicken, von denen wir wissen, dass sie aktive Dschihadisten sind. Dafür habe ich ihm einen Mail-Account eingerichtet, von dem er nicht die leiseste Ahnung hat. Sie müssen mir jetzt nur noch sagen, was in den Mails drin- stehen soll. Am besten schreiben Sie sie gleich selbst, ich bin ja nur der Techniker.«
    Ferris dachte einen Augenblick lang nach. Die Mails mussten zweideutig und vage sein und gleichzeitig den Eindruck vermitteln, dass Sadiki von einer höheren Kommandoebene autorisiert war, ohne genauer auszuführen, in welcher Weise. Außerdem mussten sie auf das Datum für die geplante Operation hinweisen, das Hoffman und Ferris auf den 22. Dezember festgelegt hatten, zwei Tage vor Weihnachten.
    Nachdem er sich eine halbe Minute lang Gedanken gemacht hatte, nahm er einen Block und schrieb drei kurze Sätze auf Arabisch darauf, die er Singh anschließend vorlas: »Der Lehrer hat gesagt, ich soll die Lektion vorbereiten. Wir suchen jetzt nach dem geeigneten Ort für das Gebet. Wir grüßen unsere Brüder und bitten um Gottes Hilfe.«
    »Klasse«, sagte Singh. »Der Lehrer. Die Lektion. Das haut hin.«
    »Wir brauchen noch ein paar andere Varianten, damit keine zwei Leute die gleiche Mail bekommen. Und ein paar geeignete Antworten, falls jemand zurückschreibt. Lassen Sie mir etwas Zeit, damit ich mir was ausdenken kann.« Singh steckte sich seine Kopfhörer in die Ohren und hörte Musik, während Ferris arabische Sätze auf seinen Block schrieb.
    »Hören Sie sich das mal an«, sagte er ein paar Minuten später, nachdem er das Kopfhörerkabel aus Singhs iPod gezogen und ihn aus

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