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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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Er lächelte verlegen und grinste schließlich so breit, dass die Lachfalten das Gebetsmal an seiner Stirn zu einer roten Vertiefung zusammendrückten. Ferris fragte sich, weshalb Sadiki sich so seltsam benahm, aber als er das Angebot sah, das al-Fajr abgegeben hatte, war ihm alles klar. Es war fast doppelt so hoch wie erwartet, und Ferris konnte sich lebhaft vorstellen, wie viel von dem Geld in Form von Provisionen von den Bauunternehmern in Abu Dhabi zurück in die Taschen der Al-Fajr-Eigner in Amman fließen würde. Kein Wunder, dass Sadiki so demonstrativ grinste: Er versuchte gerade, die Ungläubigen übers Ohr zu hauen. Ferris strich sich über seinen falschen Schnurrbart und nahm sich einen Augenblick, um darüber nachzudenken, wie ein Brad Scanion wohl auf so etwas reagieren würde.
    Er führte Sadiki hinaus auf die Terrasse und bot ihm einen der schmiedeeisernen Stühle an. Die Aussicht war wunderbar – über die Bucht von Beirut hinweg konnte man bis nach Jounie und auf den zerklüfteten Berg Libanon blicken. Es war ein herbstlicher Spätnachmittag, aber die Sonne stand noch am Himmel, und die Luft war so klar, dass der Gipfel des Berges deutlich zu erkennen war. Die Trichter der Bomben und Granaten, die seit Generationen dort eingeschlagen hatten, blieben dem Auge aus dieser Entfernung verborgen. Ferris bestellte Kaffee beim Zimmerservice und setzte sich, um den Kostenvoranschlag und die Angebote der Bauunternehmer genauer zu studieren. Als er die Zahlen sah, schüttelte er den Kopf, und hin und wieder griff er nach seinem Taschenrechner und machte seinerseits ein paar Berechnungen, deren Ergebnisse er sich auf einem Schreibblock notierte. Als er alle Zahlen durchgegangen war, nahm Ferris seine dicke Brille ab und rieb sich die Augen.
    »Das ist leider viel zu teuer«, sagte er. »Mein Vorgesetzter wird das niemals absegnen.«
    »Mr. Scanion, bitte. Sie wissen doch, dass Sie bei al-Fajr nur das Allerbeste bekommen. Wir bieten qualitativ hochwertige Arbeit, deshalb haben wir auch einen so hervorragenden Ruf. Und aus diesem Grund sind Sie doch auch zu uns gekommen, oder etwa nicht?«
    »Natürlich wollen wir nur das Allerbeste, mein lieber Omar, aber wir bauen hier nun mal keinen Palast. Wir sind eine Bank und müssen daher sorgfältig mit dem Geld umgehen, wenn wir nicht das Vertrauen unserer Kunden verlieren wollen. Und wie ich schon sagte, dieses Angebot bekomme ich niemals durch, selbst wenn ich mich persönlich dafür einsetzen würde. Damit würde dieses Projekt die teuerste Unibank-Niederlassung auf der ganzen Welt, und deshalb müssen wir darüber jetzt noch einmal verhandeln, so leid es mir tut.«
    Sadiki nickte, und Ferris dachte, dass er richtig reagiert hatte. Natürlich war das erste Angebot überzogen. Das Leben war nun einmal ein Basar. Wenn die Amerikaner so dumm waren, viel zu viel zu bezahlen, warum sollte man es ihnen verbieten?
    »Bei jedem Entwurf sind Änderungen möglich. Wir könnten einige unserer Subunternehmer in Abu Dhabi bitten, ihre Angebote noch einmal zu überarbeiten. In der kurzen Zeit, die Sie uns gegeben haben, konnten wir nur grob geschätzte Orientierungswerte einholen. Was hatten Sie sich denn vorgestellt, wie viel Sie in dieses Projekt investieren möchten?«
    Ferris sah auf seinen Block und tippte ein paar weitere Zahlen in seinen Taschenrechner. Er musste improvisieren und konnte nur hoffen, dass Sadiki es nicht bemerkte und Verdacht schöpfte. »Ich denke, Ihr Angebot müsste mindestens fünfundzwanzig Prozent niedriger sein, damit ich es durchkriege.«
    »Dann verstehen Sie nicht allzu viel vom Baugeschäft, Mr. Scanion.« Ferris rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Irgendetwas in Sadikis Stimme ließ ihn befürchten, dass der Jordanier ihm auf die Schliche gekommen war.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte er ungehalten.
    Sadiki ruderte sofort zurück. »Bei fünfundzwanzig Prozent weniger müssten wir Einschnitte bei der Qualität machen. Anders können wir diesen Preis nicht erzielen.«
    »Wissen Sie was? Nennen Sie mir doch einfach eine Summe, mit der Sie noch leben können und die so nahe wie möglich an meinen fünfundzwanzig Prozent Abschlag liegt. Ich werde mit Ihnen nicht um ein paar Dollar streiten, aber es wäre gut, wenn Sie etwas wirtschaftlicher planen könnten. Wenn Sie das im Auge behalten, werden Sie mir bestimmt ein Angebot unterbreiten können, mit dem wir beide zufrieden sind.«
    Sadiki sagte, dazu müsse er erst in Amman anrufen und mit seinem

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