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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost
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bestimmt für sein dünner werdendes Haar benutzte, und ein Fläschchen mit der Aufschrift »Alternative Sarsaparilla« – nach dem Aufkleber zu schließen, ein Wundermittel gegen Blasenentzündung.
    Unter den Fläschchen lag ein Brief in geschwungener Handschrift. Beckys Handschrift. Tom rang mit sich, dann seufzte er, faltete den Brief auseinander und las ihn.
    Er war harmlos. Eine Einladung zur Neueröffnung ihrer Zeitungsredaktion. Förmlich, als hätte sie diesen Brief dutzendfach geschrieben. Außer einem »Liebster Sid« und einem »Deine Rebecca« erinnerte nichts an einen Brief, den man dem Mann seines Herzens schrieb.
    Tom biss sich auf die Lippen. Er musste noch einmal mit ihr reden. Sie hatte recht. So konnte es nicht weitergehen. Aber wie es weiterging, konnte nur sie sagen. Schließlich war sie mit seinem Bruder verlobt, und Tom fand, er selbst war ihr gegenüber schon deutlich genug geworden, was seine Gefühle anging.
    Aber war er das wirklich? War er sich denn überhaupt im Klaren über seine Gefühle? Wollte er wirklich mit Becky zusammen sein, oder war es einfach nur Nostalgie, die ihn zu ihr hinzog? Oder war es noch banaler, und er wollte seinem Halbbruder eins auswischen? Tom wusste es nicht, und das machte ihn wütend auf sich selbst.
    Er warf den Brief zurück in die Schublade und wandte sich zu der Kommode. Er zog die Schubladen eine nach der anderen auf, doch er fand darin nur Sids Hemden, seine Hosen und seine Unterwäsche. Frisch gewaschen und säuberlich zusammengelegt. Dann kam er zu der Schublade ganz unten und zog daran. Er stutzte.
    Sie ging nicht auf.
    Tom zog fester, aber die Schublade klemmte nicht, sie war abgeschlossen. Er stand auf und wollte schon nach unten gehen, um ein Beil aus der Speisekammer zu holen und damit die Schublade aufzuhebeln, als er an der Tür stehen blieb. Sid war nicht sonderlich einfallsreich. Das war er noch nie gewesen. Und manche Angewohnheiten behielt er hartnäckig bei. Tom fasste nach oben und tastete mit den Fingern über den staubigen Türrahmen.
    Der Schlüssel fiel herunter.
    Er trat wieder an die Kommode und schloss die Schublade auf. Sie klemmte ein wenig, aber mit etwas Rütteln gelang es Tom schließlich, sie zu öffnen. Ein Haufen Papiere waren darin.
    Tom blätterte durch Geburtsurkunden, Briefe seiner Eltern, Rechnungsbücher aus dem Laden in Marion, den seine Eltern besessen hatten, und Besitzurkunden für das zerstörte Haus. Er fand Bankunterlagen, Arbeit, die Sid mit nach Hause genommen zu haben schien, Vollmachten der Witwe Douglas, ein paar Aktien einer Bahnlinie und Anteilsscheine an einem Landkauf in Illinois, wie es schien. Schließlich öffnete er einen schmalen Ordner aus blauer Pappe und fand darin einen Kaufvertrag.
    Tom setzte sich auf den Boden und studierte das Dokument. Es war ein Kaufvertrag für Pollys Gärtchen, ausgestellt am 22 .  Juni dieses Jahres.
    Die St. Louis & St. Petersburg Railway Company wollte Pollys Gärtchen für den erstaunlichen Preis von fünfzehnhundert Dollar kaufen. Das Grundstück war nicht einmal ein Drittel wert, wenn es hochkam, vermutete Tom. Pollys Unterschrift unter dem Dokument fehlte jedoch, der Strich, auf dem sie hätte unterschreiben sollen, war leer.
    Drei Gärten. Drei Pflöcke. Ein vierter Pflock fehlt.
    Toms Gedanken überschlugen sich. Seine Tante hätte ihren Garten verkaufen sollen. Eine Brücke über den Mississippi sollte gebaut werden. Die Stadt würde aufblühen. Das Grundstück war plötzlich etwas wert.
    Ich weiß nur, dass sich in letzter Zeit komische Leute in den Gärten rumtreiben. Leute, die da nichts zu suchen haben und die sich nicht um die Gärten kümmern.
    Zwei Grundstücke waren vermutlich bereits im Besitz der Eisenbahngesellschaft, ein weiteres gehörte den Harpers oder hatte ihnen gehört, wie der dritte Pflock nahelegte. Aber das vierte Grundstück gehörte Polly.
    »Wenn eines Tages die Eisenbahnbrücke über den Mississippi kommt, dann wird St. Petersburg eine richtige Stadt werden«, hatte Richter Thatcher gesagt. »So wie Springfield, vielleicht sogar wie St. Louis.«
    Der Mann im Ruderboot war ein Vermessungsingenieur gewesen; das Messingstativ mit dem fernrohrähnlichen Instrument in seinem Boot war ein Messgerät, das man für die Konstruktion einer Brücke brauchte. Ein Theodolit.
    Und Tante Polly wollte offenbar nicht verkaufen.
    Tom griff nach den Aktienpapieren, die er zuvor beiseitegelegt hatte.
    »St. Louis & St. Petersburg Railway

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