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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost
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Kneipe gezimmert worden, es roch noch beißend scharf nach den vorigen Bewohnern der erbärmlich kleinen Kammer: nach Hühnern. Staub und Reste von Federn tanzten schwerelos im Licht, das durch die Ritzen in der Wand hereindrang. Der Raum hatte kein Fenster.
    »Das ist alles, was sie hatte. Sagt Josephs Frau. Außer den Sachen, die sie am Leib trug, natürlich.« Cooper deutete auf die schiefen Regalbretter, während er seine Arzttasche auf dem Bett packte. Der Doktor hatte offenbar das Zimmer seiner Schwester bezogen, solange er noch keine eigene Bleibe hatte.
    »Kann sein, dass sie zu unserer Tante Bessy nach St. Louis wollte; davon hat sie wohl manchmal geredet, sagt Joseph. Aber das glaube ich nicht, sie wusste schließlich, dass ich unterwegs zu ihr war. Ich hatte es ihr geschrieben.«
    Tom beugte sich vor und betrachtete die Dinge, die Hattie gehörten und die säuberlich aufgereiht auf den zwei Regalbrettern über dem Bett lagen.
    Ein Unterhemd zum Wechseln, eine saubere karierte Schürze, um das vermutlich zerschlissene Kleid am Sonntag etwas aufzuwerten. Ein Blechnapf, ein Löffel, ein Messer. Eine flache Tonschale mit einem abgebrannten Kerzenstummel stand neben einer weißen Haube. Daneben eine fleckige Bibel. Das war alles. »Sie ist nicht nach St. Louis, Mr Cooper. Sie hat alles dagelassen. Niemand macht so eine Reise, ohne etwas einzupacken.«
    Cooper sah auf, sein Blick ein trauriges Eingeständnis, dass Tom recht hatte.
    Aus der Ferne drang der Pfiff einer Lokomotive gedämpft zu ihnen. Unter Coopers wachsamen Augen nahm Tom Hatties Unterhemd und kniete sich zu Hollis, der fröhlich um Toms Beine herumschwänzelte. »Hier, Hollis, schnupper mal dran, hm?«
    »Ist das Ihr Spürhund?«
    Tom schüttelte den Kopf. »Nicht meiner. Und ob er ’n Spürhund ist, wird sich zeigen.«
    Hollis versenkte die Schnauze in Hatties Unterhemd und schnupperte.
    »Gut! Braves Kerlchen! Und jetzt such Hattie! Such!«
    Hollis stellte die Ohren auf, blickte aus treuen braunen Augen zu Tom auf, dann wedelte er mit dem Schwanz, schnappte nach dem Unterhemd und versuchte, es Tom aus den Händen zu reißen.
    »Aus, Hollis! Lass das! Du sollst suchen, nicht damit spielen!«
    Folgsam ließ Hollis das Unterhemd los, dann bellte er und legte sich mit dem Rücken auf den zerschlissenen Teppich. Er wälzte sich hin und her und bot Tom winselnd seinen Bauch dar. Tom seufzte. »Du bist ein blöder Hund, Hollis, lass dir das gesagt sein.«
    Hollis zeigte sich unbeeindruckt von diesem Vorwurf, rollte sich auf die Seite und verbiss sich in das stockfleckige Bettlaken. Tom wollte sich gerade aufrichten, da fiel sein Blick auf ein Bündel unter dem Bett, und er zog es hervor. Es war ein geblümtes Kleid, fast neu, wie es schien. Tom richtete sich auf und zeigte dem Doktor das Kleidungsstück. »Wenn sie wirklich verreist ist, warum hat sie dann ihr bestes Kleid hiergelassen? Und warum hat sie es überhaupt unter dem Bett versteckt?«
    Cooper zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte, darauf weiß ich keine Antwort, Mr Sawyer.« Der Doktor hatte seine Tasche gepackt und ließ die Verschlüsse schnalzend zuschnappen. »Ich wär so weit. Können wir?«
    Tom nickte. Da fiel ihm die Bibel auf dem Regal ins Auge. Ein Stück Papier schaute zwischen den Seiten heraus. Er griff nach dem speckigen Band und schlug ihn auf.
    »Das ist mein Brief«, sagte Cooper. »In dem ich ihr angekündigt habe, dass ich komme. Können Sie gerne lesen, wenn’s hilft.«
    Tom schlug den Brief auf, überflog die Zeilen und faltete ihn wieder zusammen. Als er ihn wieder in die Bibel zurücksteckte, fiel ihm auf, dass die Seite markiert war. Hattie hatte offenbar mit ihrem Fingernagel eine Kerbe neben einem Absatz hinterlassen. Tom kannte sich herzlich wenig aus in der Bibel. Er blätterte zurück und stellte fest, dass es sich um das erste Kapitel aus dem Lukas-Eangelium handelte. Der Engel verkündete Maria, dass sie ein Kind empfangen und einen Sohn gebären werde, dem sie den Namen Jesus geben solle.
    Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich von keinem Manne weiß?
Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das von dir geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Gefreunde, ist auch schwanger mit einem Sohn in ihrem Alter und geht jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. Denn

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