Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman
der Potawatomi, der sich in den Streit mit Dale in »Harold’s Happy Tavern« eingemischt hatte.
Der Indianer nahm sich etwas Fleisch von dem Braten, und bevor er es in den Mund steckte, sagte er: »Kaninchen. Nicht Hund. Wir essen nicht Hund. Nur manchmal, wenn großes Fest.«
Schweigend kaute er das Fleisch. Der Alte neben Tom kicherte ein wenig albern, dann formte er aus der Decke über seinen Schultern ein Kissen, legte sich hin und schloss die Augen. Der Junge war ans Feuer getreten und ließ den Waschbär und das Kaninchen zu Boden fallen, und Tom sah, dass das Kaninchen eine enge Schlinge um den Hals hatte und der Waschbär ein Einschussloch im Bauch. Der Junge sah ihn ehrfürchtig an und nickte ihm zu.
Tom lächelte und nickte zurück. »Danke. Danke, dass du mich losgeschnitten hast. Da …«, er deutete unbestimmt über die Schulter, »bei der Eisenbahn.«
Dann tippte Tom auf das Medaillon, das um seinen Hals hing. »Und danke, dass du mir das zurückgegeben hast.«
Der Junge nickte stumm und eingeschüchtert. Der Scout strich dem Jungen über die Haare. Seinem Jungen, dachte Tom.
»Pepinawah deine Kette gesehen und denkt, du kommst von Tcibia’bos aus den westlichen Himmeln. Er denkt, du das verlorene Kind. Alte Geschichte von Göttern. Wichtig für Potawatomi. Er große Angst, wenn du das verlorene Kind.«
Tom lächelte dem Jungen zu und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin nicht das verlorene Kind. Dieser Mann …« Tom nahm den Anhänger zwischen Daumen und Zeigefinger und deutete auf den heiligen Christophorus. »… er hat meinen Gott über das Wasser getragen, als der Gott noch ein Kind war. Der Mann war sehr stark, aber das Kind war trotzdem so schwer auf seinen Schultern, dass er es fast nicht auf die andere Seite geschafft hätte. Sein Bild schützt einen vor einem plötzlichen Tod.«
Der Junge nickte erneut, sagte aber nichts, und Tom sah ihm an, dass er immer noch nicht überzeugt war, dass Tom nicht vielleicht doch aus den westlichen Himmeln kam.
Der Vater des Jungen schürte mit einem Stock das Feuer und lächelte Tom an. »Dann dein Gott dich geschützt. Hat Pepinawah dich retten geschickt.« Er tätschelte seinem Sohn die Schulter.
»Ja. Danke, Pepinawah. Ich bin übrigens Tom. Tom Sawyer.« Tom streckte dem Scout die Hand hin.
Der Mann nahm sie nicht, sondern hob beide Hände auf Schulterhöhe und senkte sie leicht in Toms Richtung, fast wie in einer segnenden Geste. »Shipshewano heißt dich willkommen. Sei ein Gast, Tom Sawyer.«
Tom seufzte und starrte in die kleinen Flammen vor sich. »Ich danke dir, Shipshewano. Aber ich kann nicht bleiben. Ich muss wieder los.«
»Du schwach, Tom Sawyer. Du noch nicht reiten. Nicht jetzt.«
Tom blickte auf. »Ich muss. Es gibt einen bösen Mann, den ich fassen muss.«
»Böser Mann?«
»Ja. Er hat meine Tante umgebracht. Und wahrscheinlich noch andere Frauen. Er kommt und holt sie. Sie verschwinden für immer. Nur eine ist wiedergekommen, und die ist nicht mehr bei Verstand. Ich muss ihn einfach finden, damit es aufhört.«
Shipshewano sah Tom schweigend an. Dann ging sein Blick an diesem vorbei zu dem Rauch, der zwischen den Bäumen aufstieg, und die Augen des Mannes wurden glasig. »Wir sehen Böser Mann manchmal in Wald. Schatten nur. Hinter Baum, auf Fels, dann weg. Wir finden Haare an Busch und Spuren von Stiefel.«
Tom blinzelte. »Ihr habt ihn gesehen? Wo?«
»Er hat Frau zu Straße nach Palmyra gebracht. Frau besessen. Wir helfen Frau in Stadt und folgen dann Spuren von Böser Mann in Wald. Spuren sind auf Fels verschwunden. Wir haben Böser Mann nie gefunden. Wir manchmal haben tote Hunde gefunden, wenn wir Mann sehen.«
»Tote Hunde?«
Der Indianer wandte den Kopf zu Tom und sah ihm direkt ins Gesicht, die Augen wie zwei harte schwarze Kieselsteine. »Mann ist kein Mann. Mann kommt und geht, und wir sehen nicht. Er ist Dämon. Du suchst Dämon, Tom Sawyer, und du jetzt nicht stark genug.«
~~~
Die Trommeln klangen wie der schnelle Herzschlag eines uralten verwundeten Tieres durch die Nacht.
Tom erwachte, als die Männer des Clans um das Feuer herum ein halbes Dutzend Stangen errichteten, die senkrecht in den Himmel ragten. Sie spannten Felle zwischen den Stangen, sodass ein Raum entstand, der nach oben zu den Sternen hin offen war. Alle setzten sich um das Feuer, die Pfeife wurde an der Glut entzündet. Pepinawah, der Junge, und Wabaunsee, der jüngere Krieger, schlugen mit langen Klöppeln, deren Enden mit Leder
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