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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John O'Farrell
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soeben Gehörte zu reagieren. Er erhob sich.
    »Herr Vorsitzender, der Vertreter der Antragsgegnerin legt meinem Mandanten Worte in den Mund. Das Gericht wird unserem Antrag auf eine Aufteilung von siebzig zu dreißig sicherlich stattgeben, sobald wir ausreichend Gelegenheit hatten, ihn zu begründen.«
    »Mr. Cottington, wie mir scheint, sind Sie und Ihr Mandant vor Gericht erschienen, ohne sich zuvor auf den gewünschten Prozentsatz geeinigt zu haben.«
    »Mr. Cottington «, dachte ich. »So also heißt mein Anwalt.«
    Ich hatte befürchtet, der Richter könnte verärgert sein, stattdessen schien es ihm diebisches Vergnügen zu bereiten, dass endlich einmal etwas Unvorhergesehenes passierte. Er ermahnte beide Rechtsvertreter in wohlgesetzten Worten, sich in Zukunft besser vorzubereiten, und stellte diesen Streitpunkt erst einmal zurück, da es diverse andere Fragen zu klären galt. Er unterhielt sich im Flüsterton mit der extrem übergewichtigen Schriftführerin, während ich dastand wie ein Ölgötze. Obwohl ich mir sicher war, richtig gehandelt zu haben, spürte ich, wie mir die Knie zitterten.
    Dann, in der bei Weitem aufreibendsten Situation, an die ich mich entsinnen konnte, kehrte meine erste negative Erinnerung zurück. Maddy beschimpfte mich wütend, und ich schrie zurück. Ich verspürte einen Anflug von Zorn, als mir einfiel, wie übertrieben sie auf eine Kleinigkeit wie eine Akkubatterie in einem Rauchmelder reagiert hatte. Diese Erinnerung war etwas verschwommener, doch zum Streit war es gekommen, weil ich den Akku aus dem Rauchmelder für mein Fahrradlicht benutzt und dadurch angeblich »die ganze Familie in Gefahr gebracht« hatte.
    »Und warum hast du die Batterie nicht ausgetauscht?«, schreit sie.
    »Weil ich’s vergessen habe, darum. Du vergisst wohl nie was, hä?«
    »Nicht, wenn es um die Sicherheit unserer Kinder geht.«
    »Tja, in diesem Fall ging es zufällig um die Sicherheit deines Mannes – damit man ihn auf den dunklen, vielbefahrenen Straßen sehen konnte! Ist das etwa nicht wichtig?«
    »Nein – nicht halb so wichtig. Trotzdem hättest du eine Ersatzbatterie kaufen können – aber du hast es einfach vergessen. Wie üblich hast du nicht an uns, sondern einzig und allein an dich gedacht.«
    Wenn ich mir Madeleine so ansah, konnte ich kaum glauben, dass sie so aggressiv und starrsinnig sein und sich über eine Nichtigkeit wie eine Mignonzelle derart echauffieren konnte.
    Das Gericht kam zum zentralen Punkt der Verhandlung, der Regelung des Zugewinnausgleichs. Wenn über das Haus keine Einigung erzielt werden konnte, musste es verkauft werden, doch auf Grund der Streitereien über die Vermögensaufteilung, das Mobiliar und die Frage, wer welchen Immobilienmakler mit der Abwicklung beauftragen durfte, waren die Verhandlungen gescheitert. Ich wurde aus dem Zeugenstand entlassen, aber je länger ich den Argumenten beider Parteien lauschte, desto klarer wurde mir, dass weder Maddy noch ich uns ein Haus in unserer alten Gegend würden leisten können, das zwei heranwachsenden Kindern und einem äußerst lebhaften Golden Retriever ausreichend Platz bot. Das bedeutete, dass die Kinder einen längeren Schulweg in Kauf nehmen mussten und der jeweilige Elternteil gezwungen war, auf einem Klappsofa im Wohnzimmer zu schlafen, wenn die Kinder zu Besuch kamen; kein Garten, winzige Kinderzimmer und somit auch kein Platz für Freunde, die bei uns übernachten wollten. Vielleicht sollten sie das Haus behalten, dachte ich, und wir borgen uns abwechselnd das Zelt, das in Irland über uns zusammengebrochen war.
    Da auf die naheliegendste aller Lösungen bislang niemand gekommen war, fühlte ich mich verpflichtet, darauf hinzuweisen.
    »Entschuldigen Sie, Herr Vorsitzender – darf ich es mir eventuell, äh … anders überlegen?«
    »Wie bitte?«
    »Kann ich es mir noch anders überlegen? Oder ist es dazu zu spät?«
    »Sie möchten auch die Verteilung der Vermögensgegenstände neu regeln?«
    »Nein, nein – die ganze Scheidungsgeschichte«, hörte ich mich sagen. »Also, wenn ich es recht bedenke, frage ich mich, ob wir der Ehe nicht vielleicht doch noch eine Chance geben sollten.«
    »Lass den Unsinn, Vaughan«, sagte Maddy. »Das ist kein Spiel.«
    »Wenn ich der Antragsteller bin – kann ich, äh, den Antrag nicht auch wieder zurückziehen?«
    Die Frage erschien mir durchaus begründet. Weder hatte ich den fraglichen Antrag jemals zu Gesicht bekommen, noch hatte ich Dritte gebeten, ihn zu

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