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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John O'Farrell
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können.«
    Damit hatte sie mir auch das letzte Fünkchen Hoffnung darauf geraubt, dass sie vielleicht zum Flirten aufgelegt sein könnte. Im Freien konnten wir nur wegen der großen Metallpilze sitzen, die zwischen den Tischen aus dem Boden sprossen, und selbst die riesigen Heizkörper hatten ihre liebe Mühe, angesichts der kühlen Temperaturen den Sommer wiederzubeleben.
    »Warst du schon bei einem Psychiater?«
    »Ich bin nicht verrückt. Warum denken eigentlich alle, dass ich einen Psychiater brauche?«
    »Du hast allen Ernstes vorgeschlagen, es noch mal miteinander zu versuchen. Wenn das nicht verrückt ist, weiß ich es auch nicht.«
    Beifall hallte über den Platz. Wenn sie doch nur bereit wäre, sich ein wenig auf mich einzulassen; dann würde sie schon sehen, was für ein sensibler und aufrichtiger Kerl ich war. Sie würde den ganzen Quatsch vergessen, den ihr Scheidungsanwalt über mich verbreitet hatte, und endlich zu der Überzeugung gelangen, dass ich der richtige Mann für sie war.
    »Wie geht’s den Kindern?« Ich wollte erstens unbedingt mehr über die beiden erfahren und Maddy zweitens ins Gedächtnis rufen, wie viel wir gemeinsam hatten.
    »Gut. Ich habe versucht, ihnen möglichst schonend beizubringen, was mit dir los ist, aber Dillie wollte davon nichts wissen. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt …«
    Insgeheim hatte ich schreckliche Angst, den Kindern gegenüberzutreten. Ich wollte unbedingt einen guten Eindruck machen auf zwei Menschen, die mich von Geburt an kannten. Wahrscheinlich würden sie mir an der Nasenspitze ansehen, wie distanziert, wie kalt ich war.
    »Ich richte mich da ganz nach dir. Aber sag ihnen, ich kann es kaum erwarten, sie kennenzulernen.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage.«
    »Ich wollte sagen, sie zu sehen. Wieder zusehen . «
    Ich riss einen Portionsbeutel Zucker auf und schüttete den Inhalt zu gleichen Teilen in meine Tasse und auf den Tisch.
    »Du bist also immer noch ein Zuckerjunkie?«
    »Soweit ich mich erinnern kann …«
    »Dafür rauchst du nicht mehr. Nicht zu fassen. Jahrelang habe ich gebeten und gebettelt, dass du dir die Qualmerei endlich abgewöhnst. Und dann hörst du plötzlich damit auf, einfach so, von heute auf morgen.«
    »Ja, dazu braucht es weiter nichts als ein bisschen gute alte Willenskraft. Eine kleine Amnesie kann allerdings auch nicht schaden. Soll ich dir wirklich keinen Blaubeermuffin oder so etwas bestellen?«
    »Seit wann esse ich Blaubeermuffins?«
    »Woher soll ich das wissen? Wie du weißt, bin ich nicht im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.«
    »Tut mir leid, hatte ich vergessen.«
    »He, das ist mein Spruch.«
    »Ist dir in der Zwischenzeit noch etwas eingefallen? Wenn du dich entsinnen kannst, wie du damals die Sturmwarnung in den Wind geschlagen hast und wir aus dem Zug geflogen sind … heißt das, dass deine Erinnerung nach und nach zurückkehrt?«
    Ich musste daran denken, wie sie mich wegen des Rauchmelders angeschrien hatte. »Nein, an viel mehr kann ich mich bis jetzt leider nicht entsinnen.«
    »Na ja, vielleicht ist das sogar ein Segen.«
    »Ich habe keinerlei Erinnerung daran, warum wir uns getrennt haben – es kommt mir alles so absurd vor. Was ich vor Gericht gesagt habe, war übrigens mein Ernst. Von wegen dass wir es noch mal miteinander probieren sollten …«
    »Jetzt mach aber mal ’nen Punkt, Vaughan – wir hatten wahrhaftig genug Zeit, uns zusammenzuraufen. Es war eigentlich schon lange vorbei.« Und dann stellte sie ihre Kaffeetasse ab, und ihr ganzer Habitus veränderte sich, als hätte sie beschlossen, ihre strenge, unnachgiebige Haltung aufzugeben. »Gott, wenn ich daran denke, was für einen Scheiß ich mir von dir habe gefallen lassen!«
    »He, es lag nicht nur an mir!« Ich hatte zwar nicht den geringsten Beweis für diese Behauptung, fühlte mich jedoch auch für nichts verantwortlich, woran ich mich nicht erinnern konnte. »Es gehören immer zwei dazu.«
    »Ja, das hat Dr. Crippen auch gesagt …«
    »Übrigens ist mir doch noch etwas eingefallen«, sagte ich triumphierend. »Mir ist eingefallen, wie künstlich du dich über Kleinigkeiten aufgeregt hast. Du bist zum Beispiel völlig ausgerastet, nur weil ich vergessen hatte, den Akku im Rauchmelder auszutauschen …«
    »Kleinigkeiten?«
    »Im Großen und Ganzen, ja. Ich verstehe einfach nicht, warum du deshalb ein solches Drama veranstaltet hast.«
    Sie sah mich an, als wäre ich ein Vollidiot. »Weil es gebrannt hat.«
    Zunächst hielt ich das

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