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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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jemand anders erwartet. Sie trug einen dunkelblauen Bikini. In der rechten Hand hielt sie eine Taucherbrille aus grünem Gummi, an der ein Schnorchel hing. Mit gespreizten Beinen, die linke Hand noch immer auf der Türklinke, stand sie vollkommen regungslos da, wie mitten in einer Bewegung erstarrt. Sie hatte dunkles, kurzgeschnittenes Haar und markante Gesichtszüge, dichte schwarze Augenbrauen, eine breite, gerade Nase, füllige Lippen und gesunde, aber etwas unregelmäßige Zähne. Ihr Mund stand halb offen, die Zungenspitze ruhte an der unteren Zahnreihe, als habe sie gerade etwas sagen wollen. Sie war kaum größer als einen Meter fünfzig, aber kräftig und harmonisch gebaut, mit einer ausgeprägten Schulterpartie, breiten Hüften und einer ziemlich schmalen Taille. Ihre Beine waren muskulös, die Füße kurz und breit und die Zehen gerade. Sie hatte eine sehr tiefe Sonnenbräune, und ihre Haut wirkte weich und elastisch, besonders am Bauch. Rasierte Achselhöhlen. Großer Busen und gewölbter Bauch mit dichtem Flaum, der auf der braungebrannten Haut sehr hell wirkte. Unter dem Beinausschnitt ihres Bikinis lugten, lang und kraus, einzelne schwarze Haare hervor. Sie war höchstens zwei- oder dreiundzwanzig. Nicht schön im herkömmlichen Sinn des Wortes, aber ein höchst funktionelles Exemplar der menschlichen Rasse.
    Fragender Blick aus großen dunkelbraunen Augen. Schließlich sagte sie:
    »Ja. Das bin ich. Wollen Sie zu mir?«
    In nicht ganz so fließendem Deutsch wie die Tante, aber fast.
    »Ich suche Alf Matsson.«
    »Wer ist das?«
    Sie verhielt sich insgesamt wie ein erschrockenes Kind, sodass es ihm unmöglich war, eine besondere Reaktion auf diesen Namen zu erkennen.
    Es konnte durchaus sein, dass sie ihn noch nie gehört hatte.
    »Ein schwedischer Zeitungsreporter. Aus Stockholm.«
    »Soll er hier wohnen? Hier sind gerade keine Schweden. Sie müssen sich irren.«
    Sie dachte einen Moment nach, runzelte die Augenbrauen. »Woher wissen Sie eigentlich meinen Namen?« Das Zimmer hinter ihr war ein ganz normales Pensionszimmer. Auf den Möbeln lagen nachlässig Kleidungsstücke verstreut. Ausschließlich Frauenkleidung, soweit er das sehen konnte. »Er selbst hat mir diese Adresse gegeben. Matsson ist ein Freund von mir.«
    Sie sah ihn misstrauisch an und sagte: »Wie eigenartig.«
    Er zog den Pass aus seiner Gesäßtasche und schlug die Seite mit Matssons Foto auf. Sie betrachtete es prüfend. »Nein. Den habe ich mit Sicherheit noch nie gesehen.« Einen Augenblick später fragte sie:
    »Haben Sie sich aus den Augen verloren?« Noch bevor Martin Beck etwas sagen konnte, hörte er Schritte hinter sich und trat zur Seite. Ein Mann in den Dreißigern ging an ihm vorbei ins Zimmer. Er hatte eine Badehose an, war unterdurchschnittlich groß, blond, sehr kräftig gebaut und genauso gebräunt wie die Frau. Der Mann stellte sich schräg hinter sie und spähte neugierig in den Pass. »Wer ist das?«, fragte er auf Deutsch.
    »Ich weiß nicht. Dieser Herr hat ihn aus den Augen verloren und glaubt, er sei hier eingezogen.«
    »Aus den Augen verloren«, wiederholte der Blonde. »Das ist nicht gut.
    Außerdem hat er seinen Pass nicht bei sich. Ich weiß, wie unangenehm das werden kann. Bin selbst in dieser Branche.«
    Er ergriff spielerisch unter das Gummiband ihres Bikinis, dehnte es, so weit es ging, und ließ es los, sodass es mit einem Knall zurückschnellte.
    Sie warf ihm einen strafenden Blick zu. »Wollten wir nicht zum Baden fahren?«, fragte der Mann. »Doch. Ich bin fertig.«
    »Ari Boeck«, sagte Martin Beck. »Den Namen kenne ich doch.
    Sind Sie nicht Schwimmerin?«
    Zum ersten Mal wurde ihr Blick unsicher.
    »Ich nehme an keinen Wettkämpfen mehr teil.«
    »Sind Sie nicht auch in Schweden geschwommen?«
    »Doch, ein Mal. Vor zwei Jahren. Ich wurde Letzte. Komisch, dass er Ihnen meine Adresse gegeben hat.«
    Der Blonde sah sie fragend an. Keiner sagte etwas. Martin Beck steckte den Pass wieder ein.
    »Nun, dann auf Wiedersehen. Entschuldigen Sie bitte die Störung.«
    »Auf Wiedersehen«, erwiderte die Frau und lächelte zum ersten Mal.
    »Hoffentlich finden Sie Ihren Freund«, sagte der Blonde. »Haben Sie es schon auf den Campingplätzen beim Römischen Bad versucht? Das ist hier oben, am anderen Flussufer. Da sind massenhaft Leute. Sie können mit einem Schiff hinüberfahren.«
    »Sie sind Deutscher, nicht wahr?«
    »Ja, aus Hamburg.«
    Der Mann zauste das dunkle, kurze Haar der Frau. Sie fuhr ihm mit

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