Der Mann, der sich in Luft auflöste
Handtaschenräubers. Sie kam mit dem Taxi, um Anzeige zu erstatten. Als sie hier eintraf, erhielt sie auf der Wache ihre Tasche zurück. Davon haben wir lange gezehrt.
Nun, wir werden es jedenfalls probieren.«
»Vielen Dank. Und auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen. Schade, dass wir es nicht geschafft haben, uns etwas informeller zu treffen.«
Martin Beck legte auf und dachte kurz nach. Dann bestellte er ein Gespräch nach Stockholm. Das kam nach zehn Minuten.
»Lennart ist weggefahren«, sagte Kollbergs Frau. »Er hat wie üblich nicht gesagt, wohin. Dienstlich, komme am Sonntag wieder, pass auf dich auf! Er hat das Auto genommen. Zum Teufel mit euch Polizisten!«
Also Melander. Diesmal dauerte es nur fünf Minuten, bis er seine Verbindung bekam.
»Hallo. Störe ich?«
»Ich bin eben zu Bett gegangen.«
Melander war berühmt-berüchtigt für sein Gedächtnis, seinen zehnstündigen Nachtschlaf und seine eigenartige Fähigkeit, ständig auf dem Klo zu sein.
»Bist du über den Fall Matsson informiert?«
»Ja, natürlich.«
»Finde mal heraus, was er am Abend vor seiner Abreise gemacht hat. Im Detail: wie er aufgetreten ist, was er gesagt hat, was er anhatte.«
»Heute Abend noch?«
»Morgen reicht.«
»Gut.«
»Tschüs dann.«
»Tschüs.«
Martin Beck war mit dem Telefonieren fertig. Er nahm Stift und Papier und ging nach unten.
Alf Matssons Gepäck stand noch in dem Raum hinter der Rezeption.
Er stellte die Schreibmaschine auf den Tisch, nahm die Haube ab, spannte einen Bogen Papier ein und schrieb: Reiseschreibmaschine Erika, mit Koffer. Gelbbraune Schweinsledertasche mit Riemen, ziemlich neu.
Er öffnete die Reisetasche und packte den Inhalt auf den Tisch. Schrieb weiter:
Hemd, schwarz-grau-weiß kariert Freizeithemd, braun Weißes Popelinehemd, frisch gewaschen, Wäscherei Metro, Hagagatan Hellgraue Gabardinehose, mit Bügelfalten Drei Taschentücher, weiß Vier Paar Strümpfe, braun, dunkelblau, hellgrau, weinrot Zwei bunte Unterhosen, grün-weiß kariert.
Ein Netzunterhemd.
Ein Paar hellbraune Wildlederschuhe.
Düster betrachtete er das strickjackenähnliche Ding, nahm es und ging damit zu der jungen Frau an der Rezeption. Sie war sehr hübsch, auf eine nette und unaufdringliche Art. Ziemlich klein, gute Figur, lange Finger, schöne Waden, schlanke Fesseln, einige wenige dunkle Härchen an den Schienbeinen, lange Schenkel unterm Rock. Keine Ringe an den Händen.
Er starrte sie gedankenverloren an. »Wie nennt man so etwas?«, fragte er. »Jerseyblazer«, antwortete sie.
Er blieb noch stehen, war mit den Gedanken ganz woanders. Die junge Frau errötete. Sie ging ans andere Ende des Empfangstresens, zupfte an ihrem Rock und rückte BH und Hüfthalter zurecht. Martin Beck begriff nicht, warum. Er ging wieder nach hinten, setzte sich an den Tisch und schrieb:
Dunkelblauer Jerseyblazer
58 Blatt Schreibmaschinenpapier A4
Ein Schreibmaschinenradiergummi
Elektrischer Rasierapparat, Marke Remington
»Der Nachtwanderer« von Kurt Salomonson
Kulturbeutel
Im Kulturbeutel:
Rasierwasser, Marke Tabac
Seifenstück, noch verpackt
Zahnpastatube, Marke Squibb
angebrochen Zahnbürste
Mundwasser, Marke Vademecum
Schmerztabletten mit Kodein, unangebrochene Packung
Eine Packung Präservative, Marke Venus, unangebrochen
Dunkelblaue Plastikhülle 500 $ in Zwanzigdollarscheinen 600 Skr in Hundertkronenscheinen neuen Typs
Geschrieben auf Alf Matssons Schreibmaschine.
Er packte alles ein, faltete das Verzeichnis zusammen und ging. Die junge Frau an der Rezeption sah ihn verwirrt an. Sie wirkte jetzt frischer als vorher.
Martin Beck ging ins Restaurant und nahm eine späte Mahlzeit ein. Noch immer mit dieser geistesabwesenden Miene. Der Kellner stellte eine schwedische Flagge vor ihn hin. Der Maestro kam an seinen Tisch und spielte ihm »Ach, Värmeland, du Schöne« ins linke Ohr. Er schien es gar nicht zu merken. Er trank seinen Kaffee in einem Zug aus, hinterließ, ohne die Rechnung abzuwarten, einen roten Hundertforintschein auf dem Tisch, ging auf sein Zimmer und legte sich schlafen.
19
Es war gerade mal ein paar Minuten nach neun, als der junge Mann von der Botschaft anrief.
»Sie haben Glück«, sagte er. »Es ist mir gelungen, in der Zwölf-Uhr-Maschine einen Platz für Sie zu buchen. Dann sind Sie um zehn vor zwei in Prag und haben fünf Minuten Zeit, die SAS-Maschine nach Kopenhagen zu erreichen.«
»Danke«, sagte Martin Beck.
»Derart kurzfristig noch einen Flug zu bekommen war
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