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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Zahnstocher. Er war sehr groß. Der andere, der am Tisch saß, hatte nach hinten gekämmtes Haar und einen lebhaften Blick. Beide waren in Zivil. Der am Tisch betrachtete Martin Beck kritisch und sagte:
    »Vor einer Viertelstunde habe ich in der Zeitung gelesen, dass du im Ausland bist und internationale Drogenringe sprengst. Und jetzt kommst du hier hereingeschneit und sagst Tag. Ist das etwa eine Art? Willst du was?«
    »Erinnerst du dich an eine Messerstecherei hier in Malmö, in der Nacht zum Dreikönigstag? An einen Kerl namens Matsson?«
    »Nein. Sollte ich das?«
    »Ich erinnere mich daran«, sagte der Mann am Fenster träge. »Das ist Mänsson«, stellte der Kommissar vor. »Er befasst sich mit... ja, was tust du eigentlich, Mänsson?«
    »Nichts. Ich wollte gerade nach Hause gehen.«
    »Genau, er tut nichts und will gerade nach Hause gehen. Also, Mänsson, woran erinnerst du dich?«
    »Das habe ich vergessen.«
    »Hast du noch mehr zu bieten?«
    »Nicht vor Montag. Ich habe jetzt Wochenende.«
    »Sag mal, musst du so schmatzen?«
    »Ich gewöhne mir gerade das Rauchen ab.«
    »Was weißt du noch von dieser Messerstecherei?«
    »Nichts.«
    »Gar nichts?«
    »Nein. Das war Backlunds Fall.«
    »Was hat er dazu gesagt?«
    »Weiß nicht. Er hat mehrere Tage hart ermittelt. War sehr verschwiegen.«
    »Du hast Glück«, sagte der Mann am Tisch zu Martin Beck. »Wieso?«
    »Na, dass du zu Backlund darfst«, erklärte Mänsson. »Richtig. Er ist allgemein beliebt. Kommt in einer halben Stunde. Zimmer 312. Zieh dir schon mal eine Wartenummer!«
    »Danke.«
    »Dieser Matsson, ist das der, nach dem ihr sucht?«
    »Ja.«
    »Ist er hier in Malmö?«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Es macht keinen Spaß«, sagte Mänsson missmutig. »Was?«
    »Mit so einem Zahnstocher.«
    »Dann rauch doch, verdammt! Es hat dich keiner gebeten, Zahnstocher zu essen.«
    »Soll ja welche mit Geschmack geben«, sagte Mänsson. Martin Beck kannte diese Art von Geplänkel nur zu gut.
    Irgendetwas hatte ihnen den Tag vermiest. Wahrscheinlich hatten ihre Frauen angerufen und genörgelt, dass sie nicht länger mit dem Essen warten könnten und ob es denn keine anderen Polizisten gebe.
    Er überließ sie ihrer schlechten Laune, ging in die Kantine und trank eine Tasse Tee. Er zog Szlukas Bericht aus der Innentasche seines Jacketts und las noch einmal die mageren Zeugenaussagen durch. Irgendwo hinter ihm fand ein Wortwechsel statt:
    »Entschuldigen Sie die Frage, aber ist das wirklich ein Mandeltörtchen?«
    »Was sollte es sonst sein?«
    »Eine Art Kulturdenkmal vielleicht. Fast zu schade zum Aufessen. Daran dürfte das Bäckereimuseum interessiert sein.«
    »Wenn Ihnen was nicht passt, können Sie ja woanders hingehen.«
    »Ja, zum Beispiel zwei Stockwerke tiefer und Sie wegen Abgabe lebensgefährlicher Waffen anzeigen. Ich bestelle ein Mandeltörtchen, und Sie geben mir eine steinzeitliche Missgeburt, die nicht einmal die Schwedischen Staatsbahnen servieren könnten, ohne dass die Lok rot wird. Ich bin ein sensibler Mensch ...«
    »Sensibel, so. Sie haben es sich doch selbst von der Theke genommen.«
    Martin Beck drehte sich um und entdeckte Kollberg.
    »Hallo«, sagte er.
    »Hallo.«
    Sie wirkten beide nicht sonderlich überrascht. Kollberg schob das bemängelte Gebäckstück beiseite und sagte:
    »Wann bist du gekommen?«
    »Gerade eben. Was tust du hier?«
    »Wollte mit einem gewissen Backlund reden.«
    »Ich auch.«
    »Eigentlich bin ich wegen einer anderen Sache hier«, sagte Kollberg entschuldigend.
    Zehn Minuten später war es fünf. Sie fuhren zusammen nach unten.
    Backlund erwies sich als älterer Mann von freundlichem, alltäglichem Äußeren. Er schüttelte ihnen die Hand und sagte:
    »Ah. Hoher Besuch. Aus Stockholm.«
    Er stellte ihnen Stühle hin, setzte sich und sagte:
    »Alle Achtung! Was verschafft uns die Ehre?«
    »Du hattest eine Messerstecherei in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar«, sagte Kollberg. »Ein gewisser Matsson war daran beteiligt.«
    »Ja, ganz richtig. Ich erinnere mich an die Sache. Sie ist abgeschlossen.
    Der Staatsanwalt beschloss, keine Anklage zu erheben.«
    »Was ist da eigentlich passiert?«, fragte Martin Beck.
    »Tja, was ist da passiert? Augenblick, ich hole den Vorgang mal eben.«
    Der Mann namens Backlund ging und kam nach zehn Minuten mit der gehefteten Kopie eines maschinengeschriebenen Berichts zurück. Es schien ein ziemlich dicker Vorgang zu sein. Backlund blätterte eine Weile in der Schwarte.

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