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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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stöhnte Therese.
    Eino gab Sonny einen verärgerten Wink.
    »Hol Paul Muotka. Du weißt, Vittulan porimetari.«
     

12
     
    Paul Muotka saß bequem zurückgelehnt in der Hollywoodschaukel vor dem Haus seines Sohns Rune, einem der ältesten Häuser des Viertels Vittulajänkkä. Er nippte an einer Tasse mit schwarzem Kaffee und biss von einem der auch für Diabetiker erlaubten Kuchen ab, den ihm eines seiner Enkelkinder an diesem Morgen vorbeigebracht hatte. Vor ihm lag ein Schreibblock, auf dessen Deckblatt mit Tusche geschrieben stand: Memoiren aus einem Rundfunkleben mit dem Untertitel Was hältst du davon?. Ein kommender Bestseller, wie ihm Hasse Oja und die anderen vom Lokalsender versichert hatten, aber zunächst musste er erst einmal fertig geschrieben werden. Sollte er den Zwischenfall mit Ragnar Lassinantti und Kekkonen mit reinnehmen? Sicher, es war witzig, der reinste Galgenhumor, aber vielleicht doch zu weit unter der Gürtellinie?
    Dagegen musste er auf jeden Fall von Gunnar Niska erzählen. Der Polizist hatte im gleichen Viertel gewohnt, war aber nicht gerade begeistert gewesen von der landläufigen Bezeichnung Vittulajänkkä, also Fotzenmoor. Sein Polizeikollege Sten Calla hatte laut getönt: »Nun komm schon, Gunnar, du wohnst doch selbst in Vittulajänkkä, du bist doch sozusagen Vittulan porimestari.« Und jetzt, nachdem Gunnar fort war, war es Paul Muotka, der den Titel im Volksmund übernommen hatte, der Bürgermeister des weiblichen Geschlechtsorgans. Was auf Finnisch natürlich besser klang.
    Mitten in diesen Überlegungen kam Sonny Rantatalo über den Rasen herangeschlendert.
    »Ja, ja«, sagte er, eine übliche Begrüßungsphrase unter den Tornedalern, die einander gut kannten. Nur eher unbekannten Personen gegenüber sagte man »Hej«. »Nun«, erwiderte Paul ebenso höflich. »Willst du für Esaias Vanhakoski übersetzen?«
    »Ist das der Typ, den ihr festgenommen habt?«
    »Ja, er möchte, dass Schwedisch für ihn in Meänkieli übersetzt wird.«
    »Aber er kann doch beide Sprachen fließend, oder?«
    »Er will uns ärgern«, erklärte Sonny grimmig. »Aber wir haben ja dieses Sprachengesetz. Der Anwalt hat es gefordert.«
    Paul setzte sich seine Nickelbrille auf und fuhr sich mit den Fingern durch den grauen Haarschopf. »Mie tulen«, sagte er.
     
    Eine gute Stunde später konnte das Verhör wieder aufgenommen werden. Das Bandgerät drehte sich.
     
    THERESE FOSSNES: Erzählen Sie mir, wo Sie sich in der letzten Woche aufgehalten haben.
    PAUL MUOTKA: Sano mita sie olet tehny viimi viikon.
    ESAIAS VANHAKOSKI: Mistäs tet löysittä kissan?
    PAUL: Wo habt ihr die Katze gefunden?
    THERESE: In der Scheune.
    PAUL: Navetasta.
    ESAIAS: Nistä paikkaa navetassa?
    PAUL: Wo in der Scheune?
    THERESE: Darüber sprechen wir, wenn Sie mit uns zusammenarbeiten.
    PAUL: Met sanoma jos sie alat yhtheishomhiin meän kansa.
    (Schweigen.)
    THERESE: Nun?
    PAUL: No?
    (Langes Schweigen.)
    ESAIAS: Mie olen ollu kotona.
    PAUL: Ich war zu Hause.
     
    Anderthalb Stunden später machten sie eine Kaffeepause. Therese fühlte sich erschöpft, als zöge eine Sommererkältung auf. All dieses Finnisch. Eine Steinzeitsprache, dachte sie, rülpsende Diphthonge und hart rollendes R. Sie versuchte dem Dolmetscher zuzuhören, versuchte diese fremde Sprache rein musikalisch zu erfühlen, aber sie war stumm und tot. Therese verstand nur einzelne Worte, die aus dem Schwedischen entliehen sein mussten: semesteri, arbetsförmeetlinki, viiteofilmi, bensiini. Man nahm das schwedische Wort, fügte hinten ein i dran, und schwups wurde es finnisch. Esaias Stimme war dunkel und etwas rau, ab und zu hustete er, dabei starrte er unverwandt auf den Tisch und sprach irritierend langsam, als bräuchte er Zeit, um nachzudenken. Pauls Übersetzung kam schnell, sie hatte angenommen, er würde viel radiohafter klingen, nach all den Jahren als lokaler Rundfunkreporter. Aber im Gegenteil: Er hatte einen ausgeprägten Dialekt, als wäre sein Mund anfangs für das Finnische konstruiert worden, er schmetterte das Schwedische fast, als bliese er in eine Trompete.
    Sie hatten sich auf das Alibi konzentriert. Es gab keins. Während des Marktwochenendes hatte der Festgenommene sich in Pajala aufgehalten, soviel war klar, aber was er genau gemacht hatte, das war nicht so einfach zu sagen. An einem Abend hatte er sich einen Videofilm bei OK ausgeliehen und ihn angesehen, allein, am anderen Tag hatte er angeblich geangelt oder war im Wald spazieren

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