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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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Tornedalfinnischen nicht?«
    »Jetzt brechen wir lieber ab«, warf Kenneth Mikko ein.
    »Der Alte hat das Meänkieli gehasst«, sagte Esaias. »Er hat versucht, alles kaputt zu machen, was wir erreicht haben.«
    Genau in dem Moment klingelte Eino Svedbergs Handy. Eino versuchte so zu tun, als wenn nichts wäre, bis ihn alle im Zimmer mit größter Verwunderung ansahen. Wie ein großer, irritierter Bär tapste er hinaus. Kurz darauf war er zurück und winkte Therese und Kenneth Mikko zu sich. Sie folgten ihm nach draußen. Eino gab Therese das Telefon, sie lauschte, reichte es dann an den Anwalt weiter.
    »Jaha?«, fragte Eino.
    »Tja, das war's dann wohl«, sagte Kenneth Mikko.
    Therese ging zurück ins Vernehmungszimmer und räusperte sich.
    »Das war der Staatsanwalt. Das Labor hat die vorläufige Analyse beendet. An der Axt war tierisches Blut. Genauer gesagt Elchblut.«
    »Sowie Elchhaar«, schmunzelte der Anwalt wie ein Weihnachtsmann. »Sie können nach Hause gehen, Esaias.«
    » Berrgele«, dachte Therese.
     

13
     
    Am gleichen schönen Abend um zwanzig nach sieben parkte ein schwarzglänzender Mercedes vor einem finnischen Rauchstubenhaus im Ort Laukuluspa, dreißig Kilometer westlich von Kiruna Richtung Nikkaluokta. Der 69jährige Sune Niska saß in seinem alten Duxsessel, kaute auf seiner russischen Pfeife und schaute sich die Lokalnachrichten an. Ein Tanklastwagen war am Måttsund umgekippt. Das gesamte Fahrzeug war von einem Berg von Schaum bedeckt, ein Feuerwehrmann wurde interviewt, er bewertete die Explosionsgefahr als hoch. Sein Kirunadialekt schlug durch, es war wohl zwanzig Jahre her, seit er nach Luleå gezogen war. Lage, der jüngste Sohn des Bruders. Ein guter Junge. Das Bild war etwas körnig, Sune stand auf und justierte die Tischantenne. Im gleichen Moment merkte er, dass jemand das Haus betreten hatte.
    Es war eine Frau in einem hellen Sommermantel. Dünne Autohandschuhe, auf dem Handrücken perforiert. Große, viereckige Brille, die das halbe Gesicht verdeckte. Sie zeigte auf ihren Hals und tat so, als leere sie ein Glas. Wasser, dachte Sune. Sie muss wohl durstig sein.
    Er schlurfte auf seinen Pantoffeln in die Küche. Holte ein Duralexglas aus dem Küchenschrank und drehte den Wasserhahn auf. Ließ das Wasser eine Weile fließen, damit es kalt wurde. Sie nahm das Glas, behielt dabei aber die Handschuhe an. Trank nicht, lächelte aber zum Dank. Es blitzte zwischen den Lippen auf, sie hatte Goldzähne. Sie ist wohl Russin, dachte er. Er hatte Ähnliches bei Damen in Murmansk gesehen, bei einer Busreise dorthin mit alten Kommunisten.
    »Kak dila?«, versuchte er es mit seinem Touristenrussisch.
    Sie antwortete nicht, trat aber näher. Machte wieder eine Handbewegung zum Mund hin, griff ihn am Arm. Ob sie hungrig war, wollte sie etwas essen?
    Sune wand sich aus ihrem Griff und ging zum Fernseher zurück, er wollte das Wetter nicht verpassen. Aus dem Augenwinkel heraus nahm er flüchtig eine Bewegung wahr. Jemand stand im Schlafzimmer. Verblüfft ging er hin und sah einen fremden Mann in der untersten Kommodenschublade wühlen. Er war lang und mager, mit schwarzem Schnurrbart und Sonnenbrille. In der Hand hielt der Mann etwas, das glänzte. Er hatte die LKAB-Uhr gefunden. Echtes Gold, der Name der Firma war eingraviert, nach 33 Jahren in der Grube zur Pensionierung überreicht.
    »Verdammt noch mal!«, rief Sune aus und trat einen Schritt näher, genau als die Flasche fiel. Sie kam mit rasender Fahrt direkt vom Himmel, von hinten, und traf seinen Schädel, dass das Zimmer explodierte. Und gleich folgte der nächste Schlag. Er sah, wie die Frau direkt hinter ihm trippelte und die Flasche ein drittes Mal hob.
    Sune Niska dachte, tällä laila, jetzt also. Jetzt also ging es ans Sterben. Er hatte schon einmal so gefühlt. An einem Freitagmorgen war es gewesen, 686 Meter über dem Meeresspiegel, im brüllenden Erz, er war dabei, 25-Tonnen-Fördereimer zu füllen. In der Luft lag nach der nächtlichen Sprengung noch ein leichter Brandgeruch. Die Nacht der Berge von allen Seiten, das raue Eisen des Bergs. Scheinwerfer huschten über die Erzmassen. Das Hinterrad stieß sich mit seiner Urkraft ab. Und dann ein Geräusch. Mitten im Lärm. Ein kleiner Schlag aufs Dachblech, ein leichter Hall dort oben. Sune hielt inne. Mehr geschah nicht, und er wollte eigentlich schon weitermachen. Aber da war etwas in der Luft, eine Unruhe. Ein Druck. Er fuhr zurück, obwohl der Fördereimer noch nicht ganz voll

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