Der Mann, der starb wie ein Lachs
grob wie die, die man im Kartoffelacker fand. Mitten auf dem Steinhaufen thronte eine kleine Buddhastatue aus Messing, mit gekreuzten Beinen, zwei Finger einer Hand in einer zierlichen Geste erhoben. Gewaltlosigkeit. Nirwana.
Die Wände waren übersät mit Papieren, ein Grundriss der Cheopspyramide, ausgerissen aus einer populärwissenschaftlichen Zeitschrift, das Plakat eines amerikanischen Indianerhäuptlings in voller Federpracht, aufgenommen 1912, eine Mandalareproduktion, gekauft bei Vattumannen in Stockholm, ein eingerahmtes Papyrusgemälde mit dem jungen Tutenchamun und seiner jungen Ehefrau in liebevoller Berührung. Therese hörte die Treppe knarren und sah Lundin, der die Türöffnung ausfüllte.
»Ich mache jetzt Mittag«, sagte er.
»Habt ihr hier den Artikel über den Mord gefunden?«, fragte sie. »Den über Martin?«
»Ja, auf dem Schreibtisch. Er hatte jede Menge Steine draufgelegt, sah richtig krank aus.«
»Wieso?«
»Na, wie ein Grabhügel.«
Lundin zog sich die verschwitzten Plastikhandschuhe aus. Scheiße, jetzt kriege ich noch Hautpilz, dachte er.
»Ich kann das Rentierfleisch im Hotel wirklich empfehlen«, sagte Therese. »Mit cremiger Soße. Der Koch heißt Joel.«
»Glaubst du, dass wir den Richtigen erwischt haben?«, fragte Lundin.
»Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Komm doch mit zum Verhör, jetzt werden wir ihm die Daumenschrauben anlegen.«
Esaias Vanhakoski weigerte sich, ihnen in die Augen zu sehen, aber seine Finger begannen an allem zu zupfen. Die Sucht nach Snus, dachte Therese triumphierend, jetzt ist die Dose leer.
»Vermissen Sie etwas?«, fragte sie mit ihrer sanftesten Frauenstimme. »Wir können Ihnen helfen, Esaias, aber dann müssen Sie mit uns reden.«
Er tat, als höre er nichts.
»Wir haben uns in Ihrem Haus umgesehen. Sie müssen uns sagen, wer sich darum kümmern soll, solange Sie fort sind. Im Kühlschrank stehen Lebensmittel, die verderben können.«
Der Lachsgeruch saß ihr immer noch in den Händen. Esaias verzog das Gesicht, und sie wusste, er würde kommen. Er war auf dem Weg.
Aber es war Dagewitz, dem es gelang, den Schlüssel umzudrehen.
»Wir haben in der Scheune eine tote Katze gefunden.«
Esaias hob den Kopf und starrte Therese direkt in die Augen. Ein Hass, so intensiv, dass sie schlucken musste.
»Mie tartten tulkin«, sagte er.
»Wie bitte?«, fragte sie.
Eino hustete im Hintergrund. Das klang nicht natürlich. Therese schaute von ihm zu Sonny hinüber, dann sah sie wieder Esaias an.
»Was haben Sie gesagt?«
»Mie tartten tulkin.«
Der Anwalt beugte sich hastig vor.
»Die Dame versteht kein Finnisch.«
»Der Festgenommene sagt also …«, übersetzte Eino. »Er möchte einen Dolmetscher haben.«
»Einen Dolmetscher?«
»Ja, einen, der übersetzen kann.«
»Nun hör aber auf«, zischte Therese, »ins Chinesische oder was?«
Dagewitz versuchte es noch einmal:
»Also, wie gesagt, haben wir eine tote Katze in der Scheune gefunden …«
»Sano se meänkielelä«, unterbrach Esaias ihn.
»Er möchte, dass du das auf Finnisch sagst«, übersetzte Eino.
»Auf Tornedalfinnisch«, korrigierte Sonny.
Eine Weile herrschte sonderbares Schweigen. Zum Schluss räusperte Kenneth Mikko sich.
»Hm … Mein Mandant hat das Recht auf einen Dolmetscher.«
»Aber er ist doch Schwede!«, widersprach Therese.
»Tornedalfinnisch ist vom Schwedischen Reichstag als Minoritätensprache anerkannt worden. Also hat er innerhalb des Distrikts von Pajala das Recht auf Hilfe durch einen Dolmetscher.«
»Aber Sie können doch übersetzen«, sagte sie dem Anwalt.
Kenneth Mikko breitete die Arme aus.
»Ich bin nicht autorisiert.«
»Aber Sie sind doch Tornedaler, oder?«
»Mir wäre es lieber, wenn jemand dazukäme.«
»Okay«, sagte Therese verbissen. »Eino kann übersetzen, ist das in Ordnung?«
»Natürlich kann ich übersetzen«, sagte Eino. »Mie käänän.«
Esaias schüttelte den Kopf, schief grinsend.
»Mie tartten puoluettoman tulkin.«
»No mitäs perkele sie höpiset«, zischte Eino, »kyllä piru vietä mie tiiän ette sie ossaat ruottia! Verflucht, ich weiß ganz genau, dass du Schwedisch kannst!«
»Puoluettoman tulkin«, wiederholte der Anwalt lächelnd. »Ein neutraler Dolmetscher.«
»Ja, meine Fresse, er will einen neutralen Dolmetscher«, nickte Eino, »aber das ist doch alles nur Quatsch, es wissen doch alle, dass der Kerl Schwedisch kann!«
»Er will uns nur ärgern«, nickte Sonny.
»Regel das«,
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