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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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gegangen. Ein paar Freunde hatten ihn besucht, er hatte bei seinen Eltern vorbeigeschaut oder nach Reserveteilen für den Schneescooter telefoniert, den er gerade reparierte.
    Er weigerte sich, einen Kommentar zu Axt und Messer abzugeben. Das Auto gehörte ihm, das gab er zu, aber was im Kofferraum gelegen hatte, dazu wollte er keine Angaben machen. Nicht, bevor sie ihm nicht von der Katze erzählt hatten.
    Nach der Kaffeepause fingen sie noch einmal an. Therese spürte den Kaffeegeschmack, auf der Zunge, sie bohrte ihren Blick in den Festgenommenen. Ungepflegt. Bartstoppeln und sonnengebräunte Wangen, aber eine fast weiße Stirn, wie man sie bekommt, wenn man immer eine Mütze trägt. Grobporige Nase, ölige rote Lippen, die sich nach einem Snus sehnten. Er war keine Schönheit, aber direkt hässlich war er auch nicht, er hatte etwas Wildes, Spannendes an sich. Er ähnelte einem dieser jungen TÜV-Angestellten, die man für sich zu gewinnen versuchte, aber sofort vergaß, sobald das Auto die Untersuchung bestanden hatte. Austauschbar. Unterklasse, dachte sie. So sieht es hier oben aus. Billiger finnischer Wodka und Canal Plus.
    Aber gleichzeitig gab es da etwas Verschlagenes. Er war nicht zu fassen, wie eine eingeseifte Schildkröte war er, man rutschte mit den Fingern vom Panzer ab. Genau wie Sonny gesagt hatte – er wollte sie ärgern. Er hatte Garam Masala in der Speisekammer und einen hübschen Hintern, Jetzt fangen wir aber an, dachte Therese.
    »Die Katze lag in einem der Milcheimer«, sagte sie. »Lundin hat sie gefunden, sie war vollkommen mumifiziert, nur noch die Knochen und das Fell.«
    »Vielleicht hat sie ja Ratten gejagt«, schlug Sonny vor. »Und dabei ist sie reingefallen und konnte nicht wieder raus.«
    Esaias starrte auf einen Punkt an der Wand. Während Paul Muotka übersetzte, holte Sonny ein kleines Halsband aus rotem Leder hervor. Mit Filzstift stand »Issi« darauf. Er legte es auf den Tisch. Esaias Hand begann sich zu bewegen, sie kroch wie eine Spinne vor und ergriff die kleine Metallspange. Fingerte mit den schwarzgeränderten Fingernägeln daran herum. Therese sah, wie sich das Tauwetter näherte.
    Gleich weint er, dachte sie und hielt den Atem an. Gleich löst sich alles.
    »Was haben Sie von Martin Udde gehalten?«, fragte sie.
    »Se oli …«, setzte Esaias an.
    »Können wir das nicht auf Schwedisch machen«, unterbrach sie ihn und versuchte ihre Stimme so weich und mütterlich wie möglich klingen zu lassen.
    »Ruottiksi«, übersetzte Paul Muotka geduldig. »Kiitos.«
    »Ro å tixi«, wiederholte Therese. »Ro å tixi, gid å s …«
    Esaias hob den Kopf und starrte sie plötzlich geradewegs an. Klare blaue Augen, die tote Eishaut leuchtete auf und schmolz, der Blick wurde mit einem Mal vollkommen weich und offen. Darin liegt Wehmut, spürte sie, Trauer. Und Intelligenz.
    Finnisch, dachte sie. Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich Finnisch gesprochen habe.
    »Issi war wie verrückt hinter Ratten her«, sagte er zögernd.
    Sein Schwedisch war fehlerfrei, hatte jedoch etwas Schweres, Wiegendes an sich mit dicken Konsonanten und betont offenen Vokalen. Nicht Ingemar Stenmarks Dialekt, dachte sie. Nicht so tänzelnd und weich, sondern eine steifere Zunge weiter hinten im Mund.
    »Gid å s«, wiederholte sie.
    »Kiitos«, korrigierte er ihre Aussprache. »Zwischen g und ka, zwischen Ecke und Egge.«
    »Kid å s«, versuchte sie. »Kiit å s.«
    Eino und Sonny war der Unterkiefer heruntergefallen, sie schielten zum Anwalt und zum Dolmetscher hinüber. Therese brachte sie mit einem kurzen Seitenblick zum Schweigen und fuhr ebenso sanft fort:
    »Wie gut kannten Sie Martin Udde?«
    »Geht so.«
    »Aber Sie wussten, wer er war?«
    »Mm.«
    »Was hielten Sie von ihm?«
    »Er war ein Schwein.«
    »Ein Schwein?«
    »Er war böse. Ein böser Mensch.«
    Kenneth Mikko räusperte sich und beugte sich über das Aufnahmegerät:
    »Ich würde mich gern mit meinem Mandanten besprechen …«
    Esaias Vanhakoski schaute sich trotzig im Raum um.
    »Ihr wisst alle, wie er war. Er hat die Leute getriezt, als er noch Zöllner war. Und als er in der Jugendbehörde saß, verdammt, wie hat er da seine Macht genossen. Ist bei armen Familien aufgetaucht und hat sie gedemütigt, das hat ihm gefallen.«
    »Es wird behauptet, Sie hätten ihn bedroht«, sagte Therese.
    »Es wird so viel behauptet.«
    »Udde hat Sie wegen Bedrohung angezeigt. Offensichtlich gefielen Ihnen seine Ansichten hinsichtlich des

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