Der Mann, der starb wie ein Lachs
klang steif und eingeübt. Er musste es den ganzen Morgen wiederholt haben. Therese holte ihre eingecheckte Reisetasche, bevor sie in sein von der Sonne aufgeheiztes Dienstauto stiegen und durch den Wald zur Stadt hin fuhren. Eino, wie der Polizist hieß, saß die meiste Zeit schweigend da und nahm eine auffallend entspannte Haltung ein. Er ist es gewohnt, Auto zu fahren, dachte sie. Lange Ausfahrten mit viel Zeit für eigene Gedanken. Doch plötzlich bremste er scharf.
»Piru …«
Pii … roo …, wiederholte sie wortlos das Wort. Gleichzeitig kreuzten die Tiere die Fahrbahn ohne jede Eile, grau wie Steine. Die Geweihspitzen wogten, während sie sich daran machten, das Gras im Graben zu fressen.
»Rentiere?«, fragte sie.
»Du bist hier in Tornedal«, bestätigte er.
Er hat Finnisch gesprochen, dachte sie und wollte sich das merken. Rentiere hieß piru. Ihr Fotoapparat lag in der Tasche im Kofferraum, aber sie wollte ihn nicht bitten, anzuhalten. Es wäre zu peinlich gewesen. Sie würde später herfahren und fotografieren. Das wäre wirklich etwas, um es Doris zu mailen.
Das Gerichtsgebäude von Pajala war ein wuchtiges rotes Ziegelgebäude, das auf einer kleinen Anhöhe mitten in der Gemeinde stand, umgeben von Birken und Ebereschen inmitten eines Rasens. Mo-Fr 9-12, 13-15 Uhr war auf einem Schild an der Eingangstür aus dunklem Holz zu lesen. Therese wurde von Eino zu einem Büroraum gebracht, der schnell eingerichtet worden war, ein Schreibtisch, ein Telefon, eine elektrische Schreibmaschine aus den Achtzigern.
»Dein Dienstwagen«, sagte eine Stimme.
Ein Schlüsselbund fiel auf die Tischplatte. Sie drehte sich um und begegnete einem kurzen Lächeln, hellblondes Haar, militärisch kurz geschnitten, ein gestutzter Schnauzer und kräftige Kiefermuskeln. Sein Handschlag war sehr fest, als wollte er seine Unsicherheit verbergen.
»Sonny Rantatalo«, stellte er sich vor, »Polizeianwärter. Svedberg hast du ja schon kennen gelernt.«
Eino Svedberg war der Grauhaarige, der sie abgeholt hatte. Sie setzten sich alle drei in einen kleinen Konferenzraum, der nach altem Klassenzimmer roch. Ein Fenster stand einen Spalt offen, dennoch war es warm und feucht.
»Ja, also, ich bin Therese Fossnes, von der Kriminalpolizei.«
Eino schaute schweigend auf den Tisch. Sonny erwiderte ihren Blick und versuchte ungerührt auszusehen. Aber die zuckenden Wangenmuskeln verrieten seine Nervosität.
»Als Erstes möchte ich den Tatort sehen«, sagte sie. »Die Spurensuche ist sicher noch damit beschäftigt?«
»Ja, sie sind gestern aus Luleå gekommen.«
»Habt ihr schon die Nachbarn befragen können?«
»Ja, einige. Mehrere sind verreist, sitzen sicher in ihren Sommerhäusern.«
»Und die Frau, die die Leiche gefunden hat?«
»Rauha Jauhojärvi, sie arbeitet als Haushaltshilfe für die Gemeinde. Sie ist heute zu Hause, krank geschrieben. Wir haben mit ihr gesprochen, aber sie war nicht in der Lage, viel zu sagen.«
Sonny war derjenige, der ihre Fragen beantwortete, während er gleichzeitig eine Schreibtischunterlage zurechtschob, bis sie genau parallel zur Tischkante lag. Anschließend wandte sie sich direkt an Eino, um ihn ins Gespräch einzubeziehen.
»Habt ihr irgendwelche Zeugen gefunden?«
»Nun, das kommt ganz darauf an …«
»Worauf?«
»Das Ganze scheint ja am Wochenende passiert zu sein. Und es war ein ganz besonderes Wochenende. Wenn man es so sagen kann.«
Er sprach langsam, fast übertrieben korrekt. Als suche er nach Worten, drehe und wende er jedes einzelne, bevor er sich traue, sie zu benutzen. Dabei war ein deutlicher Akzent zu hören, eine finnische, singende Sprachmelodie.
»Wenn man was sagen kann?«
»Pajala-Markt. Am Wochenende fand der Pajala-Markt statt.«
»Und?«
Jetzt mischte sich Sonny ein.
»Ja, du bist nicht von hier. Das ist der größte Sommermarkt vom Norrbotten, mehr als dreißigtausend Besucher. Die Leute kommen aus dem ganzen Land, sogar aus dem südlichen Schweden.«
»Alle, die weggezogen sind«, ergänzte Eino.
»Der Pajala-Markt ist ein Wahnsinnsgetümmel«, fuhr Sonny fort, »mit Leuten und Marktständen überall. Die ganze Stadt ist voll. Da wird es nicht so leicht sein, die Nadel im Heuhaufen zu finden.«
»Deshalb bin ich ja hier«, erwiderte sie kurz und stand auf. »Ich möchte um sechzehn Uhr alle Diensthabenden hier haben. Und bis dahin möchte ich eine Liste aller Zeugenaussagen, ihr wisst schon, Autos, Menschen, die in der Gegend gesehen worden sind,
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