Der Mann, der starb wie ein Lachs
Arm zu bremsen, es gelang ihm, zur Seite zu rollen, bekam das Gewicht schräg aufs Schulterblatt. Er fiel ganz zu Boden, knurrte vor Schmerzen. Sie hob wieder den Kastenstuhl. Sune ergriff die abgeschlagene Flasche, die auf dem Boden entlangrollte. Spannte seinen schmerzenden Arm an. Und dann stieß er zu. Bohrte die Spitzen tief in ihre Wadenmuskeln. Sie blieb reglos stehen, den Stuhl in den Händen, und keuchte nur. Die Farbe floss aus ihr heraus, im nächsten Moment war sie ganz weiß im Gesicht. Schwankte. Ließ den Stuhl fallen. Stützte sich an der Küchenwand ab.
»Gib mir die LKAB-Uhr zurück«, sagte Sune müde.
Sie verlagerte das Gewicht verblüfft auf das gesunde Bein. Schaute nach unten, sah, wie sich ihre helle Sommerhose rot verfärbte. Der Mund wurde unbeholfen in Zickzackform geschlossen. Hüpfend drehte sie sich um, trippelte auf einem Bein wie ein Vogel, stützte sich an Regalen und Wänden ab und erreichte überraschend schnell die Haustür. Sune streckte vorsichtig seinen geschundenen Körper, verzog das Gesicht, holte die letzten Reste der kaputten Zahnprothese heraus und legte sie auf den Spültisch. Blut und Spucke bildeten einen langen Faden. Er schaute sich suchend um, sein Blick fiel auf den Hammer des Vorsitzenden. Der stand auf der Fensterbank, sorgsam geschnitzt von Rolf Suup, aus Geweih und Birkenwurzel. Als Dank von Kiruna AIF, stand eingraviert darauf. Der Schaft lag weich wie Samt in der Hand.
Die Frau hatte die Autotür öffnen können und zwängte sich auf den Fahrersitz. Eine dicke Blutspur schlängelte sich über den Hof.
»Schtehnbleiben!«, nuschelte er ohne Zähne im Mund und eilte zu ihr. Sie schloss die Wagentür von innen und zog den Zündschlüssel heraus, ihr Haar fiel ihr vors Gesicht, lang und blondiert. Sune rüttelte am Türgriff, klopfte gegen die Scheibe. Mit zitternden Handschuhen bekam sie den Schlüssel ins Zündschloss, der Motor startete mit einem Brummen. Sune trat einen Schritt zurück und schlug mit dem Vorstandshammer zu. Das Seitenfenster zersplitterte. Mit Panik im Blick schaffte sie es, den Gang einzulegen, und versuchte mit dem gesunden Fuß Gas zu geben. Sune steckte die Hand in den Wagen und packte sie beim Haarschopf. Der löste sich. Mit der Perücke in der Hand stand er da, während das Auto im ersten Gang davonzuckelte. Er trottete hinterher und hatte sie schon bald eingeholt, während ihr gesunder Fuß hektisch zwischen Kupplung und Gaspedal hin und her wechselte. Erneut mit der Faust durch die Scheibe hinein, der Hammer, der gegen die Schläfe schlug. Wie eine Stoffpuppe sank die Frau über dem Lenkrad zusammen. Das Auto tuckerte und rollte weiter. Langsam fuhr es über den Hof, während Sune dastand und keuchend nach Luft rang. Der Wagen kroch auf den Kartoffelacker zu, neigte sich zur Seite und fuhr mit hüpfender Federung über das Feld, wie ein alter Trecker, auf den Waldrand zu, an diesem sonderbar ruhigen Sommerabend.
14
Esaias Vanhakoski schlug die Türen des Gerichtsgebäudes auf und atmete tief durch, sog befreit den Sommer in sich ein. Dann breitete er die Arme wie ein Musicalsänger aus, nahm elegant Anlauf mit einem Bein und hob von der Steintreppe ab. Einen ganzen Meter, senkrecht in die Luft, wie von einem großen Trampolin, was für ein Riesensprung, der reinste Katapultsprung, der ihn immer höher führte, jetzt bereits vier Meter über den Boden, und immer weiter hinauf, wie ein Stein in einem Katapult, hoch über die Ebereschen und den Soltorget mit Freilichtbühne und Sonnenuhr, ein zischender Feuerwerkskörper am blauen Himmel mit dem gesamten Zentrum von Pajala wie ein Autospielteppich unter sich, ein segelnder Rabe mit einem sanften Wind von Finnland, und weit dort unten ist Joakim Niemi zu sehen, wie er sein Fahrrad am Torgkiosk abstellt, um seinen Wettschein abzugeben, Matti Kauppi tritt mit verwundertem Blick aus seinem Kleidergeschäft heraus, hinten am Bykrogen steht Per-Arne Ylipää und zeigt erstaunt nach oben, ruft über die Kreuzung hinweg Anders Karvonen etwas zu, der vor dem Farbengeschäft eine Tüte mit Gips fallen lässt, und vorm Ica steht Sara Forsström mit Sonnenleuchten in ihrem Luciahaar, während Kurt hinten an Nygårds Baumarkt Holzlatten abliefert, und Esaias steigt höher und immer höher, hoch über den Friedhof, auf dem Lars Levi Laestadius' Grabplatte wie eine graue Briefmarke im Gras liegt, weiter bis zum Kirchturm mit seinem glänzenden Goldkreuz, es folgt ein Bogen um die
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