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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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Häkelnadel des Blitzableiters, und dann geht es hinaus über den Fluss, hoch über den Fluss, über den blau getönten Torneälven mit seiner Pylonbrücke wie eine enge Haarspange, der wogende Fluss, die sich ruhig dahinschlängelnde Wasserkette, die sich durch die Wälder erstreckt, bis sie plötzlich zu Schnellen gepeitscht wird, zu geiferndem Schaum in der Stromschnelle von Kengis, wo Björn Solberg an einem Kabelgraben steht und eine Kupfermünze in der Hand dreht, ganz klein und angelaufen, aus uralten Zeiten, und da wenden wir abrupt in einer aufbrüllenden Bremsschaltung, die G-Kraft schwer wie eine Autobatterie auf dem Brustkorb, und öffnen die Klappe zur Nachbrennkammer, so dass der Himmel weiße Kreidestreifen von den Jetstrahlen bekommt, zurück zur Stadt, eine lärmende Mig, die auf den Boden zusteuert, eine Missil aus Silber, die sich auf Kopfhöhe nähert, nein, tiefer, sie streift den Asphalt des Stengborgsvägen und fegt den Staub mit ihrer Druckwelle fort, dass die Scheiben erzittern und zu platzen drohen, ein brüllender Donnerkeil fährt durch das Viertel, dicht an den Hausfassaden vorbei, dass die Holzwolle in den Wänden erzittert, Blumentöpfe herunterfallen und zerbrechen, dass Hunde aufheulen und sich verstecken, sich das Laub aus den Traubenkirschen löst und im tornadogleichen Rücksog wirbelt, bis die Schnauze sich wieder hebt und in die Luft zeigt, sich wie im Puderschnee herausgräbt, bis die Skispitzen nach draußen ragen und er wie ein finnischer Skispringer über das betagte Altersheim Solåsen segelt, vornübergebeugt in seinem silberblauen Trainingsanzug, in einem weiten Bogen über das Gemeindebüro, vor dem Bengt Niska rittlings auf seinem Fahrrad sitzt, und wir spüren den Wind, den Wind der Freiheit, und genau in dem Moment lösen sich die Skier und fallen hinunter wie japanische Essstäbchen in der kleinen Wasseransammlung der Sonnenuhr, und kurz vor dem Aufprall sieht man, wie sich eine Haut über dem Himmel entfaltet, ein weitgestreckter Traum aus Dacronfiber und Seide, und sanft wie eine Samenkapsel sinkt Esaias Vanhakoski mitten in den aufgeschlagenen Blütenblättern des Fallschirms zur Erde, und wie baumwollweiche Stempel treffen seine Füße mit einem Seufzer auf die Treppe des Gerichtsgebäudes.
    Esaias spürte den Wind im Haar. Er ging nach Pajala hinein. Es war ein östlicher Wind, er kam aus Finnland.
    Therese sah ihn verschwinden, die Jacke lässig über die Schulter geworfen. Nicht ein einziges Mal schaute er sich um.
    »Glaubst du, er war es?«, fragte Eino.
    Sie riss sich vom Fenster los, massierte die Schläfen.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Glaubst du es?«
    »Er hat den Alten gehasst«, sagte Eino.
    Sie schaute noch einmal Esaias hinterher, seinem geschmeidigen Gang. Seiner Taille und seinem festen Hintern. Er hatte etwas Besonderes an sich. Eine bestimmte Farbe.
     

(UMFRAGE)
     
     
    THERESE
     
    Doch, vielleicht. Aber nur im äußersten Notfall. Angenommen, man freundet sich mit einem netten, aber sehr ängstlichen Mädchen an, nennen wir sie Doris. Sie hat eine geheime Telefonnummer und will nicht verraten, wo sie wohnt. Aber man kriegt es trotzdem heraus und geht eines Abends zu ihr nach Hause. Da steht ein BMW-Cabrio vor dem Haus. Und als man näher kommt, entdeckt man, dass die Terrassentür aufgebrochen ist. Im Wohnzimmer steht ein Kerl in einem eleganten Mantel, der aussieht wie ein Schwein. Sein Kopf ist rasiert, so dass sich die Fettrollen gut sichtbar im Nacken wölben. Er redet mit ihr. Sie liegt auf dem Boden, mit frischen Verletzungen im Gesicht, sie ist vollkommen still, hört ihm aufmerksam zu. Er sagt mit leiser, ruhiger Stimme, dass sie eine Hure ist, ein billiges Luder und so weiter, und dass er sie umbringen werde. Man bekommt den Eindruck, dass die beiden einander gut kennen. Dass er lange nach ihr gesucht hat. Sie bewegt sich nicht, starrt ihn nur mit schwarzen Pupillen an, um zu sehen, wann er wieder zutritt.
    Man läuft zum Gartenschuppen, überlegt und nimmt dies und das zur Hand. Der Spaten ist zu schwer, der Rechen zu lang und zu leicht, aber da gibt es eine griffige Gartenaxt, die perfekt in der Hand liegt. Ganz leise schleicht man durch die Terrassentür hinein. Er hat sich auf sie gelegt und seine Anzughose heruntergezogen, sein behaarter Arsch wippt auf und ab. Hin und wieder ohrfeigt er sie, dass es von ihrem Gesicht spritzt. Sie hat die Augen geschlossen, wirkt sonderbar unberührt. Man zielt auf die Fettrollen

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