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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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auf die Rückseite geschrieben worden, ein Absender?
    Koskenniemi.
     
    Esaias trank den letzten Rest aus seinem Kaffeebecher. Pulverkaffee, der Inhalt war nur noch lauwarm gewesen und schmeckte bitter. Den Becher wusch er ab, trocknete ihn, und die Brotkrümel schob er sorgfältig mit der Handfläche zusammen.
    Im Schlafzimmer machte er das Bett, schob das Oberlaken unter die Matratze und legte die Dekorkissen im vorgesehenen Muster hin. Man kann sich zusammenreißen, dachte er. Wenn man es wirklich will.
    Ihr Schreibtisch stand im Schlafzimmer am Fenster. Er blieb vor ihm stehen und fummelte ein wenig mit einer Schatulle aus Kirschbaumholz herum, die ausländisch aussah. Marokkanisch? Es gab auch ein Foto von Therese im Alter von zwei Jahren, auf dem sie auf einem altmodischen Korbstuhl saß. Es war eine Studioaufnahme, die Farben waren etwas blau getönt, aus den Siebzigern. Therese hielt etwas in der Hand, zuerst glaubte er, es sei ein Griff, aber als er näher hinsah, erkannte er eine Spielzeugpistole. Der Streifen für die Knallplätzchen lugte ein wenig heraus.
    Die Schreibtischschubladen waren abgeschlossen. Aha. Privat. Er schlurfte zur Haustür und zog sich die Schuhe an. Kehrte dann nachdenklich zum Schreibtisch zurück. Fummelte weiter an der Schatulle herum, bis ein elegant verstecktes Geheimfach aufsprang.
    »Aha«, dachte er, als er den Schlüssel sah.
    Sein Mund war trocken, als er den Schlüssel in die Schreibtischschublade steckte und umdrehte. Klick. Leise und vorsichtig zog er sie heraus. Merkte sich ganz genau, wie alles lag, musste es haargenau so zurücklegen.
    Ihr Code für die Internetbank. Kontoauszüge und Steuerbescheide. Gut zweihundert amerikanische Dollar in einer Sportbrieftasche. Und eingewickelt in eine Plastiktüte ein Massagestab aus schwarzem Gummi. Er stellte ihn an und spürte die leichte Vibration in der Handfläche. Die Batterien waren fast leer. Er schnupperte leicht daran, doch, es war da. Ihr Duft.
    Dann fiel sein Blick auf eine Plastikmappe. Ausgedruckte Bögen, in einer Ecke zusammengeheftet. Auf einer der Seiten las er seinen eigenen Namen. Verwundert blätterte er weiter.
    Es waren Teile der Voruntersuchung. Vernehmungen, Zeugenaussagen, Tatortuntersuchung, sein eigenes Auto, mit offenem Kofferraumdeckel fotografiert. Das Obduktionsprotokoll von Martin Udde mit Pfeilen auf die Schnittwunden und Frakturen.
    Esaias las alles mit größter Aufmerksamkeit durch. Es stand eine ganze Menge über die gefassten Trickdiebe darin. Man hatte ihr Diebesgut nördlich von Gävle gefunden. In einem einsam gelegenen Viehstall in der Nähe von Ockelbo. Esaias notierte sich die Adresse, hatten sie da ihre Winter verbracht? Laut Verhörabschriften weigerten sie sich, ihre Identität preiszugeben, sie sagten überhaupt kein einziges Wort. Ihre Fingerabdrücke waren auch bei Interpol nicht bekannt. Bis auf weiteres wurden die Inhaftierten als A und B bezeichnet, und für die Haftüberprüfungen hatte man ihnen beliebige Personenkennziffern zugeordnet. Die bürokratischen Haken wurden in ihnen festgezurrt, so sehr sie auch zappelten, dachte Esaias. Diese leise schwedische, vom Staat kontrollierte Gewalt.
    Als er fertig war, legte er alles genau in der gleichen Reihenfolge wieder zurück. Gerade als er die Schublade wieder verschließen wollte, entdeckte er eine kleine Schachtel. Neugierig ließ er den Verschluss aufschnappen und fand einen runden kleinen Kloß, an einer Silberkette befestigt. Er nahm ihn heraus und drehte den Kloß in der Hand. Was um alles in der Welt war das? Eine Muskatnuss? Klein und hart und überraschend leicht. Es sah aus wie ein eingetrocknetes Auge.
    Esaias verschloss die Lade und legte den Schlüssel zurück in das Geheimfach. Er fühlte sich ein wenig unwohl, versuchte es abzuschütteln. Musste raus, an die frische Luft. Den Himmel über sich sehen.
    Gerade als er die Jacke überziehen wollte, war ein kratzendes Geräusch am Briefschlitz zu hören. Nur ganz leicht, als wäre jemand im Treppenhaus vorbeigegangen und an die Tür gestoßen. Oder war es Reklame, ein Schuljunge, der die Wochenzeitung austrug?
    Eine halbe Minute blieb er reglos stehen. Er wusste selbst nicht so recht, warum, sein Herz begann zu hämmern. Ein Alarm tief innen, direkt am Rückgrat.
    Dann war es wieder zu hören. Da begriff er. Da draußen stand jemand.
    Lautlos bewegte er sich auf die Tür zu. Nur Kinder, versuchte er sich einzureden. Ein alberner Streich. Wieder raschelte es, und er

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