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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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meinte Flüstern zu hören. Vielleicht sammelten sie für eine Klassenreise. Wollten leere Flaschen haben, waren aber zu schüchtern, um zu klingeln.
    Jetzt kam etwas Weißes. Keine Zeitung, ein feuchter, klebriger Lappen. Seine erste Reaktion war Verwunderung. Er trat einen halben Schritt vor. Gleichzeitig begann etwas zu rinnen, reichlich zu fließen. Und dann erreichte ihn der Geruch.
    Benzin. Das Böse.
    Eine erstickende Panik. Und dann ein Gedanke, ein einziger, alles überdeckend. Schnell. Er musste es stoppen. In einer einzigen Bewegung riss er den Türriegel zurück und trat voller Wucht die Tür auf. Die schlug hart gegen einen Schädel. Ein Körper wurde von seinem Gewicht nach hinten geworfen. Streichhölzer fielen auf den Steinfußboden. Der andere stand schon an der Treppe und wollte fliehen. Kurz geschnittene Haare, schwülstige Augenbrauen. Doch dann hielt der Kerl inne. Er wollte seinem Kumpel helfen. Schnell schob er die Hand in die Jacke und zog einen Schlagstock heraus. Brachte voller Schwung einen Schlag an. Esaias spürte die Explosion am Ohr und sackte zusammen. Der Kerl trat ihm mit den Stiefeln auf den Schenkel. Ein glühender Schmerz. Und dann hob er den Fuß, um richtig zuzutreten. Den Kopf auf dem Steinfußboden wie ein Ei zu zertreten.
    Jetzt sterbe ich, dachte Esaias.
    Mit einem Stöhnen gelang es ihm, das unverletzte Bein hochzuziehen. Er winkelte die Hacke an, ein Billardstoß gegen das linke Knie des Angreifers. Sein Standbein. Gerade als dieser mit dem Stiefel auf die Schläfe zielte, die er zerschmettern wollte, trat Esaias mit aller Kraft zu. Die Kraft der Muskel im Schenkel am Brennpunkt, direkt am Saugrohr. Es brach mit einem feuchten Knacken nach außen. Das Knie konnte in eine ganz neue Richtung gebeugt werden. Dann bog es sich zweimal, während der Kerl mit rudernden Schildkrötenarmen zu Boden donnerte. Zuerst kamen der Schock und die Betäubung. Doch bald wuchs der Schmerz, sich mit jedem Atemzug steigernd. Zusammengekauert begann er zu schreien. Dumpfes Brüllen wie von einem Tier.
    Der erste Eindringling lag immer noch am Boden. Er hielt sich die Hand auf die Nasenwurzel und versuchte röchelnd das Blut zum Stillstand zu kriegen. Sein Gesicht war rot und lila geflammt. Er öffnete den Mund, kaute, öffnete ihn wieder und krümmte sich. Esaias hob die Benzinflasche, zum Zuschlagen bereit. Aber der Kerl wand sich weiter wie in Krämpfen. Zuckte auf dem Rücken liegend herum, schlug mit blauen Lippen auf den Boden. Esaias versuchte ihn festzuhalten. Aber der Kerl war nicht zu bändigen. Spannte sich zu einer Brücke.
    »Mach das Maul auf!«, schrie Esaias. »Maul auf, verflucht noch mal!«
    Der Kerl öffnete den Mund. Da drinnen war es leer. Es gab nichts dort. Esaias schob die Finger hinein, begann tief im Hals zu graben. Bekam das zähe, falsch platzierte Fleisch zu fassen. Griff zu und zog die heruntergeschluckte Zunge im Mund wie einen warmen Fisch herauf. Mit einem gurgelnden Gegröle begann der Kerl zu atmen.
     

41
     
    Kanntest du sie?«, fragte Esaias und schielte zu ihr hinüber.
    »Ratten«, schüttelte Therese sich.
    »Was vom Job?«
    »Nein, ich habe Doris eines Abends gegen sie verteidigt, meine Freundin. Die wollten sich wohl rächen.«
    Das Taxi erschien viel zu warm. Sie fasste sich an die Schläfe, vielleicht fühlte sie sich nicht gut.
    »Wohin wollen wir?«
    »An einen sicheren Ort«, erklärte sie ausweichend.
    »Ein Hotel?«
    Sie schüttelte den Kopf. Versuchte zu lächeln. Es war zu spüren, dass sie geschockt war, sie schien innerlich zu zittern.
    »Ich dachte, du wolltest meine Mutter kennen lernen.«
     
    Sie stiegen mit Zahnbürsten und Wechselwäsche in ihren Übernachtungstaschen aus dem Taxi. Therese tippte in die Haustelefonanlage, stellte sich ans Mikrophon und wartete eine Weile. Eine Weitwinkelkamera wurde aktiviert, diskret wie ein schwarzer, glänzender Knopf in das Rosenholzpaneel eingelassen.
    »Wer ist da?«, war eine scharfe Stimme zu hören.
    »Therese, das siehst du doch.«
    »Da steht jemand hinter dir.«
    »Ja, das ist der Typ, von dem ich dir am Telefon erzählt habe.«
    »Sag ihm, er soll zurücktreten. Kommt einzeln rein.«
    Therese seufzte  und warf Esaias  einen verschworenen Blick zu. Er trat acht Schritte zurück, bis auf die Fahrbahn. Ein Jeep hupte wütend. Mit einem Federklicken öffnete sich die Tür. Therese schlüpfte wie eine Katze hinein und hielt mit dem Fuß die Hydraulikstange zurück. Ein Alarmpfeifen setzte

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