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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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zu denken, nicht wahr! Sie haben ihre Nische gefunden.«
    Als Hauptgericht nahmen sie Klippfisch auf Danziger Art mit Steinpilzbelag, Waldfrüchtesalat und Blaubeerpesto. Ein Fischkopf war als Dekoration beigelegt. Statt der Augen hatte der Koch zwei Schokoladenkugeln mit Zahnstochern befestigt. Esaias aß sie mit nachdenklichem Schweigen, sie waren von der Wärme halb geschmolzen.
     
    In dieser Nacht lag er lange wach. Sie lag auf dem Bauch und schlief mit hochgezogenen Schultern, ein nackter, schutzloser Frauenrücken. Die Sanftheit der Haut in der Dunkelheit, die Wärmeausstrahlung, er hielt seine Hand dicht über ihr, ohne sie zu berühren, um sie nicht zu wecken.
    Issi, dachte er wehmütig. Wenn die Katze sich auf der Vortreppe in die Sonne gelegt hatte, ihre schmiegsamen, schönen Rückenmuskeln. Die Augen, die sich in der Nachmittagshitze zu Schlitzen verengten. Ohne den Mord hätte er nie erfahren, was mit ihr geschehen war.
    Und wenn er trotz allem hierher ziehen würde? Das Haus da oben auf Sparflamme stehen lassen, den Besen gegen die Türklinke stellen? Die Tasche mit Kleidung und Elchsteaks füllen? Und dann von Mommankangas nach Arlanda fliegen.
    In Stockholm leben. In ihrer Wohnung wohnen, sich eine kleine Ecke schaffen, eine Schublade in der Kommode bekommen, ein Regal im Schlafzimmer. Pinkeln, ohne zu spritzen, die Bartstoppeln im Waschbecken wegspülen, wenn man sich rasiert hatte, die Strümpfe in den Wäschekorb werfen und die Post durch einen Briefschlitz in der Tür geworfen bekommen, seine und ihre Briefe miteinander vermischt.
    Esaias drehte sich zur Seite, zur Tapete hin, die leicht nach Tischtennis roch. Nach den Bällen, das erste Schnuppern in einem frisch geöffneten Dreierpack dreisterniger Halex.
    »Lass den Hecht los!«, sagte sie plötzlich klar und deutlich.
    »Therese?«
    Sie antwortete nicht, und als er sich auf die Ellbogen stützte, konnte er sehen, dass sie tief schlief.
    »Päästä hauki«, übersetzte er zärtlich, ganz zärtlich an ihrem Ohr.
    Sie streckte sich kaum merklich, unter der Haut. Und dann ließ sie los. Sank immer tiefer in den Ozean, tauchte in den Tiefseegraben des Traumes.
     

40
     
    Ånderman wickelte langsam seine Kalbsledermappe mit den Flügeln wie ein kostbares Insekt auf und fingerte umständlich ein Papier heraus. Sie beugte sich neugierig vor. Ein paar braune Striche, fast wie eine Kinderzeichnung.
    »Ist das eine Ratte?«
    »Die Polizei von Pajala hat das gestern bekommen. Keine Fingerabdrücke, keine beigefügte Erklärung.«
    »Das sieht aus wie ein schiefes Kreuz. Mit einem Klumpen oben drauf.«
    »Das war an dich adressiert, Therese.«
    »Eine Ratte und eine Art Kruzifix? Muss sich um einen Bewunderer handeln«, stellte sie fest und verzog das Gesicht.
    Ånderman holte eine winzig kleine Tablette heraus und legte sie sich ganz vorn auf die Zungenspitze. Nitroglycerin?, überlegte sie. Aber dann konnte sie es am Atem riechen. Messing, musste er immer noch Zellgifte nehmen?
    »Ich habe es Nederhed gezeigt«, sagte er. »Wusstest du übrigens, dass er aus Tornedal stammt?«
    »Nederhed vom Rechtslabor? Der mit der Leonard-Cohen-Stimme?«
    »Ja, er spielt auf Betriebsfesten meistens Gitarre und singt dazu.«
    »Ach was«, kicherte Therese, »er wartet wohl noch auf seine fifteen minutes of fame.«
    »Auf jeden Fall haben wir uns beim Kopierer getroffen, und ich habe ihm im Vorbeigehen das Bild gezeigt. Und er hat sofort angefangen. Finnisch zu reden. Es platzte einfach so aus ihm heraus, und dann wurde er rot und sagte, dass die Zeichnung ein loukku darstellt.«
    »Ich hätte nie geglaubt, dass Nederhed erröten könnte.«
    »Er hat mir erzählt, dass loukku eine Art selbstgeschnitzte Falle ist. Die früher dort oben ganz üblich war, man hat beispielsweise Ratten damit gefangen. Der Name Nederhed heißt übrigens Alakangas auf Finnisch. So hieß er, bevor er ihn eingeschwedischt hat.«
    »Diese Tornedaler«, brummelte sie. »Die sind ja wohl überall.«
    »Er selbst hat als Junge solche Fallen geschnitzt, sein Vater hat es ihm beigebracht.«
    Therese nickte nachdenklich.
    »Louckou«, versuchte sie es auszusprechen.
    »Loukku«, korrigierte Å.
    »Ja, ja, loåckou … Übrigens werde ich Herbsturlaub nehmen.«
    »Dann fährst du in die Sonne?«
    »Nein, nach Norden.«
    »Nach Norden?«
    »Nach Pajala. Zu etwas, das Römppä genannt wird.«
    Ånderman betrachtete sie nachdenklich. Dann drehte er das Papier um. Zeigte es ihr. Ein einsamer Name war

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