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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs
Autoren: Mikael Niemi
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zugeschlagen hat, er zerbricht, und stinkendes Öl klebt überall. Das ist der Tod. Er ist gekommen, und jetzt zieht er ein großes Jagdmesser.
    »Ich bin der Falsche«, sagt Jan-Peter. Seine Stimme ist überraschend ruhig. Das ist der Feuerwehrmann in ihm. Man lernt abzuschalten. Das Blut rinnt und gerinnt, es kitzelt mitten im kompakten Schmerz an der Schläfe.
    Der Eindringling macht einen Ausfall mit dem Messer, Jan-Peter weicht zurück. Die Schneide streift den Hals und ritzt ihn.
    »Ich bin der Falsche«, wiederholt Jan-Peter ruhig. »Du bist hinter jemand anderem her.«
    Ich rede mit dem Tod, kann Jan-Peter noch denken. Ich versuche den Tod umzustimmen.
    Langsam sinkt das Messer. Eine Weile steht der schwarzgekleidete Fremdling ruhig da und denkt nach. Dann dreht er sich um. Verschwindet durch die Tür. Und als die Polizei ihn später fasst, ist er nicht mehr der Tod. Sondern nur ein schüchterner Jüngling. Ein Junge, der Hilfe braucht.
     
    Jan-Peter schiebt ein Bein durch das zerschlagene Fenster. Zieht sich hinein, tastet mit dem Fuß und findet schließlich den Boden. Die Hitze ist durch den Schutzanzug zu spüren. Er braust mit der Schlauchspitze. Der Rauch wird schlimmer, aber die Flammen kleiner. Ulf ist dicht hinter ihm und gibt Schlauch nach. Jan-Peter hockt sich auf den Boden. Unter Kniehöhe wird der Nebel dünner, er dreht sich um und kann ein Stuhlbein erkennen. Die Stützen einer Arbeitsbank.
    »Such rechts!«, schreit Ulf.
    »Hallo!«, brüllt Jan-Peter durch die Maske in den Raum hinein. »Ist da jemand?«
    In gebückter Haltung kriechen sie die Wand entlang weiter. Etwas Schweres kippt um und zerbricht.
    »Onkos sielä kethään?«
    Ein Bett. Oder eher ein Schlafsofa. Er tastet über das Laken. Es scheint feucht zu sein. Dann merkt er, dass es kein Laken ist. Es sind Riemen. Lange Streifen von Gazebinde. Verblüfft legt er sich auf den Bauch und fegt mit dem Arm unter dem Bett herum. Oft findet man hier die Brandopfer. Oder im Schrank, wo sie sich in krampfhafter Panik zusammenkauern, während die Gase sie barmherzig einschlafen lassen. Wenn sie noch bei Bewusstsein sind, können sie sogar Widerstand leisten. Schlagen und treten und sich an ihr scheinbar sicheres Versteck klammern.
    Jan-Peter versucht systematisch zu suchen. Die Schutzhandschuhe dampfen. An der hinteren Wand brennt es wie verrückt, dort kommt er nicht hin. Aber hier gibt es eine Tür. Er tastet blind im Rauch nach oben, findet die Klinke und drückt sie hinunter. Abgeschlossen.
    »Wir müssen bald abbrechen!«, warnt Christina Klingestål per Funk.
    Jan-Peter gibt Ulf ein Zeichen. Die linke Wand. Sie krabbeln auf allen vieren dorthin. Der Rauch wird dichter, immer dichter. Ruß und Feuchtigkeit kleben an der Maske, sie wischen sie mit den Handschuhen ab. Da ist das Bein der Arbeitsbank wieder. Jan-Peter folgt ihr mit der Hand nach oben, erfühlt eine Tischplatte. Tastet hockend weiter. Die Konturen entlang.
    Nein, das ist kein Tisch. Das ist irgendeine Art von Kiste. Länglich. Mit fester Hand packt er den Deckel. Kippt ihn vorsichtig in den Scharnieren seitwärts auf.
    Der Schlag ist so heftig, dass er rittlings auf den Boden fällt. Gleichzeitig hört er den Schrei. Grell, tierisch. Etwas da drinnen fliegt auf, etwas Lebendiges. Er kann im Rauch schwarze Glieder erkennen. Brennende Flocken regnen auf ihn herab. Die Gestalt stürzt dicht an ihm vorbei. Jan-Peter streckt die Hand aus und bekommt einen hageren Knochen zu fassen. Ein greller Schrei, ein heftiger Tritt trifft den Helm. Ulf wird zur Seite geworfen, verliert den Schlauch. Im Qualm sehen sie, wie die Gestalt die Tür aufreißt und die Treppe hinuntergaloppiert. Ein Tier, denkt Jan-Peter. Ein riesiges, verfluchtes Tier!
    Benommen dreht er sich auf den Rücken und schaut zum Dach hinauf. Scheiße, wie das brennt! Der Rauch drückt ihn wie eine Gewitterfront zu Boden. Rote und gelbe Blitze überall. Es ist so gewaltig. Feuer und Verderben. Krieg.
    Etwas Großes, Schweres fällt auf ihn. Ein Dachbalken. Er tastet um sich herum, versucht die Schlauchspitze zu finden. Spürt eine Faust im Nebel, kommt auf alle viere. Ulf Kyrös' schreiendes Gesicht, wir müssen raus! Jan-Peter nickt, eigentümlich ruhig. Er beugt sich über die lange Kiste und schaut hinein. Es glänzt im Dunkel. Glänzt und ist nass. Er zieht sich in der Feuerhitze den Handschuh aus. Dann taucht er die Hand hinein, die nackte Händehaut.
    Die Flüssigkeit ist eiskalt.
    Keuchend kriechen sie zum
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