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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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uns da eben erwiesen haben.“
    Der Aufseher hatte kaum das Zimmer verlassen, da wandte sich Morry wieder dem Hilfsinspektor zu. „Na?“ meinte er zögernd, „was sagen Sie nun, Kirk? Von wem stammen die Fingerabdrücke, die Sie im Schlafzimmer Oliver Blooms fanden?“
    „Von Joseph Hattan“, sagte Kirk tonlos.
    „Aber Sie hörten doch eben, daß er unter gar keinen Umständen mehr am Leben sein kann.“
    Hilfsinspektor Kirk sinnierte bedrückt vor sich hin. Er fand keine Worte mehr. Wie hätte man von ihm auch eine Lösung dieses unerklärlichen Rätsels erwarten sollen, wenn nicht einmal Kommissar Morry im Moment eine Antwort wußte.
     
    4
     
    Als Evelyn Bloom am nächsten Morgen erwachte, schritt sie schwermütig durch die stille Wohnung. Sie wußte nicht, womit sie die Stunden bis zum Abend ausfüllen sollte. Der lange Tag lag leer vor ihr. Wie seltsam! Früher war sie spielend ohne Oliver ausgekommen. Sie hatte ja Joseph gehabt. Damals hatte sie geglaubt, er wäre der neue Inhalt ihres Lebens. Nun hatte ihr das Schicksal beide Männer genommen: Den Geliebten und den Ehegatten. Sie war allein. Allein mit ihrer Schuld und ihrem quälenden Gewissen. Bis in den späten Vormittag hinein saß sie untätig im Wohnzimmer. Erst als ihr leerer Magen zu rebellieren anfing, erinnerte sie sich daran, daß sie seit dem Aufstehen noch nichts gegessen hatte. Sie mußte zum Bäcker und Fleischer gehen. Sie hatte auch sonst einige Besorgungen zu erledigen. Das Leben ging weiter. Sie konnte sich nicht ewig in diesen vier Wänden vergraben. Nach längerem Zögern machte sie sich zum Ausgehen fertig. Als sie die Treppe hinunterschritt, hörte sie tuschelnde Stimmen in ihrem Rücken. Da und dort ein hämisches Kichern. Hinter den verglasten Wohnungstüren blickten ihr schadenfrohe und gehässige Augen nach. Unten im Erdgeschoß wartete bereits der Hauswirt auf sie. Er hatte sie sonst immer freundlich gegrüßt und wohlwollend ihre hübsche Figur gemustert. Heute empfing er sie mit strengen, mißbilligenden Blicken.
    „Kommen Sie doch einen Augenblick in meine Wohnung, Mrs. Bloom“, brummte er wortkarg. „Ich habe ein paar Worte mit Ihnen zu reden.“
    Evelyn Bloom trat verschüchert in den muffig riechenden Salon ein. Man bot ihr keinen Platz an. Sie mußte stehenbleiben. Sie mußte warten, bis der Hauswirt endlich zu einem Anfang kam.
    „Sie werden verstehen, Mrs. Bloom“, murmelte er endlich, „daß Ihre Anwesenheit in einem anständigen Hause nicht länger erwünscht ist. Die ganze Nachbarschaft hat in den Zeitungen gelesen, daß Sie eine Liebschaft mit einem Schwerverbrecher hatten. Irgendein findiger Reporter hat das ausgeschnüffelt. Man behauptet sogar öffentlich, Sie seien nicht ganz schuldlos am Tod Ihres Mannes. Ich drücke mich vorsichtig aus, verstehen Sie? Vielleicht erhebt man schon in kürzester Zeit Anklage gegen Sie wegen Mordverdachts. Da ist es nur verständlich, daß ich Sie vorher aus dem Haus haben will. Ich kündige Ihnen deshalb zum Ablauf des Vierteljahres.“
    Evelyn Bloom stand da wie vom Schlag gerührt. Sie konnte sich nicht bewegen. Ihre Glieder waren wie abgestorben. „Das sind doch nur gemeine Verleumdungen“, stieß sie verbittert hervor. „Ich leide doch selbst am meisten unter dem Tod meines Mannes. Wie kann man da behaupten, ich sei schuld an seinem Tod gewesen?“
    „Auch das andere reicht“, erwiderte der Hauswirt kühl. „Sie haben Mr. Oliver Bloom, den wir alle sehr verehrten, mit einem Verbrecher betrogen. Wenn Sie schon als Ehefrau so handelten, wie soll das dann erst jetzt werden, wo Sie allein auf der Welt stehen. Der Ruf dieses Hauses duldet keine lustige Witwe. Ich halte meine Kündigung aufrecht, Mrs. Bloom. Guten Tag!“
    Evelyn Bloom wußte kaum, wie sie aus der Wohnung kam. Gedemütigt und erniedrigt schlich sie auf die Straße hinaus. Das helle Licht des Herbsttages tat ihr weh. Mit tränenden Augen starrte sie in die bleiche Sonne. Sie fand kaum den Weg. Schwankend trat sie in den nächsten Bäckerladen ein. Hier wiederholte sich das gleiche Schauspiel. Früher war sie nett und zuvorkommend behandelt worden. Jetzt mußte sie warten, bis alle anderen Kundinnen abgefertigt waren. Sie hörte spitze Bemerkungen und fühlte, wie scheele Blicke über sie hintasteten.
    „Bedaure, Madam“, sagte der rundliche Bäckermeister schließlich verlegen. „Sie werden künftig in meinem Laden nicht mehr bedient. Ich kann es nicht riskieren, Ihretwegen meine anderen Kunden zu

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