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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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und schlug dann in trommelnden Stößen. Sie blickte sich um. Sie spähte beklommen in die Finsternis. Sie konnte keinen Menschen erkennen.
    „Wer ist da?“ fragte sie mit brüchiger Stimme.
    „Joseph Hattan!“ klang es heiser zurück.
    Im gleichen Augenblick erkannte sie ihn. Er löste sich aus dem Dunkel eines Torbogens. Plump tappte sein Schatten auf sie zu. Nun war er an ihrer Seite. Eine Hand krallte sich roh in ihren Arm.
    „Was willst du?“ fragte Nadja Orban schreckensbleich. „Warum lauerst du mir auf?“
    „Ich brauche ein neues Versteck“, keuchte Joseph Hattan gepreßt. „Das alte ist mir nicht mehr sicher genug. Denke, es ist am besten, wenn ich mich für die nächste Zeit in deiner Bude verkrieche. Bei dir wird mich niemand suchen.“
    Er fragte noch nicht einmal, ob es ihr recht wäre. Er war immer noch der alte. Frech und anmaßend. Er ist ein Mörder, dachte Nadja Orban schaudernd. Ein kaltblütiger, grausamer Mörder. Man sollte ihm ins Gesicht schlagen.
    „Bei mir kannst du nicht bleiben“, sagte sie laut. „Ich würde dir keine Unterkunft gewähren, und wenn ich hundert Zimmer hätte. Wie schade, daß der Henker den falschen erwischte. Du hättest den Strick tausendfach verdient.“
    Der brutale Griff an ihrem Arm verstärkte sich. Der harte Druck brannte wie Feuer auf ihrer Haut. Die Armmuskeln begannen unerträglich zu schmerzen.
    „Laß mich los“, stöhnte sie.
    Joseph Hattan hatte nur ein bösartiges Lachen für ihre Worte. „Wenn du Schwierigkeiten machst“, raunte er, „dann wird es dir nicht besser ergehen als Evelyn. Du weißt doch, wo und wie man sie fand. Gefällt dir dieses Ende?“
    Mein Gott; dachte Nadja Orban verzweifelt, warum hat man diesen Menschen in die Freiheit flüchten lassen? Sie haben im Yard doch tüchtige und intelligente Männer. Wie konnte es ihnen passieren, daß sie einen unschuldigen Mann henkten und diese Bestie ungehindert laufen ließen?
    „Gut, daß du zur Einsicht kommst“, sagte Joseph Hattan spöttisch. „Ich möchte es dir auch geraten haben. Gegen mich gibt es keinen Widerstand. Ich bin allen überlegen, hörst du? Ich habe noch jeden Feind aus dem Weg geräumt. Über mich hat nicht einmal der Henker Gewalt.“
    Was soll jetzt werden, dachte Nadja Orban mit unruhig pochendem Herzen. Ich kann ihn nicht abweisen. Er würde mich töten. Wie sollte sich ein Mädchen gegen ihn wehren können, wenn selbst die Polizei gegen ihn machtlos ist. Sie verlangsamte ihre Schritte. Sie wollte die kommende Stunde soweit wie möglich hinausschieben. Er wird droben wie ein Tier über mich herfallen, dachte sie entsetzt. Ich werde mich wehrlos seinen Händen ausliefern müssen. Diesen schmutzigen, gemeinen Mörderhänden. Sie flüsterte unverständliche Worte vor sich hin. Es hörte sich an, als würde sie beten. Sie hoffte auf ein Wunder. Und dieses Wunder trat tatsächlich ein.
    Sie waren schon fast vor der Haustür angelangt, da kamen ihnen plötzlich hallende Schritte entgegen. Hinter den grauen Regenschnüren tauchten zwei blitzende Uniformen auf. Es war die Nachtstreife.
    „Komm!“ zischte Joseph Hattan hastig. „Sie brauchen uns nicht zu sehen. Sperr die Tür auf!“
    Nadja Orban tat, als könne sie den Schlüssel nicht finden. Sekunde um Sekunde verstrich. Die Schritte der beiden Konstabler kamen näher. Unaufhaltsam näher.
    „Was ist denn?“ fragte Joseph Hattan unruhig. Er stieß sie zur Seite. Er wollte ihr den Schlüssel aus der Hand reißen.
    In diesem Moment gelang es Nadja Orban, sich aus seinen brutalen Griffen zu lösen. Sie trat auf den Gehsteig hinaus. Sie stellte sich den beiden Konstablern mitten in den Weg. „Hallo?“ rief sie. Ihr Ruf klang angstvoll und erstickt. Sie wartete mit fiebernden Nerven. Sie konnte sehen, daß sich Joseph Hattan wie ein Schatten von der Hauswand löste und hinter den Regenschauern verschwand. Schon nach wenigen Sekunden hatte ihn die Nacht verschluckt.
    „Was ist denn, Madam?“ fragten die Konstabler höflich. „Können wir etwas für Sie tun?“
    „Ich wollte nur wissen, wie spät es ist“, sagte Nadja Orban atemlos. „Ich habe meine Uhr vergessen.“
    Die Konstabler schöpften keinen Verdacht. Sie sagten ihr ahnungslos die Zeit an. Mit einem flüchtigen Dankeswort hastete Nadja Orban auf den Hauseingang zu. Sie sperrte die Tür auf und drehte dann von innen zweimal den Schlüssel um. In ihrem Zimmer machte sie es genauso. Sie schloß ab, ließ den Schlüssel von innen stecken und schob

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