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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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glücklich, wenn ich in diesem Haus einmal nicht mehr allein bin. Diese letzten Wochen waren schrecklich. Aber das alles wird sich jetzt ändern.“
    „Ja, es wird sich alles ändern“, sagte Nadja Orban zuversichtlich.
    In glücklichem Schweigen legten sie die letzte Wegstrecke zurück. Sie fuhren den Green Park entlang. Die Villa Calvin tauchte vor ihnen auf. Sie stiegen aus. Hand in Hand wanderten sie auf das einsame Haus zu.
    „Willst du noch etwas trinken?“ fragte Stanley Calvin fürsorglich, als sie durch die Halle gingen. „Ein Glas Wein? Oder eine Tasse Tee?“
    „Nein, danke“, sagte Nadja Orban lächelnd. „Ich gehe gleich schlafen.“
    „Soll ich wieder mit nach oben kommen?“ fragte er. „Hast du Angst?“
    „Nein“, sagte Nadja Orban und überwand tapfer ihre Beklommenheit. „Wovor sollte ich mich jetzt noch fürchten?“
    „Na eben“, meinte Stanley Calvin gedehnt. „Wie lange schläfst du schon noch allein. Nach unserer Hochzeit...“
    Nadja Orban wandte verwirrt ihr glühendes Gesicht ab. Sie huschte eilig die Treppe empor. Sie ging durch den langen Korridor. Sie trat in ihr Zimmer ein. Sie machte Licht und verriegelte die Tür. Da sie wirklich sehr müde war, hielt sie sich nicht lange auf. Sie begann sich auszukleiden. Sie hängte ihr Kleid ordentlich über einen Bügel.  
    Dann fuhr sie plötzlich erschreckt herum. Unmittelbar hinter ihr hatte jemand gehüstelt. Vom ersten Augenblick an wußte Nadja Orban, wer es war. Sie hatte immer, jeden Abend, jede Nacht darauf gewartet. Jetzt war es soweit. Hinter ihr stand Joseph Hattan. Er mußte sich heimlich eingeschlichen haben. Die plumpen Möbel hatten ihm sichere Deckung geboten. Es war nichts leichter, als sich hinter den ungefügen Kästen zu verbergen.
    „Warum bist du nicht in deinem Zimmer geblieben?“ raunte Joseph Hattan heiser. „Ich hätte dir doch nichts getan. Ich will dich nur haben. Du gehörst zu mir. Schon damals, als ich noch jeden Abend in der Sidney Bar war, sagte ich dir das. Ich gebe nicht nach. Was mir nicht freiwillig geboten wird, hole ich mir.“
    Nadja Orban wich ängstlich vor ihm zurück. Sie strebte auf die Tür zu. Sie wollte den Riegel zurückschieben. Aber Joseph Hattan war schneller als sie. Er riß sie zurück. Er preßte sie hart gegen die Wand. Sein heißer Atem streifte über ihr Gesicht. Roh drückten sich seine Hände in ihre Schultern. Er tat ihr weh. Die Angst zuckte wie ein Irrlicht durch ihr Hirn. Sie war ganz allein mit einem Mörder. Niemand konnte ihr helfen, wenn er über sie herfiel. Entsetzt blickte sie in seine glitzernden Augen.  
    Aber dann setzte sie plötzlich alles auf eine Karte. Sie rief um Hilfe. Sie schrie laut und gellend auf. Es nützte nichts mehr, daß ihr Joseph Hatten brutal die Lippen zusammenpreßte. Der Schrei war gehört worden. Im Haus von Stanley Calvin, im Garten von einem ganzen Dutzend Konstabler. Kommissar Morry hatte die Uniformierten in einer langen Kette um das Haus geschart. Die Villa war so abgeriegelt, daß keine Maus entrinnen konnte. Als der gellende Schrei durch die Scheiben zitterte, setzte Morry zum Angriff an. Er stürmte mit zwei Sergeanten in das Haus. Er jagte durch die Halle. Er hastete die Treppe empor.
    „Das Zimmer muß am Ende des Korridors liegen“, keuchte er. „Hoffentlich kommen wir nicht zu spät. Bis heute war Joseph Hatten immer schneller als wir.“
    Sie hörten ein ersticktes Lallen hinter der letzten Tür. Das Gepolter eines verbissenen Kampfes. Den keuchenden Atem eines Mannes. Kommissar Morry rüttelte an der Tür. Sie war verschlossen.  
    „Aufmachen!“ rief er. „Öffnen Sie sofort! Wir schlagen sonst die Tür ein.“
    Der Lärm im Zimmer verstummte. Sekunden lang herrschte lähmendes Schweigen. Es rührte sich nichts mehr.
    „Es wird höchste Zeit“, raunte Morry seinen beiden Begleitern zu. Schon im nächsten Moment warf er sich gegen die Tür. Zwei-, dreimal rammte er mit der Schulter gegen, das Holz. Das Schloß ächzte in allen Fugen. Der Riegel lockerte sich. Prasselnd brachen dicke Späne aus der Tür. Mit einem harten Ruck flog sie eine Sekunde später nach innen. Hastig drängten Morry und die Sergeanten über die Schwelle. Im Bruchteil einer Sekunde tasteten sie den großen Raum ab. Nadja Orban lag halb besinnungslos über dem Bett. Ihre Kleidung war entsetzlich zugerichtet. Halb entblößt und zerschunden bot sie sich den Blicken der Beamten dar. Durch das offene Fenster schwang sich eben ein dunkler

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