Der Mann, der's wert ist
war eine kreative Lösung,
die ich ihm nicht zugetraut hätte. Und einen Moment lang war ich gerührt. Was
dieser Mann liebt, das liebt er wirklich, dachte ich. Dann sah ich wieder seine
Augenbraue, die wie ein Zensurbalken sein Gesicht durchzog, und seine Bärte,
und drehte mich weg.
Kurz vor neun standen drei
Schüsseln Chili con Carne auf dem Tisch. Das Knoblauchbrot war nicht fertig,
weil das Lacoste-Hemd vergessen hatte, den Backofen anzuschalten. Also
probierten wir zuerst das Chili von Winfried, Wolfgang und Arnulf. Beim ersten
Bissen schmeckte es nicht besonders. Beim zweiten war es unerträglich scharf.
»Wieviel Tabasco habt ihr
reingetan?«
Arnulf sagte, er hätte nur ein
Drittel Fläschchen reingetan, weil er sich gedacht hätte, das Fläschchen solle
für drei Gruppen reichen.
»Drei Tropfen Tabasco hätten
genügt«, sagte Carola.
»Wir haben gar kein Tabasco
reingetan, weil wir die Flasche nicht gefunden haben«, sagte ein großer
Schwarzhaariger aus Tanjas Gruppe.
Man beschloß, die beiden Chili
con Carne zu mischen. Zusammengerührt war es immer noch zu scharf, obwohl das
Chili von Tanjas Gruppe zu wenig gewürzt und matschig war.
Zum Trost war das Knoblauchbrot
fertig und schmeckte köstlich. Das Lacoste-Hemd tat, als hätte er damit die
Meisterprüfung als Koch bestanden. Es sei ein Wunder, daß Butter allein durch
Rühren schaumig wird. Und er hätte die Butter schaumig geschlagen, weil man
dadurch weniger Butter verbraucht, und dadurch würde das Brot nicht so fettig,
sondern knuspriger. »Du hast die Butter nur aus einem Grund schaumig
geschlagen«, sagte Winfried, »weil es im Rezept stand.«
Dann war unser Chili con Carne
an der Reihe. »Optisch sieht es schon mal am besten aus«, wurden wir gelobt.
Ich hatte die Tomatenscheiben und Zwiebelringe am schönsten auf der Schüssel
dekoriert. Und alle fanden auch, daß unser Chili am besten schmeckte, mit
Abstand! Nie hätte ich gedacht, daß ich so stolz sein könnte auf einen
selbstgemachten Bohneneintopf!
Suleikas Obstsalat sah leicht
angegammelt aus, die Bananenscheiben und die Apfelscheiben waren bräunlich
angelaufen. »Obstsalat wird nicht braun, wenn man ihn mit einem Fingerhut
Zitronensaft anmacht«, erklärte Carola.
»Das mußt du dir merken«, sagte
Arnulf zu Suleika.
»Ich wissen«, sagte Suleika,
»aber nix Zitrone.«
»Richtig«, sagte Carola, »ich hab
die Zitrone vergessen. Aber das macht nichts, wäre der Obstsalat in Ordnung
gewesen, hättet ihr nicht gemerkt, was man dabei falsch machen kann.«
»Du scheinst großen Wert darauf
zu legen, daß wir Fehler machen«, sagte Tanja leicht giftig.
»Ich habe mal
Erziehungswissenschaften studiert«, sagte Carola, »und ich habe keine Lust,
hier autoritäre Strukturen einzubringen.«
»Das kann ja heiter werden«,
seufzte der große Schwarzhaarige.
Nach dem Essen erklärte der andere
Mann aus Tanjas Gruppe, ein etwas älterer, vielleicht Fünfunddreißigjähriger
mit ziemlich langen, aber schütteren blonden Haaren, er könne nicht mehr beim
Geschirrspülen und Aufräumen helfen, er müsse jetzt gehen, er sei
alleinerziehender Vater und müsse seine Tochter um zehn bei einer Schulfreundin
abholen. So gelang es mir, wenigstens beim Geschirrabtrocknen in Tanjas Gruppe
zu kommen. Tanja flüsterte mir zu: »War eine tolle Idee, mit dem Kochkurs für
Anfänger. Hättest du gedacht, daß hier so viele Männer sind?«
»Nein.«
»Ich hab mir’s gedacht. Wie
Carola gesagt hat: Frauen glauben, sie könnten von Geburt an kochen. Und
außerdem glauben die meisten, alles, was als frauentypisches Können gilt, sei
so einfach, daß man es nicht zu lernen braucht. Deshalb war mir ziemlich klar,
daß wir hier auf diverse Männer stoßen würden. Und gegen einen Mann, der kochen
kann, ist nichts einzuwenden.«
»Ich dachte, du willst selbst
kochen lernen?«
»Es ist erlaubt, das Nützliche
mit dem Angenehmen zu verbinden.«
Glaubte sie wirklich, einer
dieser Männer wäre ein Mann für sie? »Hast du gesehen, wie der Typ aussieht,
mit dem ich gekocht habe?«
»Irgendeinen Fehler hat
natürlich jeder«, sagte Tanja cool.
Als hätte er mitgehört, kam
Rufus zu uns. »Geht ihr mit in die nächste Kneipe? Wir wollen alle noch ein
Bier trinken.«
»Danke, ich werde abgeholt«,
sagte ich.
»Danke, ich gehe mit«, sagte
Tanja.
Als wir kurz nach zehn aus der
Schule kamen, lehnte Benedikt direkt vor dem Eingang der Schule an seinem
kaviarschwarzen BMW-Cabrio der Sonderklasse.
Ich
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