Der Mann, der's wert ist
Pflaumen und
verteilte sie auf die Dessertschälchen.
Nora stutzte. Sie hatte vorher
in der Küche den Obstsalat gesehen. Aber sie sagte nichts. Nicht mal, daß
Benedikt dieses Pflaumenkompott schon als Kind so gerne gegessen hätte.
Ich räumte den Tisch nicht ab.
Ich ging rauf in mein Zimmer, ohne ein Wort zu sagen. Kurz darauf kam Benedikt.
»Ich muß mit dir reden«, sagte
ich ruhig, aber nur mühsam beherrscht.
»Red mit mir«, lachte Benedikt.
Aber mir war nicht zum Lachen
zumute. »Mercedes hat so getan, als würdest du alles für mich zahlen, dabei ist
es gar nicht wahr.«
»Natürlich ist es nicht wahr.«
»Trotzdem tut sie so, als ob du
mich aushältst. Und deine Mutter auch. Warum hast du nicht gesagt, daß ich das
Essen von meinem Geld bezahlt habe?«
»Du hast es ihnen doch selbst
gesagt.«
»Ich hab mir solche Mühe mit
dem Essen gegeben, und die meckern nur dran rum!«
»Ich habe gesagt, daß es mir
toll schmeckt.«
»Aber nicht deutlich genug!«
»Jeder hat es gehört!«
»Es geht ja nicht nur um das
Chili con Carne.«
»Dann sag mir bitte, was du
eigentlich von mir willst, Viola!«
»Wenn wir verheiratet wären,
wären sie nicht so.«
»Sondern wie?«
Verzweifelt, weil ich merkte,
daß ich anfing zu weinen, sagte ich: »Heirate mich oder...«
»Oder was? Ich heirate doch
nicht, nur damit meine Schwester sagt, daß ihr dein Chili con Carne schmeckt!«
Er knallte die Tür zu, ich hörte ihn die Treppe runterrennen und wegfahren.
Unser erster Krach.
Heulend warf ich mich aufs
Bett. Heirate mich oder...
Oder was?
Oder ich verlasse dich. Dann
muß ich zurück zu meinem Vater. Ohne Job. Nein.
Oder ich liebe dich nicht mehr.
Aber ich liebe dich. Nein.
Zwei Stunden später kam
Benedikt ganz leise ins Zimmer. »Herzchen, ich halte es nicht aus, daß wir uns
so streiten müssen. Wegen einem Bohneneintopf! Muß das sein? Können wir das
Thema nicht einfach vergessen? Es ist so lächerlich.«
»Ja«, schluchzte ich und
trocknete meine Tränen. »Ja. Ich mach’s nie wieder. Nie wieder Chili con
Carne.«
41. Kapitel
Meine Hoffnung, auf der Bank
Tanja zu treffen, wurde erfüllt. »Wie war’s am Freitag in der Kneipe?«
»Nett. Der große Dunkle, mit
dem ich gekocht habe, ist Journalist. Michael heißt er. Und Rufus war dabei.
Die beiden kennen sich schon länger. Und die Dreier-Clique war dabei, die haben
alle ähnliche Namen: Winfried, Wolfgang und Wolfram. Wolfram ist der, der
soviel Witzchen macht. Und alle drei sind Apotheker.«
»Apotheker? Wieso lernen die
kochen?«
»Wahrscheinlich, weil sie es
nicht können. Außerdem habe ich den Verdacht, daß sie schwul sind. Hoffentlich
nicht alle. Dann wär’s ein Fehler gewesen, in einen Kochkurs für Anfänger zu
gehen. Wenigstens war Wolfram schon mal verheiratet.«
»Schwule Apotheker?«
»Ein schwuler Apotheker ist mir
lieber als ein schwuler Modedesigner. Ein schwuler Apotheker ist durch seine
Berufsehre verpflichtet, mir nicht zu schaden — bei den meisten Kreationen, die
all diese schwulen Modedesigner für Frauen entwerfen, vermute ich das
Gegenteil. Ich find’s nur blöd, daß man zwar direkt fragen darf, was einer
beruflich macht, aber nicht fragen darf, ob einer heterosexuell ist. Das wirkt
zudringlich. Dabei wär’s so praktisch: Stell dir vor, du verliebst dich in
einen Schwulen — ineffektiver kann man seine Gefühle nicht investieren.«
»Frankensteins Enkel Rufus, ist
der auch schwul?«
»Möglich. Du mußt am Freitag
aufpassen, wer schwul sein könnte.«
»Woran soll ich das erkennen? In
einem Kochkurs?« — Wenn nicht mal Tanja das merkte — sie hat doch ständig
Publikumsverkehr.
»Tja«, sagte Tanja, »das ist
ein Problem.« Dann sagte sie unvermittelt: »Und du brauchst Geld.«
»Woher weißt du das?« Ich war
etwas verlegen, aber auch froh, daß man mit Tanja über alles so offen reden
konnte. »Ich brauch einen Job, vorübergehend, bis es bei meinem Onkel klappt.«
»Was kannst du außer
Innenarchitektin? Tippen? Taxifahren?« Ich schüttelte nur den Kopf.
»Du mußt dich überall umhören.
Vielleicht kannst du bei einem der Apotheker aushilfsweise arbeiten.«
»Als was denn?«
»Das weiß ich nicht.« Tanja
lachte. »Ich weiß nur, daß du Geld brauchst. Alle Leute, die zu mir kommen,
brauchen Geld. Wieviel brauchst du?«
Mehr, als ich hatte. Auf meinem
Konto waren 305 Mark. Als ich Tanja erzählte, daß ich allein an Benedikts
Schwester Mercedes 350 Mark Miete zahlen muß, sagte sie
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