Der Mann, der's wert ist
mitfühlend: »Das ist
happig.«
»Dabei hat sie einen guten Job
und braucht fast kein Geld, weil ihr Freund alles bezahlt. Er legt ihr seine Goldene
Kreditkarte aufs Kopfkissen, und sie kauft sich hemmungslos Klamotten mit
seiner Kreditkarte.«
»Wie schön«, sagte Tanja. »Und
warum glaubst du das?«
»Er erfüllt ihr jeden Wunsch,
damit sie ihm treu bleibt, obwohl er verheiratet ist und sich nicht scheiden
lassen kann, weil er eine kranke Frau hat.«
»Wie schön«. Tanja öffnete eine
Schublade und holte ein Formular raus. »Bring dieser Schwester einen
Kreditkartenvertrag mit, sie soll bitte das Kleingedruckte lesen.«
»Was steht da?«
»Männer haben Kreditkarten
erfunden, um ihr Geld zu schützen. Sie haben sie nicht erfunden, damit andere
ihr Geld ausgeben können.«
»Letzte Woche habe ich im
Fernsehen einen Film gesehen, da gab ein Manager einer schönen Nutte seine Kreditkarte,
und damit hat sie in der teuersten Boutique ein Vermögen ausgegeben.«
»Und ich hab mal einen Film
gesehen, da ist ein zwanzig Meter großer Affe das Empire State Building
hochgeklettert.«
»Was hat das damit zu tun?«
»Das war auch ein modernes Märchen.
Und dieses Märchen vom Prinzen, der seine Goldene Kreditkarte dem armen,
schönen Mädchen schenkt, ist ein Märchen für Frauen, die Männer nur aus
Hollywood-Schnulzen kennen. Im wirklichen Leben darf mit einer Kreditkarte nur
der bezahlen, dessen Name draufsteht. Und sonst keiner. Jeder andere macht sich
massiv strafbar. Das ist Urkundenfälschung, Betrug, und das bedeutet Knast.«
Tanja zeigte auf einen Paragraphen auf dem Kreditkartenformular: »Hier steht’s:
>Bei mißbräuchlichem Einsatz ist Anzeige bei der Polizei zu erstatten< —
Da braucht dich der kreditkartenverleihende Herr gar nicht selbst anzuzeigen,
das übernehmen die, bei denen du mit der im Bett gefundenen Karte zahlen
willst.«
»Aber ich bin sicher, daß ich
erst neulich in einer Illustrierten Tips von einem ganz seriösen Finanzexperten
gelesen habe, und der schrieb, wenn Männer in Scheidung leben oder mit ihrer
Freundin Krach haben, sollten sie ihre Kreditkarte wie ihren Augapfel hüten, es
könnte ihr Ruin sein, wenn der Frau die Karte in die Hände fällt.«
»Männer, die so was schreiben,
schreiben sich nur ihre Ängste um ihr Geld vom Herzen.«
»Aber überall steht es.«
»Das schreibt ein Mann vom
andern ab. Keiner dieser Männer hat je seine Kreditkarte einer Frau gegeben,
deshalb wissen sie gar nicht, daß es nicht geht.«
»Aber Mercedes, also Benedikts
Schwester...«
»...was glaubst du, wie viele
Frauen mir schon dieses Märchen erzählt haben? Es gibt nur eine Möglichkeit:
Wenn sie seine Geheimnummer weiß, kann sie am Automaten mit seiner Karte Geld
abheben. Hat sie auch erzählt, daß er ihr zärtlich seine Geheimnummer ins Ohr
geflüstert hat?«
»Nein.«
»Ja, das erzählt auch keine.
Und warum erzählt nie eine, ihr großzügiger Prinz hätte ihr solide
Hundertmarkscheine in die Hand gedrückt?«
»Ich weiß nicht.«
»Also, wenn du an sein Geld ran
willst, vergiß die Kreditkarte, nimm Bargeld. Klau sein Sparschwein, da mußt du
nicht unterschreiben, daß du es warst, die’s geklaut hat. Und selbst wenn er’s
beweisen kann, daß du es warst, muß er dich noch selbst anzeigen, und davor
schrecken manche doch zurück.«
»Ich will nicht an Benedikts
Geld ran.«
»Sag ich nur zu deiner
Information. Kundenberatung.«
»Du meinst, ich soll nicht
glauben, was seine Schwester erzählt?«
»Was nicht wahr ist, soll man
nie glauben. Frauen, die solche Märchen erzählen, lügen aus Neid, weil sie
glauben, andere Frauen bekämen was geschenkt.«
»Es wird einem nichts geschenkt
im Leben«, sagte ich.
»Schon gar nicht von den
Männern«, sagte Tanja.
Trotzdem konnte ich es nicht
ganz glauben. Erzählte Madame Mercedes Märchen?
42. Kapitel
Heute würden wir Gemüse,
Fleischbällchen und Fisch dünsten, erklärte Carola. Dünsten sei Garen im
eigenen Saft mit wenig Fett oder wenig Flüssigkeit, und der Deckel bleibt dabei
auf dem Topf. Und dünsten sei sehr vorteilhaft für die Ernährung, weil die
Mineralstoffe nicht wie beim Kochen mit dem Kochwasser weggekippt werden.
Ehe Gemüse gedünstet wird, muß
es gewaschen, geputzt und noch mal gewaschen werden, weil es beim Putzen
schmutzig wird. Wir folgten Carola zu einer Spüle und sahen zu, wie sie ein
Rosenkohlröschen in kaltem Wasser abspülte und welke Blättchen abzupfte. »Es
ist eine
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