Der Mann, der's wert ist
sind?«
»Was heißt echt?«
»Ich meine: für immer.«
»Ob sie für immer schwul sind,
weiß ich nicht. Es genügt mir, daß sie es jetzt sind.«
»Und Wolfram und Frankensteins
Enkel Rufus?«
»Witzchen-Wolfram interessiert
mich sowieso nicht. Und eigentlich mache ich mir auch nichts aus Apothekern.
Die sind alle von Berufs wegen schon pedantisch. Ich werde mich jetzt mal
erkundigen, womit die andern Geld verdienen.«
Kaum saßen wir wieder am Tisch,
fragte sie den alleinerziehenden Vater: »Wie heißt du eigentlich?«
»Felix.«
»Und was machst du?«
»Industriekaufmann.«
»Und warum lernst du kochen?«
»Weil ich nicht mehr bereit
bin, für das bißchen Kochen, das mir eine Frau bietet, die Frau durchzufüttern.
Meine Ehemalige hat jahrelang von meinem Geld auf der faulen Haut gelegen.
Jetzt ist die Tochter zehn und will lieber bei mir wohnen, jetzt darf die
Gnädigste Unterhalt blechen. Das bißchen Kochen für meine Tochter und für mich,
das lerne ich schnell.«
Tanjas Gesicht zeigte deutlich,
daß sie damit genug über diesen Felix wußte.
Er grinste nur: »Ja, das
frustriert die Weiber, wenn sie endlich die Quittung für ihre Habgier bekommen.
Ihr wollt alle nur das eine: das Geld der Männer.«
»Aus deiner Sicht hast du
vollkommen recht«, sagte Tanja. »Von dir wollen alle Frauen nur Geld, du hast
ja sonst einer Frau nichts zu bieten.«
Nun grinste er nicht mehr.
Tanja machte sich an ihr
nächstes Opfer ran: »Und was machst du, Rufus?«
»Ich bin Mädchen für alles, in
einem Hotel.«
»Ach«, sagte Tanja
desinteressiert.
»Und was machst du?« fragte
Frankensteins Enkel zurück.
»Ich bin bei einer Bank.«
»Ach«, sagte Frankensteins
Enkel interessiert. Aber Tanja gab keine weiteren Auskünfte. »Und was machst
du, Viola?« fragte er.
»Ich bin Innenarchitektin.«
»Ist ja toll!« Er war
einwandfrei beeindruckt. »Wo arbeitest du?«
Ich hatte keine Lust, vor
Frankensteins Enkel und dem blöden Felix mein Schicksal auszubreiten, deshalb
sagte ich nur: »Mein Freund und ich arbeiten in einem großen Architekturbüro.«
»Super.«
Es war ein super Gefühl,
bewundert zu werden. Leider war es nur kurz. Leider hörte ich Tanja fragen:
»Weiß jemand einen Job für Viola?«
Frustriert sah ich in mein fast
leeres Colaglas. Ich würde mir heute abend keine Cola mehr leisten, ich würde
so bald wie möglich gehen.
»Suchst du eine neue Stelle als
Innenarchitektin?« fragte Frankensteins Enkel.
Ich war überrascht, daß er
Tanjas Frage so aufgefaßt hatte. Er hatte mir wirklich zugetraut, daß ich als
Innenarchitektin angestellt bin. So andeutungsweise wie möglich erklärte ich
ihm meine Situation.
»Ich weiß zwar einen Job, aber
der ist nichts für dich«, sagte er dann.
»Was für einen Job?«
»Als Zimmermädchen.«
»Willst du dir das Mädchen aufs
Zimmer kommen lassen?« fragte der blöde Felix. Offenbar hatte er sich von
Tanjas Attacke erholt.
»In dem Hotel, in dem ich
arbeite, wird dringend ein Zimmermädchen gesucht, eine Angestellte ist ständig
krank. Es kamen schon Bewerberinnen, aber entweder waren sie der Chefin nicht
ordentlich genug oder nicht sofort frei.« Er erzählte, daß man die Betten
machen müßte und staubsaugen und was in einem Hotel so anfällt, keine schwere
Arbeit, und man könnte relativ selbständig arbeiten, weil die Chefin nur selten
da sei. Und die Bezahlung wäre gut.
»Jede Putze ohne
Lohnsteuerkarte bekommt mehr als unsereins«, sagte Felix.
»Warum arbeitest du dann nicht
als Putze?« fragte ihn Tanja. Darauf fiel ihm nichts ein.
Ich überlegte: Als
Zimmermädchen würde ich eigentlich das gleiche machen wie zu Hause, nur mit dem
großen Unterschied, daß ich dort dafür bezahlt würde. »Wo ist das Hotel?«
»Beim Welserplatz. Nicht
zentral, aber verkehrstechnisch günstig.«
»Ach, da wohne ich auch in der
Nähe«, sagte Tanja, »wo ist da ein Hotel?«
»In der Weiserstraße. Es ist
ein kleines Hotel. Vierundzwanzig Zimmer.«
»Ist das ein Puff?« fragte
Felix.
»Nein.«
Trotzdem erzählte Felix, er sei
einmal mit seiner Ehemaligen in einem stinknormalen Hotel abgestiegen, aber es
hätte sich als Puff entpuppt — von der schärfsten Sorte. Und er die ganze Nacht
in diesem Puff mit der eigenen Ehefrau. Der größte Frust seines Lebens.
»In dem Hotel, in dem du als Mädchen
für alles arbeitest, könnte ich als Zimmermädchen jobben?« fragte ich vor mich
dahin, während ich überlegte, was Benedikt dazu sagen würde.
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