Der Mann, der's wert ist
Suleikas Mann trägt
ein goldenes Kettchen um den Hals und eines ums Handgelenk und eine
leopardengemusterte Schürze.« Michael kam und fragte Tanja: »Kommst du mit rauf
auf den Schulhof, eine rauchen?«
»Sekunde«, sagte Tanja, warf
den letzten unförmigen Hackfleischklumpen in den Topf und folgte Michael.
Als sie draußen waren, ging
Wolfgang an ihren Herd. Er schob den Topf von der Platte, stellte die Temperatur
runter auf kleine Hitze, nahm einen total unförmigen Hackfleischklumpen raus,
machte den Wasserhahn auf, befeuchtete seine Hände, und dann drehte er den
Klumpen zwischen den Händen, bis er so rund war wie eine Pille. Er formte auch
die andern Klumpen zu perfekten Pillen, legte sie in den Topf zurück, suchte im
Geschirrschrank einen Deckel, legte den Deckel auf den Topf und ging schweigend
zurück an seine Kochzeile.
Punkt neun war alles fertig.
Die Schollenfilets schmeckten fettiger als sämtliche Schollen, die sämtliche
Teilnehmer je gegessen hatten. Das läge daran, erklärte Carola, daß Schollen
normalerweise gebraten werden, und dabei wird das Fett reduziert. Beim Dünsten
aber bleibt alles, wie es ist. Die Fleischbällchen waren ziemlich fade, das lag
ebenfalls daran, daß sie im allgemeinen gebraten werden. Aber das Gemüse war
einwandfrei lecker.
Der alleinerziehende Vater, der
letztes Mal vor dem Spülen gegangen war, um seine Tochter abzuholen, sagte:
»Die Fleischklößchen waren so fad wie Sex in der Ehe.«
»Dein Vergleich hinkt«, rief
Wolfram, »in der Ehe gibt es nur fades Fleisch, Sex gibt’s überhaupt nicht
mehr.«
»In meiner Ehe gibt es keine
Fleischklößchen«, sagte Arnulf düster, und alle lachten. Er sah hinüber zu
Suleika, die vom Tisch aufgestanden war, um die Sahne zum Apfelmus zu schlagen,
der elektrische Quirl war laut genug, daß sie ihn nicht hören konnte. »Ich hab
erst jetzt einen ganz heißen Tip gehört«, flüsterte er, »es gibt auch
Thailänderinnen, die sind echte Katholikinnen, und die kochen das gleiche wie
wir.«
»Sind Katholikinnen teurer?«
fragte Michael.
»Ich weiß es nicht«, seufzte
Arnulf, »ich bin damals gar nicht auf die Idee gekommen, nach so was zu
fragen.«
Suleika servierte ihr Apfelmus mit
Schlagsahne. Die Sahne war viel zu süß, aber alle sagten, es schmecke super,
sogar Arnulf. Wolfram fing wieder mit dem Sex-Thema an. Als präsentiere er die
neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, sagte er: »In siebzig Prozent der
Ehen läuft nach dem ersten Kind gar nichts mehr.«
»In hundert Prozent der Ehen
läuft dann gar nichts mehr«, rief der alleinerziehende Vater. »Stell dir vor,
du willst gerade Action machen, da plärrt das Baby, und bis es dann sein
Bäuerchen gemacht hat oder sein Scheißerchen, ist alles vorbei.«
»Man kann warten, bis das Kind
wieder schläft«, sagte Carola.
»Das ist wie mit der
Schlagsahne«, schrie Wolfram, »wenn sie steif ist und man läßt sie zu lange
stehen, fällt sie wieder zusammen.«
Die Männer waren sich einig,
daß dieser Vergleich wahnsinnig gut war. Carola sagte, wir müßten nun das Thema
wechseln und abspülen. Außerdem sollten wir uns in die Teilnehmerliste der
Volkshochschule eintragen.
Wir spülten, trugen uns in die
Liste ein, und wieder fragte Frankensteins Enkel, ob wir in die Kneipe
mitgingen. Ja, diesmal wollte ich mit, ich hatte Benedikt schon gesagt, daß er
mich nicht abholen sollte, weil wir anschließend weggehen würden. Nur hatte
diesmal die Apotheker-Clique keine Lust, und Michael hatte noch einen Termin,
so daß wir schließlich nur zu viert in der Rothschild-Bierkaschemme waren:
Tanja, der alleinerziehende Vater und Frankensteins Enkel, der sich mir direkt
gegenüber setzte. Ich konnte den frontalen Anblick seiner Augenbraue und seiner
Bärte nicht lange ertragen und ging aufs Klo. Tanja kam mit.
»Jetzt weiß ich, wer auf jeden
Fall schwul ist«, sagte sie im Klo. »Winfried und Wolfgang.«
»Die? Die sehen aber aus wie
ganz normale Sportlertypen.«
»Ich weiß es aus der
Teilnehmerliste. Die beiden wohnen zusammen.«
»Ich hab früher auch mit einem
Mädchen zusammengewohnt, und wir waren nicht lesbisch.«
»Das sind keine Studenten mehr.
Wenn zwei Männer, die reichlieh Geld verdienen, zusammenwohnen, dann sind sie
schwul. Ich glaube, Wolfgang ist derjenige, der wirklich kochen lernen will,
der spielt bei diesem Paar die klassische Frauenrolle. Winfried scheint mehr
für die Konversation zuständig zu sein.«
»Glaubst du, daß die echt
schwul
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