Der Mann, der's wert ist
erzählte ich ihm von
Frau Schnappensiep und die Neuigkeiten über Rufus. Benedikt meinte, wenn Frau
Schnappensiep mit einem Notar verheiratet ist, könne sie im Luxus vom Geld
ihres Mannes leben und hätte es nicht nötig, sich um das Hotel zu kümmern. Da
hatte er sicher recht. Und Benedikt fand es blöd, daß Rufus erzählt hatte, er
sei Mädchen für alles, statt sich als Geschäftsführer vorzustellen. Rufus sei
der typische Versager. Da hatte er wahrscheinlich auch recht. Trotzdem tat
Rufus mir leid. Es war wirklich alles hoffnungslos im Hotel Harmonie.
47. Kapitel
»Dieser Mann ist interessanter als
vermutet«, sagte Tanja, »Saurierforscher und Geschäftsführer — wer hätte das
gedacht!« Wir standen auf dem Rothschild-Schulhof, es war kurz vor sieben. Ich
war mit Rufus in seinem klapprigen VW-Kombi direkt vom Hotel gekommen, es hätte
sich nicht gelohnt, vorher nach Hause zu fahren, also hatte ich eine Stunde
länger geputzt, ein bißchen mehr verdient und dann mit Rufus auf Herrn
Hedderich gewartet, der die Hotelaufsicht übernahm. Als wir ankamen, standen
Tanja und Michael rauchend im Schulhof, und weil Michael ungestört mit Rufus
reden wollte, konnte ich ungestört Tanja informieren. »Rufus und Michael sind
vermutlich auch schwul. Rufus wollte mir nämlich nicht sagen, warum er mit
Michael zusammen den Kochkurs macht.«
»Aber Michael hat mir erzählt,
warum er den Kurs macht: Er ist Journalist und soll einen Artikel über
Volkshochschul-Kochkurse schreiben für sein Metropolen-Magazin. Michael will
nur nicht, daß Carola es weiß — er befürchtet, sie erwartet, daß er seitenlang
ihre unschlagbaren pädagogischen Fähigkeiten preist und ihre Rezepte abdruckt.
Und dazu hat er keine Lust. Das ist sein ganzes Geheimnis, jeder darf es
wissen, außer Carola. Außerdem behauptet Michael, er könnte bereits kochen, das
ist möglich, aber daß er schwul ist, glaube ich nicht.«
»Aber du weißt es nicht.«
»Er ist sowieso nicht mein Typ.
Michael spielt den einsamen Großstadt-Cowboy, zu dem paßt, falls er nicht
schwul ist, ein einsames Cowgirl. Und der Typ bin ich nicht. Ich steh nicht auf
diese Wir-zwei-gegen-den-Rest-der-Welt-Symbiosen.«
Dann mußten wir uns an die
Kochtöpfe begeben. Zur Auswahl standen heute Steaks mit Bratkartoffeln und
Salat oder Marmorkuchen. Weil die Männer zu Hyänen wurden, als es darum ging,
wer Steaks machen durfte, machte ich freiwillig mit Suleika Marmorkuchen. Tanja
und Rufus machten unfreiwillig Marmorkuchen.
Ausnahmsweise, weil das Fleisch
so teuer war, war Carola bereit, vorher zu verraten, welche Fehler bei der
Zubereitung eines Steaks möglich sind. Sie diktierte zum Mitschreiben:
1. Steak macht man aus Fleisch
von Rind oder Kalb. Das Fleisch sollte weiße Fettpunkte haben, das ist besser
als völlig fettloses Steak. Kein hellrotes Fleisch kaufen, sondern dunkelrotes,
das ist abgehangen.
2. Das Steak muß
Zimmertemperatur haben, sonst wird es beim Braten hart. Also vorher auftauen.
Und mit Küchenkrepp trockentupfen.
3. Man schneidet die Haut, die
das Steak umgibt, ringsum ein. Nur die Haut einschneiden, nicht das Fleisch.
Wenn man die Haut nicht einschneidet, wölbt sich das Steak in der Pfanne und
wird nie gleichmäßig gebraten.
4. Am besten schmeckt Steak,
wenn es in geklärter Butter oder in Pflanzenöl gebraten wird. Keine richtige
Butter nehmen, die wird schwarz beim Braten.
5. Gut ist eine möglichst
schwere Pfanne, nicht viel größer als das Steak.
6. Zuerst kommt das Fett in die
Pfanne.
7. Der Boden der Pfanne darf
nur ein, zwei Millimeter mit Fett bedeckt sein. Millimeter — nicht Zentimeter.
Das Fett muß den Pfannenboden gleichmäßig bedecken. Wenn es den Boden nicht
gleichmäßig bedeckt, ist die Pfanne verbogen, oder der Herd steht schief.
Beides führt zu ungleichmäßig gebratenen Steaks.
8. Das Fett muß sehr heiß sein,
ehe das Steak in die Pfanne kommt. Es muß leicht rauchen. Aber nur leicht. Oder
man prüft die Fettemperatur, indem man mit dem Finger ein bißchen Wasser aufs
Fett spritzt: wenn die Wassertropfen auf dem Fett verdampfen, ist es richtig.
9. Wenn das Steak dicker ist
als drei Zentimeter, sollte man es — ehe man es in die Pfanne gibt! — flacher
klopfen, auf drei Zentimeter Höhe. Nur leicht klopfen, nicht hämmern.
10. Das Steak klebt zuerst in
der Pfanne an, aber man kratzt es nicht los, sondern wartet eine Minute, dann
löst es sich allein vom Pfannenboden. Man wendet es und brät die
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