Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
Vom Netzwerk:
wissen.«
    »Benedikt ist auch total im
Streß und kam bisher nicht dazu, an dem Hotelprojekt zu arbeiten.«
    »Man darf gespannt sein, wann
er damit rausrückt«, sagte Tanja. Sie sagte es, als sei auf Benedikt kein
Verlaß.
    »Benedikt wird bestimmt
pünktlich fertig mit dem Entwurf, er hat es mir versprochen. Außerdem hängt es
auch vom Hotel ab, wenn ich bei meinem Onkel anfange, ist keine Putzfrau mehr
da, und wenn während des Umbaus der Hotelbetrieb weitergehen soll, braucht man
eine neue Putzfrau, und bis Rufus...«
    »Ja, du solltest dich auf jeden
Fall um eine neue Putzfrau kümmern«, sagte Tanja zu Rufus.
    Er seufzte: »Ich weiß. Ich muß
mal das Arbeitsamt anrufen.« Um wenigstens etwas Konkretes zu den Umbauplänen
anzudeuten, sagte ich: »Benedikt hat schon viele Ideen, was man aus dem Foyer
machen könnte, aber sicher ist bisher nur, daß Herrn Hedderichs Verschlag
verschwindet.«
    »Warum denn das?« rief Rufus
entsetzt, »den braucht Herr Hedderich aber!«
    »Das ist wirklich sicher, daß
der Verschlag weg muß«, sagte Tanja. »Rufus, es ist unmöglich, eine Hotelhalle
mit einem Werkstattschuppen zu verschandeln. Dann kannst du’s gleich
bleibenlassen.«
    Ich lächelte Tanja zu.
    »Wenn ihr meint«, sagte Rufus
brav.
    »Warten wir ab. mit welchen Lösungen
uns Herr Windrich überrascht«, sagte Tanja. Es klang gelangweilt und
desinteressiert. Dann fragte sie Rufus: »Gehst du nachher mit mir essen? Gegen
acht?«
    Es klang ebenso gelangweilt und
so desinteressiert, daß ich mich fragte, ob Tanja mit Rufus Schluß machen
wollte. Hoffentlich nicht — Rufus tat mir leid.
    »Ja, ich geh gern mit dir
essen.«
    »Du kommst ja doch nicht mit,
oder?« fragte Tanja mich. »Benedikt wartet auf mich.« Wenn sie mich fragte, ob
ich mitgehe, wollte sie wahrscheinlich doch nicht mit Rufus Schluß machen,
oder?
    Tanja sah mich gedankenverloren
an und sagte: »Der Juwelier hat übrigens sagenhafte Veilchenohrringe, so
ähnlich wie deine Plastikdinger, nur eben aus Amethyst und sehr schön
gearbeitet. Du solltest sie mal ansehen.«
    »Mir ist egal, ob meine
Ohrringe echt sind. Die hat mir Benedikt geschenkt.«
    »Ist mir bekannt«, sagte Tanja
schlecht gelaunt.
     
    Am nächsten Morgen wirkte Rufus
zwar leicht verkatert und ernst, aber nicht wie ein Mann, der am Abend zuvor den
Todesstoß von seiner Freundin bekommen hat. Er rief beim Arbeitsamt wegen einer
Putzfrau an, und man versprach ihm, sofort Bewerberinnen vorbeizuschicken.
    Bis zum Abend kamen tatsächlich
vier Bewerberinnen. Die erste wollte nur abends arbeiten, die zweite nur ohne
Steuerkarte, die dritte wollte nur Zimmer putzen, in denen ein Fernseher ist,
weil sie ihren kleinen Sohn mitbringen wollte und das Kind sich nicht
langweilen sollte, die vierte hätte so verdreckt ausgesehen, daß sie als
Putzfrau eine Provokation gewesen sei, erzählte Rufus wütend. Und morgen kämen
weitere Bewerberinnen, es graue ihm schon davor. Und seinetwegen könne sich der
Beginn des Umbaus noch Monate hinziehen.
    Aber Mittwochnachmittag rief
mich Rufus per Haustelefon runter zur Rezeption. Bei ihm stand ein junges
Mädchen, höchstens zwanzig, sagenhaft dick, auch wenn man sich ihren
daunenwattierten Anorak wegdachte. Sie trug einen Kopfhörer um den Hals, und
das Kabel ihres Walkmans spannte über ihrem Busen.
    »Das ist Carmen Gosch, unsere
neue Hausdame«, strahlte Rufus.
    Sie machte keine Anstalten, mir
die Hand zu geben, sagte aber: »Ihr könnt mich duzen.«
    »Sie werden sich mit Viola
Faber sicher gut verstehen«, sagte Rufus, und ich fand, daß er ihr sehr elegant
beigebracht hatte, daß er nicht geduzt werden wollte.
    »Kein Problem«, sagte Carmen.
    Warum sollte ich mich nicht mit
ihr duzen? »Ich heiße Viola.«
    »Geht in Ordnung«, sagte
Carmen.
    »Und wie gesagt«, sagte Rufus,
»Sie dürfen bei der Arbeit jederzeit Ihren Walkman tragen, überhaupt kein
Problem, und wenn Sie sich was zu essen mitbringen wollen, wir haben
Kühlschrank, Tiefkühltruhe, Mikrowelle, alles da.«
    »Tagsüber eß ich nichts
Warmes«, sagte Carmen. Sie bewegte beim Reden den Unterkiefer, als kaue sie die
Worte.
    »Also, übernächsten Montag, am 2.
April, fangen Sie bei uns an. Und Viola und unsere Frau Hedderich werden Sie
einarbeiten.«
    »Kein Problem«, sagte Carmen.
    Rufus war begeistert.
    Er war auch noch begeistert,
nachdem sich Carmen verabschiedet hatte: »Sie hat nur eine Bedingung gestellt,
sie will sich nie von ihrem Walkman trennen. Mal sehen, was die Chefin zu

Weitere Kostenlose Bücher