Der Mann, der's wert ist
Pellkartoffeln
mit Butter so gerne esse, fragte ich Carola alles, was ich über Pellkartoffeln
schon immer wissen wollte. Sie sagte, es sei nur Geschmackssache, ob man
festkochende oder mehligkochende nimmt. Die meisten würden festkochende
bevorzugen, und am besten seien auf jeden Fall neue Kartoffeln. Und man müsse
das Kochwasser nicht salzen, weil das Salz nicht durch die Schale dringt. Man
könne aber einen Streifen von der Schale abschneiden, damit an dieser Stelle
das Salz eindringt. Und es wäre praktisch, nur gleichgroße Kartoffeln zu
nehmen, weil dann alle gleichzeitig gar werden und man nicht jede probehalber
anstechen muß. Ein knackendes Geräusch von der hinteren Kochzeile beendete
unser Pellkartoffelgespräch. Wir drehten uns um. Da stand Felix und zerbrach
das original italienischlange Spaghettibündel, wobei ziemlich viele Bruchstücke
zu Boden rieselten. »Warum machst du das?« fragte Carola.
»Meine Tochter findet es toll,
wie ich die rohen Spaghetti zerknacke«, erklärte Felix stolz und brach noch mal
wie Supermann das Bündel durch. »Außerdem passen sie so in den Topf.«
»Du fegst nachher aber die
Nudeln auf dem Boden zusammen. Der Besen ist im Schrank.« Carola rauschte
wütend hinaus. Felix schob die Nudeln mit dem Schuh unter den Herd.
Viertel vor neun ging Wolfgang
auf den Schulhof, um Winfried und Michael zum Essen zu bitten.
Selbstverständlich war unser
Gulasch, eigentlich das Gulasch von Wolfgang, perfekt. Sein Krautsalat
ebenfalls. Meine Pellkartoffeln auch, nach zwanzig Minuten erst waren sie weich
geworden. Das Gulasch von Rufus und Wolfram war auch okay, nur etwas zu
paprikabetont.
Als Felix seine Spaghetti auf
den Tisch stellte, fragte Carola entsetzt: »Wie hast du das gemacht?«
Die kurzgebrochenen Nudeln
waren zu einem Haufen zusammengepappt und ließen sich allenfalls mit einem
Messer zerteilen. Felix erklärte, so würden sie nicht immer, aber manchmal. Es
läge an der Qualität der Nudeln.
»Manchmal liegt es auch am
Wasser«, sagte Witzchen-Wolfram.
»Da hast du wahrscheinlich
sogar recht«, sagte Carola. »Hat das Wasser gekocht, als du die Spaghetti
reingetan hast?« Möglicherweise hätte es gekocht, er hätte es nicht genau sehen
können.
»Warum weißt du nicht, ob das
Wasser gekocht hat? Woran erkennt man kochendes Wasser?«
»Wenn der Wasserkessel pfeift« —
natürlich Wolfram, wer sonst.
Beim Wasserkessel sei es kein
Problem, erklärte Felix, aber wenn viele Nudeln im Topf liegen, dann sieht man
die Wasserblasen auf dem Topfboden, an denen man erkennt, ob das Wasser kocht,
eben nicht so genau.
Carola erklärte, daß Nudeln —
ganz im Gegensatz zu Kartoffeln — immer in kochendes Wasser gegeben werden. Und
kochendes Wasser erkennt man nicht an Blasen auf dem Topfboden, sondern an
großen Blasen, sprudelnd bis zur Oberfläche. Bläschen auf dem Topfboden: das
ist nur siedendes Wasser!
Felix behauptete, seine Tochter
hätte Spaghetti lieber zusammengepappt, in Klumpen könnte man sie besser mit
der Gabel aufspießen.
Seine klumpige Sauce sah auch
so kindgemäß aus, daß sich alle weigerten, sie zu probieren.
Ich erzählte Benedikt nicht,
daß wir im Kochkurs gelernt hatten, wie man Wasser kocht! Aber gleich am Montag
machte ich mit Rufus in der Hotelküche Steaks mit Pellkartoffeln. Obwohl wir
beide im Kurs keine Steaks geübt hatten, waren wir mit dem Ergebnis
hochzufrieden.
Am Abend, kurz vor sechs, kam
Tanja, angeblich zufällig, ins Hotel. Sie kam von einem Juwelier, den sie in
der Nähe entdeckt hatte, und dieser Juwelier hätte nicht nur außergewöhnlich
schönen Schmuck, sondern sei außerdem außergewöhnlich nett. Tanja hatte ihm
einen Ring zur Reparatur gebracht, bei dem seit Jahren ein Steinchen fehlte.
Wir saßen in der Polstergarnitur hinter Herrn Hedderichs Verschlag, Rufus trank
Bier, Tanja hatte sich einen Piccolo gewünscht, den Rufus selbstverständlich
prompt aus der Küche brachte, ich trank Kaffee. Nachdem Tanja den
außergewöhnlich netten Juwelier genug gepriesen hatte, verfiel sie in
Schweigen.
»Was gibt’s denn sonst Neues?«
fragte Rufus.
»Gestern rief mein alter Freund
Detlef an.« Darauf schwieg sie weiter.
»Und was wollte er?« fragte
Rufus sehr interessiert.
»Nichts Besonderes, nur mal
wieder reden. Es scheint ihm allmählich aufzufallen, daß er sonst keine Leute
kennt.«
»Und sonst?«
»Außerdem scheint es im Büro
Faber diversen Ärger zu geben. Aber das wird Viola besser
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