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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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sehr
gekünsteltem Bedauern. »Ich bin nur den Umgang mit Männern gewöhnt. Das liegt
daran, daß ich mit zwei Brüdern aufgewachsen bin.«
    Ich hätte gedacht, daß auch zur
Erzeugung eines Kindes ein gewisser Umgang mit Männern gehört, aber in diesen
Kreisen anscheinend nicht. Alles, was ich gesagt hätte, wäre falsch gewesen.
Als wir endlich im Park waren, rannte Moritz hinter ein Gebüsch, Solveig
hinterher. Annabell wollte auch hinterher, aber die Mutter von Moritz hielt sie
zurück. Die Kinder sollten selbständig spielen, sie achte darauf, daß ihr
Moritz täglich eine halbe Stunde selbständig spiele, für einen Jungen sei das
besonders wichtig. Und es gehöre auch zum Programm der Selbsthilfegruppe. Sie
bestand darauf, daß wir uns auf eine Bank ziemlich abseits vom Gebüsch setzten,
damit ihr Moritz sich nicht beobachtet fühlte, sonst könnte er nicht
selbständig spielen.
    Wir saßen kaum, da kroch
Solveig mit ihrem schönen Kleid unter einem Busch hervor, rannte zu uns, warf
wütend den Hasen vor die Bank und schrie: »Ich will den Hasen nicht haben, weil
der keinen Schwanz hat!«
    Annabell hob den Hasen an seinem
Puschelschwanz aus dem Staub. »Sieh mal, hier hat der Hase seinen Schwanz«,
sagte sie mit Ich-bin-eine-glückliche-Mutter-Stimme.
    »Ich will einen langen Schwanz
haben wie der Moritz!«
    »Du, Solveig, warum denn?«
fragte Annabell hochbesorgt und untersuchte die Grasflecken auf Solveigs Kleid.
    »Hat dir der Moritz seinen
Schwanz gezeigt?« fragte die Mutter von Moritz mit
Ich-bin-eine-glückliche-Mutter-Stimme. Sie legte liebevoll die Hand auf
Annabells Schulter: »Das macht er gern. Freud nennt das Zeigelust, das ist was
vollkommen Natürliches. Macht das die Solveig noch nicht? Der Moritz ist seinem
Alter eben wahnsinnig voraus. Also der Moritz spielt wahnsinnig gern mit seinem
Schwanz.«
    Annabell wurde bleich, nahm
Solveig in ihre Arme: »Wir Frauen brauchen keinen Schwanz, wir spielen mit
unserer Vagina. Du weißt doch, aus der Vagina kommen die Kinder raus. Aus einem
Schwanz kommen keine Kinder raus.«
    »Erzähl ihr nicht so’n Scheiß«,
rief die Mutter von Moritz, »natürlich kommen aus dem Schwanz auch die Kinder,
da läuft schließlich das Sperma raus.«
    »Ich will einen langen
Schwanz«, plärrte Solveig, »lange Schwänze sind viel besser.«
    »Hör nicht drauf, was dumme
Männer erzählen, Solveig, es ist ganz egal, ob einer einen kurzen oder einen
langen Schwanz hat«, rief Annabell Solveig ins Ohr.
    »Vorsicht, Vorsicht«, rief die
Mutter von Moritz und schüttelte voll Bedenken ihre Hände, »an den Reden der
Männer ist oft ein Körnchen Wahrheit. Und ich muß ganz objektiv sagen, der Moritz,
der ist für sein Alter erstaunlich gut bestückt, wie man so sagt.« Sie
kicherte: »Und du siehst ja selbst, daß sogar kleine Mädchen einen ausgeprägten
Instinkt dafür haben.«
    »Komm sofort zu mir!« schrie
Annabell und rannte zum Gebüsch. Moritz kam nicht.
    »Komm sofort, oder...«
    Moritz kam aus dem Gebüsch,
seinen Tiger zog er hinter sich durch den Dreck.
    »Was hast du gemacht mit der
Solveig? Was hast du mit dem Schwanz gemacht?!«
    »Brüll meinen Sohn nicht an«,
brüllte die Mutter von Moritz Annabell an.
    »Du blöde Schwanzlutscherin«,
schrie Moritz zu Annabell. Die Mutter von Moritz sagte honigsüß zu ihrem Sohn:
»Moritz, wenn du Lust hast, uns zu zeigen, was du mit dem Schwanz und mit der
Solveig gemacht hast, bekommst du einen Super-Eisbecher.«
    Moritz lächelte: »Also, ich
zeig es«, sagte er gnädig.
    Ich lächelte ihm auch
aufmunternd zu, ehrlich gesagt, gierte ich danach, den Schniepel eines
gutbestückten Vierjährigen zu sehen. Ich hatte gedacht, so was sei in dem Alter
höchstes so dick wie ein kleiner Finger und so lang wie ein Radiergummi. »Also,
ich pack den Schwanz«, rief Moritz. Er packte seinen Tiger am Schwanz,
schwenkte ihn über den Kopf, holte nach hinten aus und haute den Tiger auf
Solveigs Kopf. »Whramm! Action!« schrie er, »Tiger sind besser als Scheißhasen.
Ich pack den Tiger am Schwanz, und mein Tiger haut ihr den Kopf kaputt und
kotzt die Haare auf den Teppich!«
    Er führte sofort noch mal vor,
was er mit dem Schwanz und Solveig gemacht hatte: »Whramm! Action!«
    Solveig plärrte noch lauter:
»Ich will auch einen langen Schwanz haben!«
    »Wie süß! Wie süß!« kreischte
Annabell. »Sind Kinder nicht wahnsinnig kreativ! Und ich dachte schon...«
    »Hätte durchaus sein können«,
lächelte die Mutter von Moritz.

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