Der Mann, der's wert ist
weitere Auskünfte stehen
wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Anbei Ihre Unterlagen zu
unserer Entlastung zurück.
Mit freundlichen Grüßen Georg
Faber.«
»Was heißt das«, frage ich
Rufus, »zu unserer Entlastung?«
»So schreibt man das eben, es
bedeutet nichts.«
Auch alle Fotos von den Zimmern
und vom Haus, die ich Benedikt als Anschauungsmaterial gegeben habe, kommen zur
Entlastung zurück. Sonst nichts. Kein Wort von Benedikt.
Ich fühle mich wie ein
entkerntes Haus. Ja, Benedikt hat auch mich entkernt.
Vier Wochen nach Ausbruch der
Katastrophe bekam ich auch Post, es war aber nur ein Bankauszug. Die alte
Adresse war durchgestrichen, »jetzt Hotel Harmonie« drübergeschrieben. Warum
»jetzt«? — warum nicht »zur Zeit«? Rufus meinte, es hätte nichts zu bedeuten, bestimmt
hätte es der Postbote geschrieben.
Im Bankauszug sah ich, daß die
nächste Miete an Mercedes ab 15. Mai abgebucht war.
»Warum zahlst du dort noch
Miete?« fragte Rufus.
Was für eine Frage. Solange ich
Miete bezahle, kann ich jederzeit zurückkommen.
An diesem Abend kam Tanja. Sie
wollte etwas mit Rufus besprechen. Mit mir wollte sie nichts besprechen. Erst
als ich sie direkt darauf ansprach, sagte sie, Detlef hätte sich zum Fall
Benedikt nicht mehr geäußert. Und sie sagte: »Kümmere dich um das Geld, daß du
vom Windrich noch bekommst.«
»Was für Geld? Wie kommst du
auf die Idee?«
»Nach allem, was du erzählt
hast! Wieviel schuldet er dir?« Ich hatte keine Lust, darüber nachzudenken.
»Vielleicht die Hälfte vom Verkauf unseres alten BMWs, aber dafür hat er mir
das halbe Cabrio zu Weihnachten geschenkt. Und vielleicht bekomme ich noch Geld
vom Umzug, weil Benedikt alles von meinem Onkel zurückbekommen hat, und von den
Einkäufen schuldet er mir vielleicht auch was... andererseits hat Benedikt
immer bezahlt, wenn wir mal weggegangen sind...«
»Warum sind Frauen nur so doof,
wenn es um Geld geht«, rief Tanja, »ich werd in meinem Beruf zur
Frauenhasserin! Gestern hat mir wieder eine Sekretärin, die einen Kredit
wollte, um die Kaution für eine neue Wohnung bezahlen zu können, die Ohren
vollgeheult. Jahrelang hat sie unverheiratet mit ihrem Typen zusammengelebt,
und weil beide gleich viel verdienten, haben sie alle Ausgaben gleichmäßig
verteilt. Von seinem Konto wurden die Kredite für die Eigentumswohnung
abgebucht und fürs Auto, und sie bezahlte Strom, Telefon, Versicherungen und
die Lebensmittel. Und alles genau aufgeschrieben und ausgeglichen. Und jetzt
ist die Beziehung futsch, weil er meint, die Erotik sei futsch. Zum Trost
bleiben ihm die Eigentumswohnung und das Auto. Und ihr bleiben die bezahlten
Stromrechnungen und Telefonrechnungen und die Lebensmittel im Kühlschrank. Er
hat sein Geld in männlicher Klugheit investiert, und sie steht da, als typische
Frau, die ihr Geld für Nichtigkeiten verpulvert hat. — Es ist gar nicht so, daß
Männer mehr Geld verdienen müssen als Frauen, um mehr Geld als Frauen zu haben,
sie lassen sich nur nicht auf die sentimentale Tour ums Geld bringen.«
»Benedikt wird mir das Geld
schon zurückgeben.«
»Je länger du wartest, desto
weniger bekommst du zurück. Alte Gläubiger-Weisheit. Sag auch mal was, Rufus.«
»Ich halt mich da raus. Aber
ich finde auch, Viola sollte keine Miete mehr an seine Schwester zahlen.«
»An die zahlst du noch Miete! Wenn
du mir den Auftrag erteilst, kann ich den Dauerauftrag kündigen. Ich kann sogar
die Miete für diesen Monat zurückbuchen lassen.«
»Ich möchte warten, bis
Benedikt sich meldet.«
»Wenn du die Miete stornierst,
gibst du ihm wenigstens einen Anlaß, sich zu melden.« Mit einer Bestimmtheit,
die keinen Zweifel ließ, sagte Tanja: »Jede Wette, dann meldet er sich.« Also
erteilte ich Tanja den Auftrag, den Dauerauftrag und die letzte Überweisung zu
stornieren.
»Und bitte, tu mir noch einen
Gefallen«, sagte Tanja dann, »trenn dich endlich von diesen billigen
Plastik-Ohrringen.«
»Die Ohrringe haben doch nichts
zu bedeuten.«
»Natürlich haben sie was zu
bedeuten. Du trägst sie noch, weil du nicht glauben willst, daß es aus ist.«
»Ich muß zuerst wissen, warum
es aus ist.«
»Viola ist wie die naiven
Dinosaurierforscher«, sagte Rufus, »die wollen auch immer nur wissen, warum die
Dinosaurier ausgestorben sind.«
»Ja und?« fragte Tanja.
»Man muß fragen: Warum haben
die Dinosaurier überhaupt so lange gelebt?«
»Also Rufus, warum haben sie
überhaupt so lange
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