Der Mann, der's wert ist
es.«
Ich bin so sprachlos, daß ich
Rufus nicht sagen kann, daß ich lieber von meinem Zimmer mit Benedikt
telefonieren will, ich habe es mir schon so oft vorgestellt, wie es sein wird,
wenn er mich anruft, und jetzt höre ich seine Stimme wieder: »Hallo, Viola, wie
geht’s denn so? Hörst du mich?«
»Ja.«
»Geht’s dir gut? Hörst du
mich?«
»Ja.«
»Du, ich muß dich stören, wegen
einer etwas unangenehmen Sache. Nora macht sich Sorgen, weil du noch den Hausschlüssel
hast. Bitte, versteh mich nicht falsch, das ist kein Mißtrauen gegen dich, sie
hat nur Angst, du könntest den Schlüssel verlieren, und jemand Unbefugtes
könnte ins Haus kommen, sie will schon das Türschloß auswechseln lassen, du
weißt ja, wie sie ist.«
»Ja.«
»Und deine Sachen, ich denke,
du willst deine Sachen wiederhaben. Und Medi sagte mir, du würdest keine Miete
mehr zahlen. Finde ich auch völlig okay.«
»Ja.«
»Du, ich habe deine Sachen
zusammengesucht, ich will nicht, daß dir irgendwas fehlt. Ich denk mir, du
stellst deine Sachen besser im Hotel unter, da hast du alles griffbereit.«
»Ja.«
»Ich meine, es eilt nicht, aber
wie wär’s denn, wenn du deine Sachen dieses Wochenende abholst, sagen wir
diesen Samstag nachmittag? Da hätte ich übers Büro jemand günstig an der Hand,
der einen Kleintransporter hat und beim Einpacken hilft. Das wäre sehr
günstig.«
»Ja.«
»Können wir also festmachen,
diesen Samstag um drei?«
»Ja.«
»Schön, ich freu mich. Mach’s
gut«, sagt Benedikt und lacht dabei ein bißchen. Und ein bißchen ist’s, als
würde er mir ein Küßchen übers Telefon schicken.
»Ja. Ich freu mich auch.«
»Es bedeutet, daß du deine
Sachen abholen sollst«, sagt Rufus.
Es bedeutet, daß ich Benedikt
am Samstag wiedersehe.
Und am gleichen Nachmittag
entdecke ich, in einem Papierkorb, eine echte Tiffany-Lackpapier-Tüte! Rufus
sagt mir, daß ein Japaner in dem Zimmer übernachtet hat. Unglaublich, was
manche Leute wegwerfen! Jetzt habe ich auch eine Tiffany-Tüte — wenn das kein
gutes Zeichen ist! Ich werde sie Samstag tragen, wenn ich zu Benedikt fahre.
Plötzlich hat alles wieder
einen Sinn.
78. Kapitel
Und wenn es wahr ist, daß ich
Benedikt zum letztenmal sehen werde, dann muß er mir diese eine Nacht schenken,
diese letzte Nacht. Und danach will ich nie wieder mit einem Mann schlafen...
Aber tief in meinem Herzen weiß ich, daß es nicht das letztemal sein wird, daß
diese Nacht alles ändern wird. Und
ich denke nur noch:
»One night with you
is what I’m now
praying for.«
Als ich zur Münzbergstraße
fuhr, klopfte mein Herz so hysterisch, daß ich glaubte, jeder im Bus müßte es
hören. Ich war viel zu früh dran, ich hatte mir viel zuviel Parfüm überallhin gesprüht.
Aber egal, wenn Benedikt merkt, wie sehr ich mich für diesen Tag, diese Nacht
vorbereitet habe, er weiß es sowieso.
Ich hatte mir schwarze
Designerjeans gekauft, nicht bei C& A!, rosa Turnschuhe und einen rosa
Pulli — empfindliches Rosa war sicher nicht das Ideale für einen Umzug, aber
ich wollte fröhlich wirken.
Benedikts Auto war nicht zu
sehen. Ich wartete vor dem Haus. Kurz nach drei kam ein Kleinlaster
vorgefahren. Der Fahrer sah aus, wie man sich Möbelpacker vorstellt, und er
zerquetschte mir fast die Hand, als er mich begrüßte und sagte: »Ich Italiener,
ich sehr eilig.«
»Ich will auf meinen Freund
warten, Herr Windrich kommt bestimmt sofort.«
»Ich anfangen. Ich sehr eilig.«
Er klingelte.
Heraus kam Nora im neuen,
dunkelblauen Jogginganzug, mit strahlendem Lächeln rief sie: »Wunderbar, daß
ihr pünktlich seid, ich soll ein ganz, ganz herzliches Grüßchen von Benedikt
ausrichten, es tut ihm schrecklich leid, er hat heute nachmittag einen ganz,
ganz dringenden Termin. Aber er hat mir aufgetragen, ganz, ganz taktvoll zu
sein, und deshalb werde ich so schnell wie möglich das Haus verlassen und Medi
besuchen, damit ihr ganz ungestört seid.« Vertraulich wie nie zuvor sagte sie
mir ins Ohr: »Benedikt hat gesagt, ich darf nur so lange bleiben, bis du kontrolliert
hast, daß all deine Sachen da sind.«
»Er ist also nicht da.« Alles
andere interessierte mich nicht. »Dafür habe ich mit seiner Hilfe schon vor
Wochen alles eingepackt, was sich einpacken ließ.«
In meinem Zimmer, überall, auch
auf dem Bett, standen die alten Umzugskartons mit den aufgeklebten
Inhaltslisten, sie hatten in die Kartons wieder das gepackt, was auf den Listen
stand. Die Sachen, die
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