Der Mann, der's wert ist
das
Böse.« Hiob war der glücklichste und reichste Mann seines Landes. Er besaß
siebentausend Schafe, dreitausend Kamele, tausend Rinder, fünfhundert Eselinnen
und sieben Söhne und drei Töchter.
Und sein Glück erzeugte das
Unheil. Eines Tages trat der Satan vor Gott, und der Satan sprach: »Meinst du,
daß Hiob Gott umsonst fürchtet? Wenn ich Hiob alles nehme, was er besitzt, was
gilt’s, er wird dir ins Angesicht absagen.«
Und Gott erlaubte dem Satan,
Hiob alles zu nehmen, um Hiobs Treue zu prüfen.
Und der Satan ließ Hiobs Schafe
vom Blitz erschlagen, Feinde raubten die Kamele, die Eselinnen, die Rinder. Und
alle Kinder Hiobs wurden bei einem Festessen von den Mauern ihres einstürzenden
Hauses erschlagen.
Aber Hiob sprach:
»Der HERR hat’s gegeben, der
HERR hat’s genommen; der Name des HERRN sei gepriesen!«
Aber der Satan ließ nicht
locker, er quälte Hiob weiter, Hiob bekam Aussatz. Und jetzt, als Hiob nichts
mehr besaß, nur sein krankes Überleben, verzweifelte er. Und er klagte:
»Warum bin ich nicht gestorben
bei meiner Geburt?
Warum bin ich nicht umgekommen,
als ich aus dem Mutterleib kam? Dann läge ich da und wäre still, dann schliefe
ich und hätte Ruhe wie eine Fehlgeburt, die man verscharrt hat, hätte ich nie
gelebt...«
Und während ich das las, sang
Elvis:
»I’m so lonesome,
baby 1 pray to die...«
Und ich las weiter und spulte
die Kassette nicht zurück, und das nächste Lied auf der Kassette war wieder ein
Lied über mein Leid, ganz langsam und traurig sang Elvis jetzt:
»Are you lonesome tonight?«
Ja, ich war so einsam. Ja, ich
vermißte Benedikt. Ja, mein Herz war von Schmerzen erfüllt.
Und wieder war alles wahr, was
Elvis sang.
Und Hiob klagte: »Wie ein
Tagelöhner auf seinen Lohn wartet, so habe ich wohl ganze Monate vergeblich
gearbeitet, und viele elende Nächte sind mir geworden.«
Und wieder war alles wahr, was
Hiob sprach. Ich las die Bibelabschnitte durcheinander: »Wenn ich dachte, mein
Bett soll mich trösten, mein Lager soll meinen Jammer erleichtern, so
erschreckst du mich mit Träumen und machtest mir Grauen, daß ich mir wünschte,
erwürgt zu sein, und den Tod lieber hätte...« Und dann las ich: »Mein Antlitz
ist gerötet vom Weinen«, und dann: »Er kommt nicht zurück...«
Und in den gleichen
Augenblicken sang Elvis mit seiner unheimlich verständnisvollen Stimme in mein
Ohr:
»I will be home
again«.
Und ich blätterte weiter und
las von Hiobs drei Freunden Elifas, Bildad und Zofar, die versuchten, ihn zu
trösten.
Und Zofar sprach: »Weißt du
nicht, daß es allezeit so gegangen ist, seitdem Menschen auf der Erde gewesen
sind, daß das Frohlocken der Gottlosen nicht lange währt und die Freude der
Ruchlosen nur einen Augenblick?«
Und Elifas sprach: »Die
Gottlosen gehen schwanger mit Mühsal und gebären Unglück, und ihr Schoß bringt
Trug zur Welt.« Und Zofar sprach: »Er wird erwerben und doch nichts davon
genießen und über seine eingetauschten Güter nicht froh werden.«
Und Hiob sprach: »Ich wartete
auf das Gute, und es kam das Böse; ich hoffte auf Licht, und es kam
Finsternis.«
Und die Kassette lief weiter,
und jetzt sang Elvis:
»One night with you
is what I’m now
praying for...«
Und Elifas sprach: »Rufe doch,
ob dir einer antwortet!«
Und Elvis sang:
»Just call my name,
and I’ll be right by
your side...«
Trotz seines Unglücks verlor
Hiob nie den Glauben an Gott. Und am Ende wurde er dafür reichlich belohnt.
Gott gab ihm doppelt soviel, wie er verloren hatte: Vierzehntausend Schafe,
sechstausend Kamele, zweitausend Rinder und tausend Eselinnen. Und Hiob zeugte
nochmals sieben Söhne und drei Töchter. Und diese Töchter waren die Schönsten
im ganzen Land.
Und am Ende blieb in meinem
Kopf der wichtigste Satz aus dem Buch Hiob:
»Der HERR hat’s gegeben,
der HERR hat’s genommen;
Der Name des HERRN sei
gepriesen.«
Und wie Hiob sprach ich:
Benedikt hat meinem Leben Sinn
gegeben,
Benedikt hat meinem Leben den
Sinn genommen;
Benedikts Name sei...
— ich weiß es nicht.
Aber am Ende sang Hiob: »Ich
weiß, daß mein Erlöser lebt!« Und
Elvis sprach: »Just call my name, and I’ll be right by your side.«
Benedikt! Benedikt! Benedikt!
Aber nach dem Ende kam wieder
der Anfang:
»Since my baby left
me...
I’m so lonesome...«
77. Kapitel
Dreiunddreißig Nächte war ich
schon allein.
Und dann, mittags um eins, ruft
mich Rufus ans Telefon: »Er ist
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