Der Mann, der's wert ist
Benedikt gehörten, waren von den Listen gestrichen. Der
Italiener begann sofort mit der Arbeit und trug meine Stühle hinunter ins Auto.
Mein Service war ordentlich
verpackt, die Gläser, mein Besteck, meine Bücher, meine Malutensilien, meine
Pullis, meine Schuhe, meine Handtücher, meine Bettwäsche, meine Unterwäsche.
Beim Gedanken, daß Nora meine Unterwäsche eingepackt hatte, verkrampfte sich
mein Unterleib.
»Benedikt wünscht, daß alles
ganz korrekt ist.« Zum Beweis öffnete Nora den Karton, auf dem
>Küchenkram< stand: oben drauf lag der Geschirrtrockenständer, den ich
gekauft hatte, um nicht mehr abtrocknen zu müssen, sogar den hatte sie
eingepackt. Und daneben ein zerknittertes, halbleeres Paket Kaffee.
Meine Klamotten hingen noch an
der Stange, diverse sperrige Dinge standen noch im Regal, meine Nähmaschine,
der Wäschekorb, ein Koffer. Nett von Benedikt, daß er Nora nicht erlaubt hatte,
meinen großen Strohhut einzupacken, sie hätte ihn garantiert zerdrückt.
Meine Kronleuchterkisten
fehlten.
»Ihr habt meinen Kronleuchter
vergessen, die Kisten stehen auf dem Speicher.«
»Ich dachte, den Kronleuchter
haben du und Benedikt gemeinsam bekommen?«
»Mein Vater hat gesagt, wenn
ich mal ein eigenes Büro habe, soll der Kronleuchter dort hängen«, sagte ich
mechanisch und ging hinunter, um aus der Gerümpelkammer die Leiter zu holen.
Die Gerümpelkammer war abgeschlossen. Ich ging wieder hoch, sagte zu Nora, ohne
sie anzusehen: »Ich brauch die Leiter, um den Kronleuchter im Zimmer
abzumontieren.«
»Es soll keinesfalls der
Eindruck entstehen, als ob Benedikt auf dem Kronleuchter beharrt. Aber Medi
meint völlig zu Recht, wenn der Hauptteil des Kronleuchters, der bereits in
ihrem Zimmer hängt, wieder abgemacht wird, wäre die gesamte Zimmerdecke
ruiniert, durch deine Bohrlöcher.«
»Ich verlasse dieses Haus nicht
ohne meinen Kronleuchter«, sagte ich so entschieden, daß ich mich selbst wunderte.
Ich winkte dem Möbelpacker, zusammen holten wir die drei großen
Kronleuchterkisten vom Speicher, stellten sie vor die Zimmertür.
Nora ging hinunter, stellte die
Leiter vor die Küchentür.
Ich schleppte mit dem
Möbelpacker das Bett hinaus auf den Flur. Er wollte es zerlegen und ins Auto
packen, aber ich wollte dieses Bett nicht mehr, es grauste mir vor diesem Bett,
es roch auch so komisch, es mußte nur aus dem Zimmer, damit wir die Leiter
aufstellen konnten.
Der Möbelpacker schraubte sehr
sorgfältig den Kronleuchter von der Decke, nachdem wir die Kristallblitze und
Ketten abgehängt und extra verpackt hatten. »Ich sehr eilig, aber sehr
vorsichtig«, sagte er.
Nora kam wieder rauf, sagte
beleidigt: »Ich darf dann aber darum bitten, daß Medis Zimmer ohne Bohrlöcher
in der Decke verlassen wird. Außerdem wäre es Benedikt sehr, sehr lieb, wenn
das Zimmer völlig entrümpelt wird. In letzter Zeit konnte er nicht mehr hier
schlafen, die Erinnerung ist zu belastend für ihn.«
»Er schläft doch jetzt bei Angela«,
sagte ich, als ginge es mich nichts an.
»Nein, er schläft nebenan auf
der kleinen Liege. Das kann kein Dauerzustand sein, ohnehin ist er nervlich
immens angespannt.«
»Soll er doch bei Angela
schlafen«, sagte ich, als ginge es mich überhaupt nichts an.
Plötzlich redete Nora mit
weinerlicher Stimme:
»Angelas Vater sagt, solange
Benedikts Verhältnisse nicht einwandfrei korrekt geklärt sind, darf Benedikt
nicht in seinem Haus verkehren.«
»Dann muß er Angela eben hier
bumsen. Ich laß ihm unser altes Bett hier.«
»Angelas Vater erlaubt das
nicht! Er versucht, Benedikt zu schikanieren, für Benedikt ist diese Situation
eine ungeheure Belastung, er wird schließlich Vater! Und ich werde Großmutter!«
Dann ging sie in ihr Schlafzimmer.
Ich schraubte meinen türkisbewölkten
Paravent von der Wand. Eigentlich hatte ich ihn hierlassen wollen, er war für
dieses Zimmer gemacht, aber nun hatte ich es endgültig verstanden: Ich war hier
nicht mehr erwünscht. Alles, was ich getan hatte, war nicht mehr erwünscht.
Ohne Spuren zu hinterlassen, sollte ich aus Benedikts Leben verschwinden. Alles
sollte sein, als hätte es mich nie gegeben.
Ich wollte so viel denken, aber
mein Gehirn war aus Kaugummi. Nur ein einziger, endloser Gedanke: Es ist aus.
Er will mich nicht mehr. Ich fühlte mich ausgelöscht. Der freundliche
Möbelpacker merkte es irgendwie, er riß mir den Paravent aus den Händen: »Zu
schwer für junge Frau.«
Nora tauchte wieder auf:
»Ringsum Bohrlöcher,
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