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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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Dekorateur
bezahlen müssen, um den Vorhang wieder zu drapieren. Und die zwei
Fast-Biedermeier-Stühle, die wir haben, habe ich als Einrichtung eingezeichnet
und den runden Tisch aus Zimmer 5, der tatsächlich dazu paßt, und einen Schrank
aus Zimmer 22. Und sie ist entzückt: »Oh, da hätte sogar Goethe mit seiner Frau
von Stein Kaffee getrunken. Goethe fand Grün so beruhigend.«
    Und dann zeige ich ihr ein
gelbes Zimmer. Natürlich kein gelber Teppichboden, damit sie nicht über die
Schmutzempfindlichkeit meckert, sondern ein anthrazitgrauer, auf dem zwei
vorhandene Stühle stehen, die man nur anthrazitgrau lackieren müßte. Matt
lackieren, dann sieht man nicht jeden Fingerabdruck drauf, und überhaupt sollte
man alte Möbel nur matt lackieren, das ist stilecht. Und ein Stoffmuster für
Stuhlpolster: ein leuchtendgelber glänzender Stoff, denn glänzende Stoffe
wirken immer sauberer als Stoffe mit rauher Oberfläche. Und die Wände sind
mattgelb gestrichen mit einer schwarzweißen Abschlußkante, dazu schwarzweiß
gestreifte Vorhänge. Und sie sagt: »Sie haben einen ganz feinen klassischen
Geschmack!«
    Vor Aufregung kann ich nur
sagen, daß ich klassische Lösungen wollte, weil die nie unmodern werden, und
daß ich möglichst viele der vorhandenen Möbel verwendet hätte.
    Sie lacht mich an: »Und wie
sehen Ihre Papierkörbe aus?« Und ich sage: »Ich habe keine Papierkörbe in den
Zimmern, nur im Bad. Ich finde, das genügt, so muß die Putzfrau nur einen
putzen. Die im Bad sind groß, weiß, rund, aus Blech. Mit Schwingdeckel, in die
man eine Plastiktüte einklemmen kann, für Abfälle aller Art. Und am billigsten
sind sie bei Woolworth, sogar billiger als im Bau-Paradies.«
    »Und keine dreieckigen
Kühlschränke?«
    »Überhaupt keine Kühlschränke.
Rufus meint, es sei zu personalaufwendig, sich um Minibars zu kümmern. Wir
dachten, es wäre sinnvoller, unten in der Empfangshalle eine kleine Bar
einzurichten, und zwar in der vorderen Hälfte vom Kontor. Das Kontor kann
halbiert werden, weil Rufus meint, daß man die Buchhaltung und alles auf
Computer umstellen sollte, und dann braucht er nicht mehr soviel Platz für die
Ablage.«
    »Du willst auf Computer
umstellen?« ruft Frau Schnappensiep.
    »Wir haben ja schon drüber
geredet, ich bin der Ansicht, daß sich die Anschaffung lohnt. Ich muß mich eben
einarbeiten.«
    »Wer soll die Bar bedienen?«
    »Derjenige, der die Rezeption
beaufsichtigt. Das wäre kein Personalmehraufwand«, sagt Rufus entschieden.
    »Und statt für jedes Zimmer
einen Fernseher zu kaufen, finden wir es besser, den großen Fernseher für alle
Gäste ins Foyer zu stellen und dazu eine schöne Sitzgruppe«, sage ich und zeige
ihr die Zeichnung vom Foyer, und sie deutet begeistert auf den schwarzweißen
Terrazzoboden: »Ja, so war das ganz früher. Unsere Mutter ließ das Linoleum
legen, weil sie dachte, es sei besser zu putzen.«
    »Das Foyer sollte zuletzt
renoviert werden. Wir sollten im dritten Stock anfangen und von oben nach unten
alles fertig und sauber machen.«
    »Viola hat einen genauen
Arbeitsabfolge-Plan gemacht«, sagte Rufus.
    »Und wo ist der Ersatz für
Herrn Hedderichs Refugium?«
    »Hinter der Rezeption könnte
man einen kleinen Raum für den Nachtportier einbauen. Für die Koffer wäre unter
der Treppe reichlich Platz, der Schreiner müßte da Schränke einbauen.« Und dann
zeige ich ihr verschiedene Farbentwürfe für das Foyer: auf weißem Grund große
Flächen in Rokokorosa, strukturiert wie Marmor, abgesetzt mit schmalen grauen
Linien, das gibt einen plastischen Effekt, automatisch stellt man sich Säulen
vor zwischen den rokokorosa Flächen. Und das zeige ich ihr auch mit braunrot marmorierten
Wandflächen, mit vanillegelb marmorierten Wandflächen und in Weißgrau. Und zum
Glück sagt sie, in Rokokorosa fände sie es am schönsten — ich hatte befürchtet,
sie würde sich für Braunrot entscheiden, was mir am wenigsten gefällt.
    Aber dann ruft sie: »Halt! Was
soll das alles kosten?«
    Und Rufus seufzt tief, geht ins
Kontor, kommt wieder mit einem Stapel Papier und gibt ihr die
Kostenvoranschläge vom Maler, vom Installateur, vom Schreiner, vom
Fliesenleger, vom Glaser...
    Und sie blättert um, Seite für
Seite: »Fünfundsechzigtausend Mark, plus fünfundsiebzigtausend Mark, plus
fünfzigtausend Mark — ohne Materialkosten, plus achtzehntausend Mark ohne
Materialkosten, plus siebentausend Mark mit Materialkosten, plus... was ist mit
dem Dachausbau?«
    »Der

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