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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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jetzt heiraten.«
    »Tut mir leid, trotz der
tragischen Gründe, die zur Hochzeit Ihres Sohnes führten, findet hier Ende
August noch kein Hotelbetrieb statt.«
    Als der Mann weg war, fragte
Rufus: »Wann war das eigentlich, als die Ehe aus Liebe ausgestorben ist?«
    Ich wußte es nicht. Ich
überlegte, was Benedikt antworten würde. Zum Glück kam in diesem Moment Frau
Hedderich mit der frohen Botschaft, daß sie alle Stuhlkissen fertig habe —
sonst hätte ich vielleicht geheult. Und ich dachte, daß Benedikt nur gelacht
hätte. Er hätte die Frage gar nicht verstanden.
     
    * * *
     
    Einerseits, weil die großen
Arbeiten deutlich dem Ende zugingen, sah es aus, als ginge es Schlag auf Schlag
voran, andererseits blieb die Liste unerledigter Kleinarbeiten endlos. Herr
Hedderich war mit den zu streichenden Stühlen im Rückstand, weil er es für
wichtiger hielt, dem Schreiner beim Einbau der Kofferabstellregale beratend zur
Seite zu stehen. Frau Hedderich nähte jetzt Vorhänge, aber weil sie auch für
uns alle kochte, ging das nicht so schnell. Als ich Frau Hedderich zeigte, daß
die Vorhänge nicht nach Hausfrauenart gekräuselt werden, weil man da zuviel
Stoff braucht und außerdem die Muster in Falten verschwinden, sondern daß ich
mit Dekoklammern nur einige gleichmäßige Falten am Rand jeder Vorhanghälfte
feststecken werde, gefiel ihr das so gut, daß ich ihr versprechen mußte, demnächst
sämtliche Vorhänge ihrer Wohnung in gleichmäßige Falten zu klammern.
    Und Rufus hatte endlich seinen
Computer bekommen. Es hatte so lange gedauert, weil sich Rufus nicht hatte
entscheiden können, welche Hardware und welche Software für Hotelzwecke optimal
waren, nun hatte er ihn, weil das Kontor nicht fertig war, oben in seiner
Wohnung installiert und erzählte ständig von seinen verzweifelten Bemühungen,
sich den Computer untertan zu machen.
    Ich hatte auch ein neues
Problem: die Marmorstreifen im Foyer, sie sind perfekt, zweifellos, aber die
Perfektion des Foyers wirkt fast steril. Ich durchsuchte sämtliche
Architekturzeitschriften und Illustrierten nach Fotos von Hotelfoyers — in
allen schönen Hotels strotzen die Foyers vor üppigen Blumenarrangements.
Wahrscheinlich haben die extra Foyer-Floristen. Die würden vor jeden der zwölf
Marmorstreifen zweimal pro Woche einen frischen Strauß für hundert Mark
stellen. Macht zweitausendvierhundert Mark für Foyerblumen pro Woche. Oder
machen das diese Hotels nur, wenn der Fotograf der Architekturzeitschrift
kommt? Egal, wir können es uns nicht leisten.
    Es gibt noch soviel Schönes
mehr, was wir uns nicht leisten können — in allen schönen Hotels hängen echte
Gemälde. Allein von der Größe her eindrucksvoll. Wir können uns höchstens
Kunstdrucke leisten. Aber Kunstdrucke sind nur in kleinen Formaten ästhetisch
verträglich, große Kunstdrucke zeigen nur, daß es zu mehr nicht gereicht hat.
Genau wie künstliche Blumen. Dann entdeckte ich im Reiseteil einer
Illustrierten Fotos eines Hotels, wo im Foyer und Restaurant mengenweise Bilder
eines einzigen Malers hingen, und las, daß dieses Hotel ständig die Bilder
dieses Künstlers ausstellt und in seinem Auftrag provisionsfrei verkauft. Ich
las: »Der Künstler schätzt die Hotelgäste als schnellentschlossene Käufer, er
schätzt nicht weniger den Hotelier, der ihm die Preisverhandlungen abnimmt. Die
Liebe beruht auf Gegenseitigkeit: Der Hotelier schätzt den Künstler als
kostenlosen Kunstausstatter.«
    - Das könnten wir uns auch
leisten!
    Rufus geriet ins Schwärmen, als
ich mit ihm darüber redete: Oh ja, eine Kunstausstellung im Foyer! Ja, er hätte
gerne ein Hotel für Künstler, Journalisten, Schriftsteller, er träume davon, an
der Hotelbar eine intellektuelle Elite zu versammeln, zum Beispiel auch
durchreisende Saurierforscher...
    »Aber wo findet man einen guten
Maler?« unterbrach ich seine Träume. »Du hast so ein Geschick, gute Handwerker
zu finden, kannst du auch einen guten Künstler finden?«
    »Das ist ganz einfach, Michael soll
eine Anzeige ins Metropolen-Magazin setzen, das lesen alle Künstler hier, und
dann werden sie kommen, und du wählst aus.«
    Rufus war Feuer und Flamme. Er
rief sofort Michael an, verabredete sich für spätabends mit ihm und zeigte mir
am nächsten Morgen das Inserat, das bereits beim Metropolen-Magazin abgegeben
war:
     
    Künstlerinnen für Ausstellung
gesucht!
     
    Ein Metropolen-Hotel, das
demnächst mit neuem Stil eröffnet, gibt Künstlerinnen die Chance,

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