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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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Leitung dieses Projekts übernommen haben! Rufus allein
hätte das nie geschafft, das weiß er selbst. Sie wissen gar nicht, was das für
uns bedeutet!«
    »Das hätten wir uns nicht
vorstellen können, was Sie für diesen Preis möglich gemacht haben«, sagt Herr
Dr. Schnappensiep. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll zu so viel Lob. Als
Schnappensieps weg sind, frage ich Rufus: »Hast du mit ihr telefoniert, ehe sie
kam?«
    »Ja. Ich wußte, daß sie kommen
will, aber ich wußte ehrlich nicht, daß sie heute unangemeldet anrückt.«
    »Hast du ihr gesagt, daß sie
mir sagen soll, daß ich die künstlerische Leiterin hier bin?
    »Ich schwöre es«, sagt Rufus,
»sie hat es freiwillig und aus voller Überzeugung gesagt.«
     
    Froh rufe ich Elisabeth an. Vor
November ist mit meiner Mitarbeit in ihrer Firma nicht zu rechnen. Elisabeth
sagt, daß sie und Peter geduldig weiter auf ihre Chance warten wollen, mich
einstellen zu dürfen. Soviel Lob an einem Tag! Als Elisabeth fragt, wie es mir
so geht, kann ich nur noch sagen: »Ach, nicht schlecht.«
    Am Nachmittag hilft mir Rufus,
meine persönlichen Sachen aus dem Bauleitungs-Chrysanthemen-Zimmer in Zimmer 22
zu bringen. Rufus drängt mich, ein größeres Zimmer zu nehmen, aber mir ist 22
recht, es hat einen sehr großen Einbauschrank, und da steht auch der schöne
englische Schreibtisch mit sieben Schubladen — 22 ist ein ideales Zimmer für
jemand, der länger hier wohnt, und mit der grün-weiß-gestreiften Tapete und der
Efeurankenkante und dem rasengrünen Teppich ist es ein sehr beruhigendes
Zimmer. Und das Duschbad, obwohl klein, ist wirklich fein. Es ist ein Zimmer,
das ab demnächst fast hundertfünfzig Mark pro Nacht kosten wird, aber Rufus
weigert sich, mehr Miete als bisher von meinem Gehalt abzuziehen. Ich solle den
Wechsel vom Elendsquartier in dieses Zimmer bitte als kleine Gehaltszulage
akzeptieren. Und er schließt gleich das Zimmertelefon an. Telefonieren darf ich
auch umsonst.
    Nach dem Umzug bringt er eine
Flasche seiner Sekt-Hausmarke auf mein Zimmer. »Stoßen wir darauf an, daß du
dich hier wie zu Hause fühlst.«
    Ja, ich fühle mich hier wohl
wie nie zuvor. Ich habe eine neue Heimat. Wenigstens für zehn Wochen.
     
     
     

88. Kapitel
     
    »Die Neuigkeit des Tages —Tanja
hat angerufen, sie hat sich von Werner getrennt!« rief mir Rufus zwei Tage
später morgens entgegen. »Sie ist seit einer Woche aus dem Urlaub zurück, hat
sich nur nicht gemeldet, weil sie Wichtigeres zu tun hatte.«
    »Warum hat sie sich getrennt?«
    »Wollte sie am Telefon nicht
sagen, sie hat aus ihrer Bank angerufen.«
    »Ist sie sehr depressiv?«
    »Sie klang überzeugend
nicht-depressiv. Sie will uns heute abend in einem Gartenlokal treffen, du
gehst doch mit?«
    »Wenn ich euch nicht störe«,
sagte ich und dachte: Wenn es Tanja war, die sich von Werner getrennt hatte,
warum sollte es dann Tanja schlechtgehen? Und Tanja weiß immer, wo’s langgeht.
Vielleicht hat sie schon den nächsten Mann auf der Tesafilmrolle ihres Lebens?
    In der Handwerkermittagspause
durchsuchte ich meine Klamotten nach etwas Gartenlokalmäßigem für den Abend,
ich wollte mal was anderes tragen als dreckige Jeans und vergammelte T-Shirts.
Das einzig geeignete war ein Kleid vom vorletzten Jahr, aus knallroter Viscose,
wie üblich von C 8c A, aber ich hatte den häßlichen Gürtel — schlampig auf
einen Plastikstreifen aufgesteppten Stoff, sofort bei C 8c A weggeworfen, ohne
diesen Gürtel sah das Kleid fast aus wie ein Designerkleid. Ich hatte es im
ersten Sommer mit Benedikt viel getragen, aber letztes Jahr nur einmal, als ich
mit Benedikt in einer Pizzeria war. Dazu passend besaß ich rote Leinenschuhe,
die an der Ferse nur ein Riemchen haben und schmale hohe Absätze, die waren
überhaupt nicht aus der Mode gekommen. Das Kleid und die Schuhe hatten eine
längere Lebensdauer als die Liebe meines Lebens.
    Und ich dachte, daß ich jetzt
zwar genügend Geld verdiene, um mir sofort etwas Neues zu kaufen, aber ich
hatte überhaupt keine Zeit dazu. Es war auch besser so, ich wollte möglichst
viel für meine ungewisse Zukunft sparen. Um das Kleid zu aktualisieren, wollte
ich meine Gebrochenes-Herz-Kette dazu tragen, das Gold sah wunderbar aus auf
dem Rot, aber abends, ich hatte schon mein Zimmer abgeschlossen, drehte ich
mich noch mal um, legte die Kette wieder ab. Irgendwie erschien es mir
unpassend, daß ich zum Treffen mit Tanja ein gebrochenes Herz trug, vom
Juwelier, den Tanja

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