Der Mann, der's wert ist
künftig hier seine Stühle zu
streichen. Die Wegen-Renovierung-geschlossen-Bettlaken-Sitzgruppe landete im
Bauschuttcontainer.
Alles wurde immer perfekter,
aber mit zunehmender Perfektion wurde zunehmend deutlicher, daß in diesem Foyer
Bilder fehlten, um den Eindruck kalter Pracht zu verhindern. Am Donnerstag kam
das Metropolen-Magazin an die Kioske, aber den ganzen Tag kein Künstler zu uns.
Abends um neun, ich wollte
gerade duschen, rief Herr Hedderich in meinem Zimmer an, lobte sich zuerst
selbst: Er würde soeben die letzten Stühle lackieren. Dann erzählte er, was ich
sowieso wußte: Rufus hätte ihm gesagt, ich sei für die Ausstellung zuständig.
Dann die Nachricht: Soeben sei deshalb jemand gekommen.
Hoffnungsfroh rannte ich
runter. Und ich erkannte sie sofort, obwohl ich ihren Namen vergessen hatte: Es
war die Mutter von Lara-Joy mit Lara-Joy. Lara-Joy stand still neben ihr, der
Rotz lief ihr wieder aus der Nase, aber sie versuchte nicht, den Rotz an die
Wände zu schmieren. Wirklich ein nettes Kind.
Lara-Joys Mutter sagte: »Ich
bin alleinerziehende Mutter und hatte keine Zeit, früher zu kommen.«
Offenbar erinnerte sie sich
überhaupt nicht an mich, also tat ich auch, als würde ich mich nicht an sie
erinnern. »Das macht nichts«, sagte ich.
Sie hatte keine Mappe, sondern
zusammengerollt in einer Plastiktüte mit draufgeklebtem
Atomkraft-nein-danke-Aufkleber große Bögen von teurem Aquarellpapier, darauf
Blatt für Blatt bunte Abdrucke von Händen, wie sie auch in ihrer Wohnung
hingen. Kleine und große Hände — zweifellos die Patschhände von Lara-Joy und
Lara-Joy-Mama. »Was meinst du, was man für die Bilder nehmen kann?« fragte sie.
Glaubte sie ehrlich, jemand
würde dafür etwas bezahlen?! »Schwer zu schätzen«, sagte ich, »außerdem müßte
man die Sachen rahmen, und wir haben keine Rahmen hier.«
Sie warf einen Blick auf die
Marmorwände: »Man kann die Bilder mit Tesafilm an alle Wände kleben, das sieht
lustig aus.«
»Hier werden keine Handabdrücke
an die Wände geklebt.«
»Warum bist du denn so
aggressiv?« fragte Lara-Joys Mutter strafend. Und dann: »Ich kenn dich von
irgendwoher. Du hast kein Kind.«
»Das hat damit nichts zu tun.«
»Das sagen alle, die kein Kind
haben«, sagte sie gnadenlos beleidigt. Sie legte Lara-Joy schützend ihre Hand auf
den Kopf. »Können wir hier wenigstens mal A-A machen?«
Ich zeigte ihr den Weg zu den
Toiletten.
Als sie eine Viertelstunde
später zurückkam, sagte sie nicht auf Wiedersehen. Gottseidank nicht.
»Ich hab mir das anders vorgestellt«,
sagte Rufus, als ich ihm von den Handdrücken berichtete.
»Von jetzt an kann das Angebot
nur besser werden«, sagte ich, immer noch optimistisch.
Am letzten Freitag im August
waren die Handwerker mit den oberen Etagen fertig und fingen im Frühstücksraum
an. Alle Möbel, die hier zwischengelagert waren, kamen an ihre endgültigen
Plätze in den Hotelzimmern.
Die von Herrn Hedderich
lackierten Stühle, an die Walkwoman mit je vier schönen Schleifen
grün-weiß-rosa gestreifte Kissen gebunden hatte, wurden vorübergehend in Zimmer
1 gelagert. Zimmer 1, das Bauleitungs-Chrysanthemen-Zimmer war nach der
Renovierung auch ein grün-weiß-rosa Zimmer geworden, mit zwei nach dem
Aufpolstern und Neubeziehen überraschend edlen grün-weiß-rosa Polstersesseln.
Nun, nachdem die Handwerker oben fertig waren, brauchte ich Zimmer 1 nicht
mehr. Die letzte Runde fand unten statt.
Grün, Weiß, Rosa und ein Hauch
von Gold, das ist der Farbklang des Frühstücksraums, der abends als
Gesellschaftsraum genutzt werden soll. Drei Wände sollen rosa, leicht gewölkt
gestrichen werden, nach Art der Flurwände. Die Fensterfront zum Hof wird
grün-weiß-gestreift tapeziert. Ich hatte lange gebraucht, bis ich mich
durchgerungen hatte, eine Wand anders zu machen, noch dazu die breite Fensterfront,
aber das Grün der Tapete würde sich mit dem Grün der Bäume und der
Kübelpflanzen, die eines Tages auf einer Terrasse vor den Fenstern stehen,
verbinden, und dadurch würde der Raum zur Hofseite offen, viel größer und
luftiger wirken.
Die Spur von Gold ist in der
Tapetenkante: ein Motiv mit grünen Lorbeerblättern und goldenen Vögeln. Über
der Tapetenkante eine stark geschwungene Stuckleiste, dahinter werden wie im
Foyer Spotstrahler installiert. Und zusätzlich auf halber Höhe Wandlampen, denn
für Abendgesellschaften wäre die helle Frühstücksbeleuchtung unpassend. Sie
werden wie die
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