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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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nichts
einkaufen.«
    »Also gut«, sagte Benedikt,
»gehen wir sofort.«
    »Dann gehen wir aber zu unserem
Griechen, damit du den endlich kennenlernst«, sagte Nora.
    Eigentlich hatte ich von Pizza
geträumt, und eigentlich hätte ich mich mehr gefreut, wäre Nora nicht
mitgekommen, aber egal. Sie chauffierte uns mit ihrem alten Opel. Ich lud
Benedikt und Nora ein, schließlich war es mein Wunsch gewesen, essen zu gehen.
Benedikt ließ sich die Quittung geben, weil er jetzt Geschäftsessen von der
Steuer absetzen kann — wir waren offiziell sein erstes Geschäftsessen. Ich war
stolz auf Benedikt.
    Und dann sagte er zu Nora: »Ich
find’s eine gute Idee von Viola, unser Bett ins Spielzimmer zu stellen.«
    Na also. Na also.
     
     
     

4. Kapitel
     
    Ab sieben Uhr früh wartete ich auf
den Umzugswagen wie ein Löwe aufs Futter. Um drei Uhr mittags kamen sie. Sie
hatten zuerst den Umzug ausgeladen, den sie nach uns eingeladen hatten. »Mit
den Umzugskartons ist es wie mit den armen Seelen in der Bibel«, sagte ein
Möbelpacker, »die letzten werden die ersten sein.«
    Nora wollte nicht mitansehen,
wie ihr Haus durch die Möbelpacker ramponiert würde, und blieb in ihrem Zimmer.
Aber die Möbelpacker transportierten problemlos unser Bett durch den engen Flur
ins Spielzimmer. Jeder der drei Packer fragte, ob das Bett wunschgemäß plaziert
sei, was hieß, daß sich jeder um ein Trinkgeld verdient gemacht hatte.
    Wir hatten zwar kaum Möbel,
aber unser sonstiger Besitz füllte fast vierzig Kartons. Es war sehr praktisch,
daß wir auf jeden Karton einen Zettel mit genauer Inhaltsangabe geklebt hatten.
Die Kartons mit meinen Klamotten, meiner Wäsche und den Schuhen, meinen
Büchern, Zeichenutensilien, meiner Schreibmaschine undsofort ließ ich gleich
neben Medis Zimmer stellen. Die drei Kisten mit dem Kronleuchter ebenfalls.
Benedikts Fernsehapparat in sein Zimmer, die Stereoanlage ins Spielzimmer. Die
Kartons mit Geschirr, Gläsern, meinem Besteck in die Küche. Die zwei
Biedermeierstühle, die ich auch selbst renoviert hatte, ins Spielzimmer. Gut,
daß wir die mitgenommen hatten, Solveig hätte sie beim nächsten Anfall mit
Kirschsaft übergossen oder aufgeschlitzt. Wahrscheinlich beides.
    Als alles nach meinen Wünschen
verteilt war, bekam ich die Rechnung. 958,84 DM incl. Mehrwertsteuer. Ich solle
da und da unterschreiben. Ich beschloß, jedem der Männer zehn Mark Trinkgeld zu
geben, das würde Benedikt auch tun. Als ich das Trinkgeld aus meiner Handtasche
holte, hatte ich eine bessere Idee. Ich würde alles gleich bezahlen, dann war
das erledigt und ich hatte nicht mehr soviel Geld im Haus. Im Moment hatte ich
keine Zeit, ein Konto zu eröffnen. Ich gab den Männern mit freundlichem Lächeln
zehn nagelneue Hundertmarkscheine und sagte lässig: »Stimmt so.«
    Die Männer bedankten sich
erfreut.
     
    Als ich meine weiße
Baumwolldecke mit dem Reliefmuster über das Gammel-Sofa drapiert hatte, war die
Welt schöner geworden. Noch schöner wurde sie, als ich die beiden
Biedermeierstühle mit den türkis-weißen Streifenbezügen links und rechts vom
Bett plaziert hatte. Auf einen Stuhl stellte ich unsere Lampe mit dem weißen
Schirm und dem türkisblauen Glasfuß. Sehr hübsch. Die Stereoanlage paßte unter
das hochbeinige Sofa, nur fehlte ein Verlängerungskabel zur einzigen Steckdose.
Ich holte Benedikts Bettzeug aus seinem Zimmer runter, jetzt war es geschafft.
Es war zwar eng hier, aber lieber sieben Quadratmeter in Weiß-Türkis als
siebenhundert Quadratmeter in Braun-Beige-Orange.
    Zufrieden ließ ich mich aufs
Sofa fallen und blickte um mich. Rechts neben mir bemerkte ich etwas sich Bewegendes.
Ich sah neben mich. Neben mir saß eine Spinne. Sie bewegte zwei Beine. In
Richtung meiner Hand.
    Mit einem Schrei sprang ich
auf. Ihr Körper war groß wie ein Markstück. Wie ein Fünfmarkstück. Mit Beinen
war sie groß wie ein Brötchen. Die Spinne sprang auch auf, raste das Sofa
hinunter, auf acht Beinen, dick und schwarz wie abgebrannte Streichhölzer,
raste sie unters Sofa. Ich schloß die Augen und zwang mich, sie wieder
aufzureißen. Wo war sie? Wo würde sie wieder auftauchen! Hinter mir? Neben mir?
Auf mir?!!! Ich rannte aus dem Zimmer und schlug die Tür zu. »Da ist eine
Spinne!« kreischte ich durchs Treppenhaus.
    Nora kam aus ihrem
Schlafzimmer, beugte sich übers Treppengeländer: »Ich hab geschlafen, ist
Benedikt gekommen?«
    »Nein, eine Spinne!«
    Gemächlich kam sie die Treppe
runter. Ich zeigte auf

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