Der Mann, der's wert ist
Mosaiktisch mit dem nierenförmigen van Gogh mit dem
abgeschnittenen Ohr, fingerte an meinen Ohrringen herum, da klingelte das
Telefon.
»Benedikt! Von wo rufst du an?«
rief Nora, dann sagte sie zu mir: »Er will, daß du vors Haus kommst.«
Ich rannte hinaus.
23. Kapitel
Unter der Straßenlaterne vor
dem Haus stand ein schimmerndes schwarzes BMW-Cabrio, mit offenem Verdeck,
darin saß strahlend Benedikt.
»Was ist das?« rief ich.
»Unser neues Cabrio! Damit ich dich
standesgemäß chauffieren kann.« Benedikt sprang aus dem Cabrio und hüpfte vor
Freude wie ein kleines Kind.
»Soll das meins sein?!« sagte
ich fassungslos.
»Herzchen, es ist das Auto von
Angela! Es war das Auto von Angela! Ich hab es ihr abgekauft! Steig ein!«
Ich biß mir auf die Lippen. Wie
hatte ich denken können, dieses Auto sei für mich. Ich starrte die Ledersitze
an und Benedikt. Er griff zu einem Hörer zwischen den Sitzen und wählte: »Kommt
auch schnell vor die Haustür!« rief er in den Hörer.
»Mit Autotelefon«, sagte ich,
obwohl ich sprachlos war. »Jetzt haben wir endlich unser privates
Zweittelefon«, rief Benedikt triumphierend.
Nora und Mercedes kamen aus dem
Haus.
»Ist das dein neues Auto? Wie
großartig!« rief Nora. »Ein Traum wagen!«
»Das hat Stil!« rief Mercedes.
Benedikt erklärte begeistert,
wie wahnsinnig günstig er das Cabrio von Angela bekommen hatte. Nur weil Angela
sich ständig über das angeblich klemmende Verdeck geärgert hatte. Benedikt
führte uns viermal vor, wie leicht es sich auf- und zuklappen ließ, leichter
als ein Regenschirm. Außerdem hatte Angela die Farbe nie gefallen, für ihren
Geschmack war es das falsche Kaviarschwarz. Dabei war es die absolute
Traumfarbe. »Stellt euch vor, jetzt fahre ich einen genauso teuren Wagen wie mein
Chef, und er ist trotzdem nicht sauer! Im Gegenteil, der Faber war unheimlich
froh, daß ich seine Angela von diesem Wagen befreit habe!«
Wir machten eine Probefahrt,
mit offenem Verdeck selbstverständlich. Mir war eiskalt, nicht nur wegen des
offenen Verdecks. In heimlicher Hoffnung sah ich ins Handschuhfach, vielleicht
war darin ein Päckchen, ein kleines Päckchen für mich. Benedikt lobte die
vorbildliche Ausleuchtung des Handschuhfachs. Es war vollkommen leer.
Mir stiegen Tränen in die
Augen.
»Benedikt, du hast Benzin im
Blut!« rief Nora vom Rücksitz. »Super hat er im Blut — wie Vater!« rief
Mercedes.
Benedikt gab Gas. Der Fahrtwind
war so laut, daß mich Nora und Mercedes nicht hören konnten, als ich leise
fragte: »Übrigens was ist eigentlich mit dem Ring?«
»Der Ring, Herzchen... da gab
es leider eine Panne. Er war weg. Schon verkauft.«
»Aber du hattest ihn
anbezahlt!«
»Trotzdem war er weg. Ich hab
gestern Angela in die Stadt geschickt, um ihn abzuholen. Und da war er weg.«
»Bist du sicher?«
»Sicher, sie haben Angela die
Anzahlung zurückgegeben.«
»Wieso hast du Angela
geschickt, um meinen Ring zu holen?«
»Ich hatte keine Zeit, die
ganze Woche nicht. Und sie fuhr sowieso in die Stadt.«
»Und dann war er weg«, sagte
ich vor mich hin.
»Angela meint, die Verkäuferin
sei bestochen worden und hätte ihn teurer an jemand anderen verkauft. Du weißt
selbst, wie blöd Verkäuferinnen sind.«
Und dann war er weg. Ich
spürte, wie eine Träne mein Gesicht hinunterlief. Ich war so enttäuscht, aber
Benedikt konnte nichts dafür. Manche Verkäuferinnen sind zu allem fähig.
»Ich war ganz verzweifelt«,
sagte Benedikt leise, »und ich konnte nichts machen, es war der einzige Ring,
der dir gefallen hat. Heute hab ich noch versucht, einen ähnlichen zu finden,
aber du hattest recht, den gab’s nur einmal.«
»Mir ist ein Regentropfen ins
Auge gefallen«, sagte ich und wischte die Träne weg. Ich sah Benedikt an, er
hatte auch feuchte Augen.
»Freu dich einfach mit mir«,
sagte er leise, »für mich ist mit diesem Auto ein Kindheitstraum Wirklichkeit geworden
— es ist mein erstes Cabrio.« Dann
drehte er den Kassettenrecorder an. Marilyn Monroe sang: »I wanna be loved by
you, just you and nobody else but you...«
Ich wollte auch von niemandem
sonst als von Benedikt geliebt werden. Es hatte mit dem Ring nicht geklappt,
das war eben Pech. Dafür hatte Benedikt Glück gehabt, er hatte dieses Auto
bekommen. Und was Benedikt glücklich macht, macht auch mich glücklich. Sein
Luxusauto machte mich zur beneidenswerten Luxusfrau auf dem Beifahrersitz. Ich
stellte mir vor, wir würden zum Beispiel
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